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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 5. Februar 2008; 18:21
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Interview/Initiativen/Gesundheit/Tabak:

> "Dann werden wir zu Arbeits- und Konsumameisen!"

Fuer Christine Côte scheint es nichts Wichtigeres im Leben zu geben als die
Verteidigung des Tabakkonsums -- sie steht dabei in ihrer Verve auch den
militantesten Tabakgegnern um nichts nach. Côte sieht hinter der
Tabakprohibition hauptsaechlich Interessen der Pharmaindustrie sowie eine
Vereinzelungsstrategie der Herrschenden. Aber ihre Verschwoerungstheorien
sind nicht absurder als jene, die so mancher Tabakfeind vom Stapel laesst.
Waehrend die Tabaklobby und die Wirte offen und verstaendlicherweise gegen
Rauchverbote sind und deswegen auch jedem anderen Prohibitionsgegner eine
Industriefinanzierung unterstellt wird, werden die Verfechter von
Rauchverboten oft als Wohltaeter der Menschheit ohne unlautere Motive
praesentiert. Côte sieht das anders, sehr anders.

Bernhard Redl, selbst militanter Raucher und nicht ganz unvoreingenommen,
bat sie deswegen zum Interview und sprach mit ihr ueber Studien und
Gegenstudien, Parteipolitik, Beiselkultur und den Spass im Leben.
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akin: Auf deiner Website (1) verbreitet es du ja immer wieder, die
Schaedigung durch Passivrauchen waere eine Luege. Wie kommst du da drauf?

C.C.:Ich komme da drauf, weil es von immer mehr Wissenschaftern angeprangert
wird. Da gibts auch Studien von vor '98. Eine von der WHO und eine, die 38
Jahre lang durchgefuehrt wurde, und da gab es keine signifikanten
Ergebnisse -- also irgendwas im Bereich von 10% hoeherem Risiko, das ist
wissenschaftlich irrelevant.

Aber '98 hat die WHO die "tobacco free world" beschlossen. Seither wird mit
allen Mitteln alles getan, um ein generelles Rauchverbot durchzuboxen. Bei
diesem Plan geht es nicht um die Gastronomie oder die oeffentlichen
Gebaeude. Der Plan ist, ueberall, auf der Strasse, in Parks, in Wohnungen,
in Autos das Rauchen zu verbieten. Es soll ein Genussmittel werden, das
geaechtet, moralisch nicht mehr vertretbar ist und man soll niemanden mehr
sehen, der raucht.

akin: Aber gibt es da nur alte Studien oder auch neuere?

C.C.:Wir haben z B den Dr. Siegel, der enthuellt seit 8 Wochen in seinem
Weblog (2) die Machenschaften der Pharmaindustrie und der
Antiraucherbewegungen, wie sie die Luege Passivrauchen verbreitet haben,
obwohl sie wussten, dass es nicht stimmt, nur um die Rauchverbote
durchzusetzen. Er erzaehlt, wie Dissidenten, andere Forscher, diskreditiert
wurden, als sie versucht haben, die Wahrheit ans Tageslicht zu bringen.
Siegel hat selbst der Antiraucherindustrie angehoert und er ist imer noch
fuer Rauchverbote, aber er gibt zu, er habe gelogen, er habe auch
verleumdet. Und er berichtet, wie man jedem Gegner eine Verbindung zur
Tabakindustrie unterschoben habe. Es stimmt schon, die Tabakindustrie war
frueher auch nicht unbedingt engelhaft, aber mittlerweile ist sie vollkommen
down und die Oberhand hat die Pharmaindustrie

Jetzt ist da die ASH (3), das ist die aelteste Antiraucherorganisation, die
wurde '69 von einem Rechtsanwalt namens Banzhaf in den USA gegruendet zum
reinen Zwecke des Rauchverbots in den Fluggesellschaften. Dieser
Rechtsanwalt klagte und klagte, um ueberall Rauchverbote durchzuboxen. Die
haeufigste Klage ist wegen Koerperverletzung, die auch basiert auf dem
Irrglauben der Gefaehrlichkeit des Umgebungsrauchs. Heute wird diese
Behauptung wiederlegt von Prof. Ropohl, von Prof. Molimard in Frankreich,
der Spezialist ist fuer Tabakentwoehnung, Prof. Philippe Even, einem
Lungenfacharzt, und Prof. Stadler in der Schweiz, alle stehen auf, um diese
Luege anzuprangern. Aber natuerlich werden diese Stimmen immer erstickt.

akin: Aber was hat die Pharmaindustrie davon?

C.C.:Sie kann ihre Ersatzmittel vermarkten. Sie machen irgend eine Studie,
damit fangen sie an. Da gibt es dann Propaganda, dass irgendwas unheimlich
viel Krankheiten zuzuschreiben seien. Und dann kommen sie natuerlich auch
mit ihren Produkten dagegen. Durch Rauchverbote, die moeglichst
unausweichlich sind, greifen die Menschen zu Ersatzmitteln, d.h. sie greifen
in den Verbotsstunden im Buero, im Flugzeug, in der Bahn entweder zu den
Ersatzmitteln oder sie versuchen, aufzuhoeren. Aber bei den Ersatzmitteln
gibt es sehr gefaehrliche Stoffe, Champix hat beispielsweise schon 62
Selbstmorde (4) verursacht, das Zyban auch schon einige Tote und jetzt
arbeiten sie an einer sogenannten Suchtimpfung auf Basis des Cholera-Virus.
Diese Produkte sind teilweise toedlich.

Kuerzlich war ein Podiumsdiskussion. da gabs den Prof. Neuberger von der
"Initiative Aerzte gegen Raucherschaeden" (5). Neuberger hat wieder all
diese Luegen verbreitet. und allen Kritikern hat er vorgeworfen, sie seien
Soeldner der Tabakindustrie. Aber wer sponsert Neubergers Site? Die gesamte
Pharmaindustrie, die diese Raucherentwoehnungsmittel produziert: Pfizer mit
Champix und Nicorette, Glaxo mit Zyban und Niquitin, und Novartis mit
Nicotinelle. Und uns unterjubeln sie, dass wir fuer die Tabakindustrie
arbeiten!

akin: Du beobachtest ja die europaeische Entwickung sehr genau. Bei uns wird
ja meist berichtet, dass die Rauchverbote in den Beiseln mehr oder weniger
akzeptiert werde. Was beobachtest du da?

C.C.:Es gibt in Grossbritannien, in Deutschland, in Frankreich riesige
Aufstaende, aber es wird brutal zurueckgeschlagen von der Macht. In UK wird
mit horrenden Strafen zurueckgeschlagen. Der zweite Wirt ist jetzt schon
verurteilt worden zu 13.000 Euro. Es gab am 1.Juli auch einen sogenannten
Defiance Day und da gabs organisierten Widerstand und einen Monat lang
irrsinnig viele Aktionen, wo die Pubs boykottiert haben. Die kleinen Pubs am
Land versuchen zu ueberleben, indem sie rauchen lassen, das erzeugt
unheimlich viele Denunziationen. Am Anfang haben die Behoerden nicht viel
gegen den Boykott getan, aber jetzt schlagen sie mit diesen Strafen zu.

In Frankreich gibt es sehr viele Wirte im Widerstand durch offenen Boykott,
einfach weil sie klein sind und sonst keine Gaeste haetten. Da wird mit
Polizeieinsaetzen, mit Bussen mit 30 Polizisten drinnen aufgefahren -- und
die Strafe ist 360 Euro fuer den Wirt. Fuer einen kleinen Wirt ist das viel,
wenn es wiederholt wird. Diese Kommandos sind voellig ueberzogen -- nur
wegen des Rauchens, bei einer Vergewaltigung hat man sowas noch nie gesehen.

akin: Und in Italien?

C.C.:Ja, in Italien gibt es ein Verfassungsurteil, da wurde schon 2005
geklaert, dass die Wirte nicht bestraft werden und zu Blockwarten gemacht
werden duerfen. Suedlich von Rom ist nichts vom Gesetz zu merken und
ansonsten wird das eher locker gehandhabt. Da gibt es nicht viel offenen
Widerstand, aber viele Umgehungen.

akin: Also mal abgesehen davon, dass du behauptest, dass der Umgebungsrauch
nicht schaedlich sei: Was sagst du zum Argument des Arbeitnehmerschutzes?

C.C.:Also die meisten wollen gar nicht geschuetzt werden, weil sie gern
rauchen und auch ihren Arbeitsplatz behalten wollen und zweitens ist jetzt
eine Studie herausgekommen vom BGN (6) vom Prof. Grieshaber. Das ist ein
oeffentliches Institut fuer Arbeitnehmerschutz, nicht von der
Pharmaindustrie unterstuetzt, und Grieshaber ist stutzig geworden, weil
diese eine Studie vom Deutschen Krebsforschungszentrum,
WHO-Colloborationszentrum fuer Tabakkontrolle (7) in Nuernberg ist als
Grundlage fuer die Rauchverbote seit Jahren verwendet worden. Und die reden
immer von 5000 Passivrauchtoten in Deutschland jaehrlich. Die haben
behauptet, dass ein Dieselmotor weniger gefaehrlich ist als ein Aschenbecher
mit 3 Zigaretten. Grieshaber meinte, das koenne nicht sein und hat alles
wieder von Grund auf untersucht und entdeckt, nicht nur, dass das eine Luege
war mit den Toten, sondern auch dass die Schaeden beim Gastronomiepersonal
nicht von den Einfluessen im Gastraum stammten, sondern vor allem durch
Stress etc. in der Kueche.

akin: Kommen wir mal zum Parteipolitischen: die OeVP bremst ja ein bisserl,
wohl deswegen, weil sie die Wirten als ihre Klientel ansehen, aber warum
glaubst du, ist die SPOe so hinter der Raucherverbannung? Und warum die
Gruenen, deren Mitglied du bist?

C.C.:Ich komme nicht dahinter. Vielleicht glauben sie wirklich, dass es
keine Konkurse bei den Wirten geben wird. Ich hab keine Ahnung, ob da
irgendein Lobbying passiert, ich versteh das nicht. Von den Gruenen schon
gar nicht, denn die Heizstrahler sind ein Horror fuer die Umwelt...

akin: ... welche Heizstrahler?

C.C.:Na, in den Verbotslaendern stehen die Heizstrahler vor den Lokalen, die
machen alle Kyoto-Bemuehungen zunichte. Jetzt will die EU diese Heizstrahler
verbieten. Ein Verbot fuehrt zum naechsten...

Natuerlich gibt es einzelne Gruene und SPler, die gegen die totalen
Rauchverbote sind, die sich aber trotzdem meistens der Parteilinie beugen.
Interessanterweise sind die meisten Mitglieder und AktivistInnen fuer
RaucherInnen-Rechte in der EU (mal abgesehen von den
Interessensgemeinschaften der Wirte usw.) aus den Reihen der Gruenen.

akin: Kommen wir zurueck zum Passivrauchern -- lassen wir mal die Frage
beiseite, ob es ungesund ist...

... na gesund ist es nicht, aber auch nicht gefaehrlich...

akin: ... aber viele Leute fuehlen sich zumindest einfach nur belaestigt.
Was kannst du dir vorstellen als vernuenftige Nichtraucherschutz?

C.C.:Ich kann mir nur vorstellen, dass sich die Wirten aussuchen, ob sie
Raucher- oder Nichtraucherlokale betreiben wollen. Ich kann mir nicht
vorstellen, dass der Staat eingreift. Ich denke, da an die ganz kleinen
Lokale, dort wo die sozial Benachteiligten sitzen, mit den kleinsten
Einkommen, in diesen Lokalen gibt es 90% Raucher. Und wenn ein Arbeiter am
Feierabend dort bei seinem Bier sitzt und mit einem Tschick, finde ich das
voellig unmenschlich, ihm das zu nehmen. Die Leute, die jetzt Rauchverbote
verlangen, wollen so ein Lokal gar nicht, ein einfaches kleines Beisl am
Stadtrand, wo die Leute am Abend schnapsen -- das gehoert zum Lebensstil
dieser Menschen. Und dann wuerde es auch die Treffs vieler einsamer Menschen
zerstoeren. Zum Beispiel die Pendler, die sind ganz allein unter der Woche,
Pensionisten, Verwitwete -- einfach einsame Menschen, deren einziges
Sozialleben das ist. Die sind nicht reich, die haben da einfach nur ihren
Stammtisch. Da geht es nicht darum, in ein gepflegtes Lokal essen zu gehen,
da geht es darum, ein zweites Wohnzimmer zu haben. Das wird ein Starbucks
niemals ersetzen. Aber in Irland kaufen diese Ketten jetzt schon die alten
Pubs auf.

Dazu kommt aber noch was Politisches: Wenn einmal die Lokale fuer die
einfachen Leute weg sind und die fuer die Studenten, wo man trinkt, raucht,
lacht, anbandelt, dann fallen damit auch die Treffs fuer die informellen
politischen Versammlungen; sei es der einfach Austausch ueber die
Unzulaenglichkeit der Regierung an der Theke oder richtig organisierte
Treffs zur Planung von Aktionen oder Gruendung von Gruppen. Die fallen
einfach weg, denn sowas macht man bei Starbucks nicht.

Und der Prof. Even, der Lungenarzt, formulierte, diese Passivrauchgeschichte
sei ein intellektuell unertraeglicher Betrug und eine Ueberschreitung der
staatlichen Kompetenz. Er meint, er wisse nicht, ob das Absicht sei, diesen
sozialen Rahmen abzuschaffen, aber das Ergebnis sei das gleiche. und dann
sitzen die Leute allein in ihren Wohnungen vor dem Fernseher.

akin: Zum Abschluss noch was ganz Praktisches. Wir sitzen hier im gesteckt
vollen Cafe Hummel einigermassen entspannt und rauchen -- hinten gibt es
hier eine Nichtraucherbereich, da sitzt ein einsamer Gast. Wie glaubst du,
wird das ausschauen, wenns ein generelles Rauchverbot gibt?

C.C.:Ganz wie anderswo auch. 40% des Publikums bleibt weg. Dass die
Nichtraucher dann in Scharen kommen, stimmt nicht. Ueblicherweise sind es
etwa 2% mehr. Und die Uebriggebliebenen bleiben kuerzer und konsumieren
weniger. Das ist dann doch kein schoenes Leben mehr. Und es ist
erniedrigend! Neuberger hat bei der Veranstaltung gesagt, es gehe darum,
dass der Raucher keinen Spass mehr hat und dann aufhoert. Aber er hoert
nicht auf, er raucht daheim. Und jetzt wollen sie das auch zu Hause
verbieten, in mehreren US-Gegenden ist das schon der Fall. Und die EU will
es in den Schanigaerten verbieten lassen und sie will Raucherklubs
verbieten -- und dann kommt das natuerlich auch im Auto und Zuhause. Und das
muessen wir jetzt bremsen. Denn danach kommen der Wein und der Kaffee, da
gibt es auch schon die entsprechenden Studien. Das ist zugleich eine
Machtuebernahme der Pharmaindustrie und eine Disziplinierung der
Bevoelkerung durch Spassverbot, ganz einfach. Und dann werden wir zu
Arbeits- und Konsumameisen!

akin: Ich danke fuer das Interview. ###
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(1) http://www.raucherbewegung.eu/
(2) http://tobaccoanalysis.blogspot.com/
(3) Action on Smoking and Health, http://www.ash.org/
(4) Der Herstellerkonzern Pfizer meint ueber Champix, dass die Vorwuerfe
einfach nur auf Geruechten basierten und es keinerlei wissenschaftlich
gesicherte Hinweise auf kausale Zusammenhaenge zwischen dem Wirkstoff
Varenicline und depressiver Verstimmung der Patienten gaebe
(http://www.aerzteinitiative.at/ChampixSuicid.pdf). Die US-amerikanische
Food and Drug Administration nimmt diese Berichte dennoch so ernst, dass sie
nun mit Untersuchungen ueber dieses Medikament begonnen hat
(http://www.fda.gov/cder/drug/early_comm/varenicline.htm).
(5) http://www.aerzteinitiative.at/ Ganz unten auf der Startseite der Site
sind die Links zu den Sponsoren angegeben.
(6) Korrekt: Romano Grieshaber ist Praeventionsleiter der
Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststaetten (BGN) in Deutschland.
Ein Abstract der zitierten Studie findet sich unter:
http://www.presseportal.de/pm/68429/1072812/berufsgenossenschaft_nahrungsmittel_und_gaststaetten
(7) http://www.tabakkontrolle.de/
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Anmerkung der Redaktion: Auch bei uns herrscht keine einhellige Meinung zum
Thema Rauchen. Wie immer gilt: Alles was in der akin steht, ist
diskussionswuerdig; entsprechend freuen wir uns ueber gehaltvolle Briefe
unserer LeserInnen.



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