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  akin-Pressedienst.
  Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 12. Februar 2008; 17:58
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  Moderne Zeiten:
  
  > Safer Internet? Ja, bitte!
  
  Nach dem vom offiziellen Oesterreich eher peinlich gefeierten 
  Europa-Datenschutztag, folgt heute mit dem "Safer Internet and Handy 
  Day" der naechste Feiertag der Informationsgesellschaft, der 
  eigentlich als Trauertag begangen werden muesste. Doch in praktisch 
  allen Bereichen der Internet-Nutzung haben offizielles Oesterreich und 
  EU-Gremien voellig versagt.
  
  Spam
  
  Voellig aufgegeben wurde der Kampf gegen Spam. Ganz im Gegenteil, 
  grosse Bereiche der WKO sehen auch fuer Oesterreichische Unternehmen 
  interessante Geschaeftsfelder im Spammarkt (pardon: Newsletter-Markt), 
  sogar ein eigener Foerderpreis wurde 2007 dafuer geschaffen. In den 
  letzten Jahren ist das Spam-Aufkommen von 85% auf 98% aller Mails 
  gestiegen. Politiker troesten sich mit einer "nur" 13%igen Steigerung 
  und zeigen damit bloss, dass sie seit der Grundschule notorisch den 
  Mathematikunterricht verweigert haben.
  
  Statt der aussagelosen Anteilskalkulation sollte das Verhaeltnis 
  zwischen erwuenschten und unerwuenschten Mails betrachtet werden. Nach 
  einer EU-Studie lag dieses 2001 noch bei 13 zu 1, auf 13 erwuenschte 
  Mails kam ein unerwuenschtes. 2005 wurden mit 1 zu 6, wieder ein Plus 
  von 200% (im Jahresabstand!) und 2006 mit 1 zu 20 (+300%) und 2007 mit 
  1 zu 50 (+250%) neue Rekordwerte geschaffen. Nur mehr jedes 
  fuenfzigste Mail ist heute erwuenscht, das besagen die aktuell 98% 
  Spamanteil.
  
  Internet-Abzocke
  
  Mehrere hundert Seiten werden allein im deutschsprachigen Raum als 
  Lebenshilfe, Hausaufgaben, Diaetenplaner oder aehnliches betrieben. 
  Unvoreingenommene, meist jugendliche Nutzer erhalten nach Aufruf 
  dieser Seiten geschmalzene Abo-Rechnungen und 
  Gebuehrenvorschreibungen. Kosten, die sie bei zeitgerechter 
  Aufklaerung fuer die eher mikrigen Dienste niemals akzeptieren 
  wuerden. Wer nicht zahlt, erhaelt aggressive Anwaltsschreiben, wird 
  von Inkassobueros bedroht oder wird auf schwarze Listen gesetzt.
  
  Die meisten dieser Unternehmen operieren formal aus der Schweiz. Als 
  Nicht-EU-Land werden gezielt Rechtsdefizite ausgenutzt. Oesterreich 
  versucht mittels Beschwichtigung und muehsamen Zivilprozesse winzigste 
  Verbesserungen zu erreichen.
  
  Diese fuer Verbraucher unertraegliche Situation wurde 2001 mit der 
  fehlerhaften Verabschiedung des E-Commerce-Gesetzes bewusst in Kauf 
  genommen. Statt einer effizienten Kontrollstelle fuer das 
  Online-Business wurden die Beschwerderechte auf die ahnungslosen 
  Bezirkshauptmannschaften abgeschoben. Noch 2004 wussten die meisten 
  BH-Beamten ueberhaupt nichts von ihrer Zustaendigkeit.
  
  Betriebssicherheit
  
  Konstant hoch bleibt die Zahl der Schwachstellen der IT-Systeme. 
  Internationale Statistiken zeigen zwischen 6.000 und 8.000 
  Computerschwachstellen pro Jahr. Jeweils neu wohlgemerkt, gelistet 
  werden bloss die bekannten. Die Zahl der ueber diese Schwachstellen 
  angegriffenen Computer geht in die Millionen. Innerhalb der EU gibt es 
  weiterhin keine Bemuehungen sichere Systemalternativen zu entwicklen. 
  Als Nebeneffekt waere man zusaetzlich unabhaengiger von den 
  US-IT-Angeboten. Stattdessen verplempert die EU ihre Energien in 
  sinnlosen Prozessen gegen Microsoft.
  
  Social Networks und Web2.0
  
  Communities, Treffen mit Freunden im Netz, persoenliche 
  Meinungsaeusserung, medizinische Online-Selbsthilfegruppen und 
  Darstellung seiner individuellen Faehigkeiten werden immer beliebter. 
  Die Ausbeutung dieser Informationen durch Dritte, etwa 
  Online-Marketingfirmen oder potentielle Arbeitgeber wird zu einer 
  immer groesseren Gefahr.
  
  Bisher reagierte die Politik aussergewoehnlich hilflos auf diese neue 
  Entwicklung, ausser den Appellen, seine Identitaet im Internet zu 
  verleugnen, keine Fotos ins Netz zu stellen und sich politisch nicht 
  zu aeussern, kamen keine Vorschlaege. Tatsaechlich muessten jedoch die 
  Privatsphaerebestimmungen umfassend geaendert werden. Neben dem 
  ausdruecklichen Verbot veroeffentlichte Daten fuer andere Zwecke zu 
  nutzen, als sie urspruenglich vorgesehen wurden, muessten die 
  Bestimmungen zur Gleichbehandlung erweitert werden. Personen, die 
  wegen oeffentlicher Interneteintraege keine Anstellung bekommen, 
  sollten die gleichen Rechte erhalten, wie Personen die aus anderen 
  Gruenden diskriminiert wurden.
  
  Uebertragungssicherheit
  
  Weiterhin erfolgt der Grossteil der persoenlichen Web- und 
  Mailkommunikation unverschluesselt. Sowohl Logins, Bestellungen und 
  privater Informationsaustausch wird ohne sichere Server abgewickelt, 
  obwohl entsprechende SSL- und TLS-Technologien seit rund zehn Jahren 
  Standard und sehr preiswert sind.
  
  Der Gesetzgeber weigert sich weiterhin beharrlich fuer den Austausch 
  personenbezogener Daten die Verschluesselung flaechendeckend 
  vorzuschreiben.
  
  Phishing und Identitaetsdiebstahl
  
  Der Identitaetsdiebstahl hat in den letzten Monaten keineswegs 
  nachgelassen, er wurde nur effizienter. Statt Millionen Konsumenten 
  auf einmal anzuschreiben, sind es kleine Gruppen. Die technischen und 
  organisatorischen Massnahmen gegen Phishing sind bekannt, werden aber 
  von den Onlineanbietern - aus Kostengruenden - nicht gesetzt, zum 
  Schaden der Opfer.
  
  User Traking
  
  Egal, ob man motorline, medizinfuchs, zuckerberatung, pfizer, allianz, 
  bauernbund, autokindersitze, medikamenten-versand24, parkinson-wissen, 
  sportlive aufruft, bevor noch die Seite vollstaendig geladen ist, 
  wissen Google und Co schon, dass man Autonarr, parkinson- oder 
  potenzgefaehrdet ist (oder eine beliebige Kombination davon). Immer 
  mehr Webseiten enthalten Java-Programme, die automatisiert und ohne 
  dass der Benutzer es beeinflussen kann an die Grossen Online-Brueder 
  seine Interessen weiterleiten. Je mehr verschiedene Webseiten jemand 
  benutzt, umso schneller koennen durch das dichte Ueberwachungsnetzwerk 
  seine Interessen ausgespaeht werden.
  
  Charmant waere doch der Deal zwischen den Online-Bruedern und 
  Privatversicherer. Via medizinfuchs, zuckerberatung, pfizer, 
  medikamenten-versand, parkinson und Co sind jede Menge 
  gesundheitsbezogener Daten vorhanden. Und das Schoene waere, 
  formalrechtlich waere der Deal voellig in Ordnung. Die 
  oesterreichischen Datenschutzbestimmungen sind auf die modernen 
  Traking-Methoden nicht vorbereitet. Die meisten verantwortlichen 
  Politiker duerften die Technik noch nicht einmal durchschaut haben.
  
  "Safer Internet Day" -- Feiern sollte man nach getanen Hausaufgaben
  
  Die Liste liesse sich beliebig fortsetzen und stellt nur einen kleinen 
  Auszug aus dem Versaeumnisregister der Politik dar. In diesem Sinne 
  sollte zuerst gearbeitet werden und dann gefeiert werden. Nicht ohne 
  Grund hat Gott in der Schoepfung den Feiertag als letzen Tag angelegt, 
  ansonsten bleibt der "Feiertag" ein Trauertag fuer die Buerger.
  (arge daten/gek.)
  
  
  Volltext:
  http://www2.argedaten.at/php/cms_monitor.php?q=PUB-TEXT-ARGEDATEN&s=89650her
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Siehe dazu auch zum Thema: Zensur im Internet:
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