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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 29. Jaenner 2008; 17:02
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Polizei/Medien:
> Die Polizei darf alles
Eine Dokumentation des ORF zeigt die Staatsmacht wieder einmal aeusserst 
unkritisch. Der politische Kontext ist dabei kaum zu uebersehen.
Ein Haeftling wird nackt und mit auf den Ruecken gefesselten Haenden von 
Justizwachebeamten in eine Isolationszelle geschleift und dort aufs Bett 
geworfen. Das ist keine Szene aus einem Spielfilm und auch keine aus einer 
Dokumentation ueber die Brutalitaet in tuerkischen Gefaengnissen. Nein, es 
handelt sich um eine -- nachgestellte -- Szene aus einer aeusserst 
wohlwollenden Dokumentation ueber die oesterreichische Polizei-Eliteeinheit 
"Cobra" (aus der Reihe: Menschen & Maechte, letzten Donnerstag auf ORF2). 
Gezeigt wird die Verbringung des bereits festgenommenen Geiselnehmers Adolf 
Schandl. Off-Ton der Doku: Die Geiselnehmer werden "einzeln in eine 
spezielle Absonderungszelle gesperrt". Vorher wurde geschildert, wie boese 
und brutal Schandl bei seinem Ausbruchsversuch inclusive Geiselnahme 1996 in 
der Karlau gewesen war. Kein Wort der Kritik ueber eine solche Behandlung, 
der Zuseher erhaelt den Eindruck, der Delinquent habe nichts Besseres 
verdient.
Dass Menschenrechte auch fuer die schlimmsten Verbrecher zu gelten haben, 
ist kein Kontext, der in dieser Dokumentation zu finden gewesen waere --  
hier wird eine herabwuerdigende, rechtlich wie gerichtlich nicht gedeckte 
und durch saemtliche Menschenrechtskonventionen geaechtete Bestrafung 
exekutiert. Zudem ist eine dauerhafte Fesselung eines tobenden Haeftlings 
eine schwere Gefaehrdung und kann sehr leicht zu einem "ploetzlichen 
Gewahrsamstod" fuehren, besonders dann, wenn der Gefangene dann auch noch 
ohne Aufsicht bleibt, wie im Film dargestellt.
Der Zuseher erfaehrt nicht, ob sich diese Szene wirklich so abgespielt hat, 
oder ob die Phantasie des Regisseurs, der das Geschehene nachstellen liess, 
hier mit ihm durchgegangen ist. Was bleibt, ist die Botschaft, dass man mit 
boesen Buben so verfahren kann, ja geradezu muss. Das Strafgesetzbuch 
indessen sieht das anders: "Quaelen oder Vernachlaessigen eines Gefangenen" 
ist mit bis zu zwei Jahren Haftstrafe bedroht, bei Folgeschaeden aber auch 
noch hoeher (StGB §312) -- ein Paragraph allerdings, der in 
oesterreichischen Amtsstuben wohl eher unter "Kavaliersdelikte" abgelegt 
ist.
Auch die Schilderung des Endes einer anderen Geiselnahme Anfang der 
80er-Jahre, die mit dem Tod des Geiselnehmers endete, der im Bericht als 
"vermutlich psychisch kranker jugoslawischen Gastarbeiter" bezeichnet wurde, 
erscheint sehr bedenklich. Einmal abgesehen davon, dass die Erwaehnung 
seiner Nationalitaet entbehrlich erscheint, darf dann auch noch der damalige 
Kommandant, der nunmehrige General a.D., Johannes Pechter, im Interview 
vermelden: "Ich bin heute noch stolz: Von den vier Beamten, die von der 
Waffe Gebrauch gemacht haben, wurden niemals die Namen genannt. Nicht einmal 
das Ministerium hat davon Bescheid gewusst". Sprich: Es gab nicht einmal im 
Ansatz einer unabhaengigen Untersuchung. Ein Mensch kommt zu Tode, jedes 
Nachfragen wird im Keim erstickt und alle sind happy darueber. Einen 
"vermutlich psychisch kranken jugoslawischen Gastarbeiter" darf man als 
Cobra-Mann ja ruhig ueber den Haufen schiessen.
Der Rest der voellig unkritischen Dokumentation von Andreas Mannsberger 
besteht hauptsaechlich aus einem Bericht ueber der Sicherungsmassnahmen beim 
Papstbesuch und der Schilderung, wie hart die Burschen in der Ausbildung 
herangenommen werden, wenn sie richtige Cobra-Maenner werden wollen.
Begruendet wurde die jetzige Ausstrahlung dieser Polizei-Belangsendung mit 
dem 30-jaehrigen Bestehen der Eliteeinheit. Doch faellt diese Doku gerade in 
eine Zeit, wo die Polizei wegen ihres Umgangs mit Asylwerbern immer mehr ins 
Gerede kommt. Waehrenddessen ruestet Minister Platter massiv auf -- mit der 
Begruendung "Euro 08". Unter anderem bekommt die Polizei fuer ihre 
"Greiftrupps" 180 spezielle Koerperschlagschutzsysteme. Da werden wir uns 
bei den naechsten Demos auf richtige Robocops freuen duerfen.
Und es passt ins Bild, wie die Umsetzung der 
Datenvorratsspeicherungs-Richtlinie im Parlament passiert ist; genauso wie 
zu befuerchten steht, dass die polizeifreundlichste Fassung des derzeit 
diskutierten Entwurfs zur legistischen Verankerung der Online-Durchsuchung 
("Bundestrojaner") vom Innenminister durchgedrueckt werden wird.
Wir sind alle unter Verdacht. Alle -- ausser den Polizisten selbst. Oder wie 
schon Georg Kreisler forderte: "Schuetzen wir die Polizei vor Verdruss und 
Schererei!"
*Bernhard Redl*
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