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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 5. Februar 2008; 18:12
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Prozesse/Polizei/FPOe:
> Freispruch fuer Antifa-DemonstrantInnen
Am 28.1.2008 fand am Straflandesgericht Graz der Prozess gegen zwei 
Mayday-AktivistInnen statt, die bei einer antifaschistischen Demonstration 
Ende November verhaftet worden waren.
Damals protestierten ca. 100 Menschen mit einer gewaltfreien Blockade gegen 
ein rechtsextremes Vernetzungstreffen im "Gothensaal", zu dem die Grazer 
FPOe Andreas Moelzer, Filip Dewinter vom belgischen Vlaams Belang als 
Nachfolger des Vlaams Blok und die deutschen RechtsextremistInnen von "pro 
Koeln" eingeladen hatte. Die beiden DemonstrantInnen wurden ohne jeden 
Anlass festgenommen, als die Polizei die Blockade aufloeste, und blieben 
zwei Tage unter mehr als fragwuerdigen Umstaenden in Haft. Angeklagt waren 
sie wegen "Widerstands gegen die Staatsgewalt" und "schwerer 
Koerperverletzung". Sie waeren, so die Polizei, gegen eine Polizeikette 
angerannt und haetten einen Beamten am Daumen verletzt.
Vor Gericht: Polizei trifft Video
In der Gerichtsverhandlung blieb von den Vorwuerfen nichts uebrig: Die zwei 
Polizisten, die die belastenden Aussagen gemacht hatten, widersprachen sich 
und behaupteten schlichtweg Unmoegliches: So sagte der eine, ein 
Beschuldigter haette sich - eingerollt in ein 3 Meter breites 
Planentransparent und mit dem Ruecken zur Polizeikette - gezielt gegen die 
Hand des Beamten geworfen. Und als die Polizisten dann die Rolle geoeffnet 
haetten, seien doch glatt zu ihrem Erstaunen zwei Leute darin eingewickelt 
gewesen (naemlich auch noch die andere Beschuldigte). Der zweite Polizist 
wiederum erklaerte, dass der Beschuldigte immer mit dem Gesicht zu ihm 
gestanden haette und - das schwere Transparent im Alleingang ausgestreckt 
haltend - durch die Polizeikette gebrochen waere.
Auf einem Video, das zufaellig die entscheidenden Momente zeigte, sah mensch 
dann, dass nichts von diesen absurden Aussagen stimmte: Keine/r der 
angeklagten DemonstrantInnen hatte irgendetwas getan, das ueber passiven 
Widerstand hinausgegangen waere. Der Richter fragte die Polizisten 
schliesslich ernsthaft, ob sie wirklich die Richtigen verhaftet haetten. 
Seinen Aerger ueber das Videomaterial konnte daraufhin ein Polizist nicht 
einmal im Gerichtssaal fuer sich behalten. "Das Video kenne ich gar nicht", 
beklagte er sich, worauf der Anwalt ein "Und das mit gutem Grund!" einwarf. 
Nicht ohne Ironie wollte der Richter am Schluss von einem Beamten wissen, ob 
er wenigstens zugestehe, dass das Video echt sei. "Oder waren Sie Statist in 
einem Film, der fuer das Gericht gedreht wurde?" Der Prozess endete mit 
Freispruch fuer beide Beschuldigten, mittlerweile ist der Freispruch 
rechtskraeftig.
Ende gut, alles - doch nicht so gut?
Ob die Polizei versuchen wird, ihre Schadensersatz- und 
Schmerzensgeldforderungen gegen die Mayday-AktivistInnen wegen des 
verletzten polizeilichen Daumens ueber das Zivilgereicht durchzusetzen, ist 
noch offen. Ein weiteres Nachspiel dieses Vorfalls - allerdings fuer die 
Behoerde - ist eine parlamentarische Anfrage, die die Umstaende der Haft 
nach der Festnahme zum Thema hat. Beim "Unabhaengigen Verwaltungssenat" ist 
eine Beschwerde wegen der DNA-Analyse anhaengig, die die Polizei bei der 
verhafteten Demonstrantin mit Gewalt durchgefuehrt hatte.
Was von diesem Akt polizeilicher Willkuer bleibt, sind nicht nur die 
Anwaltskosten (die noch immer nicht bezahlt werden konnten) und der Schaden 
fuer die berufliche Situation. Was bleibt, ist auch der bittere 
Nachgeschmack, dass fuer Vorwuerfe, die sich in Nichts aufloesten, der 
Staatsanwalt bis zuletzt die Untersuchungshaft beantragt und die Polizei 
sich legitimiert gefuehlt hatte, den Betroffenen die grundlegendsten Rechte 
zu verweigern. Aber, so erklaerte der Grazer Behoerdenvertreter Gerhard 
Lecker, gegenueber dem "Standard", von dem er auf den Prozess angesprochen 
wurde, die Polizei sei "lernfaehig".
Was die Grazer Polizei unter "Lernfaehigkeit" versteht, bewies sie uebrigens 
wenige Tage spaeter am 2. Februar: Als ca. 25 Leute gegen den Aufmarsch 
radikaler AbtreibungsgegnerInnen vor einer Arztpraxis demonstrierten, wurde 
die voellig friedliche Kundgebung aufgeloest. Mindestens zehn 
DemonstrantInnen wurden angezeigt, zusaetzlich - welch Zufall - fast alle 
Personen, die das Geschehen mit Kameras dokumentierten.
(MayDay2000 Graz/ gek)
Kontakt: MayDay2000 Graz, Postfach 466, 8011 Graz; http://mayday.antifa.net 
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