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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 19. Februar 2008; 17:10
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EU-Vertrag/Irland:
> Ausserparlamentarischer Widerstand
Die Kampagne gegen den Lissabon-Vertrag in der Republik Irland ist 
breit, so umfasst sie weite Teil der Zivilgesellschaft, 
BasisaktivistInnen der Gruenen, reformistische, sozialdemokratische 
und linkssozialistische Gruppe, vor allem aber auch die wahre 
republikanische Bewegung.
So gab es am 5. Februar ein Treffen des National Forum on Europe im 
Dubliner Vorort Blanchardstown. Die folgende Pressekonferenz galt als 
Start fuer die gemeinsame Anti-EU-Vertragskampagne. Mehr als 200 
Personen waren anwesend, darunter der ehemalige Abgeordnete der 
Socialist Party in Dublin, Joe Higgins, der Labour-Abgeordnete zum 
Europaeischen Parlament, Proinsias De Rossa oder Mitglieder der 
Antikriegsbewegung und Sozialforen-Bewegung. Die UnterstuetzerInnen 
der kleinen Socialist Workers Party organisieren sich unter der 
Homepage http://www.voteno.ie gegen den EU-Vertrag.
Bereits laenger aktiv sind die republikanischen Gruppe und Parteien 32 
County Souvereignity Movement(32CSM)(1), die Provisonal SF-Abspaltung 
Éirígí und Republican Sinn Féin. Anfang Dezember 2007 erklaerte der 
Vizepraesident von RSF, Des Dalton, dass RSF eine "Kampagne fuer ein 
‚Nein' bei der naechstjaehrigen Abstimmung ueber den EU-Vertrag 
organisieren" werde. Er begruendete dies damit, da "das ganze 
EU-Projekt aeusserst undemokratisch ist; es unterhoehlt die Rechte von 
Staaten und gibt die Befugnis zu Entscheidungsfindungen in die Haende 
nicht gewaehlter und nicht rechtspflichtiger Beamter". Das Cover der 
republikanischen Zeitung Saoirse titelte im Jaenner: "Lehnt die 
EU-Verfassung ab!" Mitte Jaenner 2008 erklaerte Ger Forlan von 
RSF-Leinster abermals: "Unsere Kampagne wird auf der Bewerbung von 
Souveraenitaet, Demokratie und Neutralitaet und der Ablehnung der 
Schaffung des undemokratischen, militarisierten EU-Superstaates 
basieren."
Aehnliche Kampagnen starteten das 32CSM und Éirígí in den letzten 
Wochen. In einer Erklaerung auf einer Sonderseite der Homepage von 
32CSM heisst es: "Gleich, ob es Reformvertrag, Verfassung, 
Lissabon-Vertrag oder irgendwie anders heisst, die politische Absicht 
dahinter bleibt dieselbe."
Die republikanische Bewegung hat seit 1972 in jedem Referendum ueber 
die EU dazu aufgerufen, gegen die EU zu stimmen. Die Losungen sind 
"Ablehnung des undemokratischen und militarisierten EU-Superstaates". 
Die Republikanische Bewegung tritt stattdessen fuer eine 
Sozialistische Republik als Teil einer sozialistischen 
Staatenfoederation namens Keltische Liga ein.
Was all diese EU-KritikerInnen in Irland, seien sie nun republikanisch 
oder nicht, und ihre Kampagnen eint, ist, dass sie sich nicht auf eine 
Nein-Kampagne reduzieren, wie in Frankreich oder den Niederlanden, 
sondern eine fortschrittliche Alternative zu Lissabon-Vertrag und EU 
zu geben versuchen.
Das Ergebnis ist, dass es in den 26 Counties (1) keine Basis fuer 
rechte, auslaenderfeindliche und anti-islamische EU-Kritik gibt. Die 
Positionen der fortschrittlichen Bewegung nehmen rechten Versuchen das 
Wasser weg.
Die republikanische Bewegung lehnt die Vertretungen in Dublin, London 
und Belfast als nicht legitim, die Interessen des irischen Volkes zu 
vertreten, ab. Die Strategie, die der Republikanismus seit der 
Etablierung des irischen Freistaates Anfang der 1920er Jahre verfolgt, 
ist die des Abstentionismus. Das bedeutet, dass republikanische 
Parteien, wie Republican Sinn Féin und bei naechsten Wahlen womoeglich 
auch Éirígí, zwar zu Wahlen kandidieren, ihre Repraesentanten aber 
nicht in diese Vertretungen entsenden.
1986 gab ein Teil der Fuehrung von Sinn Féin, um Gerry Adams und 
Martin McGuiness, diese Strategie auf. Seit damals ist Sinn Féin in 
zwei Teile gespalten. Heute ist die elektorale Basis fuer die Politik 
von Adams und McGuiness unter der nationalistischen Bevoelkerung in 
den 32 Counties etwa 40%. Die restlichen 60% unterstuetzen die 
abstentionistische Politik.
*Dieter Blumenfeld (bearb.)*
*
(1) Anm. d. Red.: Unter "26 Counties" wird das derzeitige Gebiet der 
Republik Irland ohne Nordirland verstanden. "32 Counties" bezeichnet 
Gesamt-Irland.
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