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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 5. Februar 2008; 19:00
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Brasilien:

> Landkonflikte und Unterernaehrung toeten Indigene

Ein Volk stirbt -- weil es nicht in die moderne Gesellschaft passt.
Der Tod kommt dabei auf vielfaeltige Weise: Durch Hunger, Selbstmord,
Alkoholismus und nicht zuletzt durch direkten Mord. FIAN bittet um
Protestbriefe.
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Im Staat Mato Grosso do Sul besteht die Guarani-Kaiowa-Gemeinschaft
aus ca. 27.500 Personen. Traditionsgemaess sind die Guarani Nomaden;
ihr Siedlungsraum umfasst den Grossteil der suedlichen Gebiete
Lateinamerikas.

Fuer diese Menschen bedeutet das Land, auf dem sie leben - Tekoha
genannt - "der Platz, an dem wir unsere Art zu sein, verwirklichen
koennen", ein sozio-politischer Raum. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts
wurde der Lebensraum der Guarani-Kaiowa reduziert auf kleine, eng
demarkierte indigene Gebiete. Bis zu den 70er-Jahren hatten sie
dennoch die Moeglichkeit, weiter zu ziehen und auf unbesiedeltem Land
Zuflucht zu finden. Aber mit der zunehmenden Besetzung von grossen
Teilen des Territoriums, die Flussufer inbegriffen, und mit dem
intensiven Anbau von Sojabohnen wurde dieser Raum immer begrenzter.
Seitdem wurden immer mehr indigene Familien gezwungen, in demarkierten
Zonen zu leben. Dadurch wurden ihre Moeglichkeiten, fuer sich selbst
zu sorgen, was Nahrung, sauberes Wasser, sowie das Sammeln von
Heilkraeutern anbelangt, stark reduziert. Ausserdem verschlechterten
sich ihre gesundheitlichen Bedingungen gewaltig. In den 90er Jahren
konnte man einen enormen Zuwachs der Selbsttoetungsrate und des
Alkoholkonsums feststellen.

2007 wurden in Brasilien 76 Indigene ermordet, davon 48 Guarani-Kaiowa
aus Mato Grosso do Sul. Seit 2005 starben 53 Kinder der Guarani Kaiowa
infolge von Mangelernaehrung. Momentan gibt es mindesten 600 weitere
Kinder, die Anzeichen von Unterernaehrung aufweisen. Die Morde,
Selbsttoetungen, der Alkoholismus und die Todesfaelle aufgrund von
Mangelernaehrung sind eng verbunden mit den begrenzten Ausmassen der
Gebiete, in denen die Indigenen gezwungen sind zu leben, und mit dem
Kampf, den sie fuehren, um ihre Rechte einzufordern. Die Regierung
begnuegt sich damit, den Familien Lebensmittelhilfe und aerztliche
Hilfe zukommen zu lassen, unter anderen Programmen mit Kurzzeiteffekt,
aber sie befasst sich nicht mit dem grundlegenden Problem der
Demarkation von 52 traditionellen Gebieten, der Abgrenzung von
Hoheitsgebieten also, welche die Guarani fordern.

Der brasilianische Staat ist Verpflichtungen in Bezug auf das Recht
auf Nahrung eingegangen, daher ist er verpflichtet, eine Untersuchung
zu den Morden an den Guarani einzuleiten und die verantwortlichen
Personen zur Rechenschaft zu ziehen. Er ist verpflichtet, die
Indigenen gegen die Praxis der ungerechtfertigten Kriminalisierung zu
schuetzen, ihnen angemessene Nahrung zur Verfuegung zu stellen sowie
den Zugang zu Ressourcen, die es ihnen erlauben sich selbst zu
ernaehren, was momentan nicht der Fall ist. Dazu muss Brasilien bis
zur Umsiedelung der Guarani auf eigene Gebiete unverzueglich die
notwendigen Massnahmen zur Vermessung der fraglichen Gebiete
ergreifen, die Festlegung sozialer Transfermassnahmen und die
Umsetzung der erforderlichen gesellschaftspolitischen Massnahmen
beschleunigen, um weitere Hungertode zu verhindern.

Als Unterzeichnerstaat des Internationalen Paktes ueber
wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte hat der brasilianische
Staat die voelkerrechtliche Verpflichtung, den Zugang der
Guarani-Kaiowa zu ihren traditionellen Gebieten zu respektieren, zu
schuetzen und zu garantieren, da sie dieses Land brauchen, um sich zu
ernaehren. Diese Gruppe von Indigenen ist infolge der bestehenden
Landkonflikte durch Hunger, Unterernaehrung und Gewalt bedroht.
Internationale Aufmerksamkeit ist dringend erforderlich.

FIAN, die internationale Menschenrechtsorganisation fuer das Recht auf
Nahrung, bittet darum, Protestbriefe an die brasilianische
Bundesregierung zu schicken. Die Moeglichkeiten gibt es entweder
online auf der FIAN-Homepage oder per richtigem Brief. Adressen und
Musterbriefe gibt es ebenfalls auf der Homepage.
(FIAN/bearb.)

Link http://www.fian.de

Deeplink:
http://www.fian.de/fian/index.php?option=com_urgentactions&Itemid=176&uaID=441***************************************************Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe dernichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pdmuessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabeveroeffentlichten sein. Nachdruck von Eigenbeitraegen mitQuellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in derVerantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderemCopyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitigeVerfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als Abonnementverschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann denakin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.*************************************************'akin - aktuelle informationen'a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2vox: ++43/1/535-62-00(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)http://akin.mediaweb.atakin.buero{AT}gmx.atBankverbindung lautend auf: föj/BfS,Bank Austria, BLZ 12000,223-102-976/00, Zweck: akin