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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 15. Jaenner 2008; 18:38
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Asyl/Kaernten/Kommentar:
> Autoritaere Saeuberungsaktion
Joerg Haider, der Landeshauptmann, der schneller abschiebt als der
Innenminister, genuegt der Schatten eines Verdachts.
An Joerg Haiders rhetorische Beitraege zur ethnischen Saeuberung Kaerntens
("Kaernten wird einsprachig", "tschetschenenfreies Kaernten" usw.) hatte man
sich schon gewoehnt. Aber am 7.Januar 2008 hat Haider in der Praxis eine
ethnische Saeuberungsaktion gesetzt, die einen Dammbruch darstellt. Parallel
zu einer Pressekonferenz unter dem Motto "Gewalttaetige tschetschenischen
Asylwerber werden aus Kaernten abgeschoben" wurden tschetschenische Familien
aus Villach (insgesamt 18 Personen) ueberfallsartig in Busse verfrachtet und
ins Fluechtlingslager Traiskirchen abtransportiert. Begruendet wurde diese
Massnahme damit, dass Mitglieder dieser Familien an den "juengsten
Gewaltexzessen", d.h. einer Silvesterschlaegerei in Villach teilgenommen
haetten. Dabei sind die Haupttaeter laut Auskunft des Villacher
Polizeikommandanten noch gar nicht identifiziert. Auch wer begonnen hat, ist
noch nicht klar. Haider und der Leiter des Fluechtlingsreferats Gernot
Steiner haben mit ihrer Strafmassnahme offenbar voellig an der Polizei
vorbeiagiert.
Betroffen ist u. a. die siebenkoepfige Familie S., die wir in unserer
Kaerntner Traumatherapie- Einrichtung ASPIS seit eineinhalb Jahren
begleiten. Die beiden angeblich gewalttaetigen halbwuechsigen Soehne der
Familie (14 und 16 Jahre alt) wurden allerdings - im Unterschied zu anderen
Jungen - wegen der Schlaegerei noch nicht einmal von der Polizei
einvernommen. Der Vater glaubt nicht, dass die Soehne an der Schlaegerei
beteiligt waren. Offenbar hat Herr Steiner selbst ermittelt bzw. dem
Landeshauptmann auf dessen Wunsch hin einfach eine Familie genannt, die aus
seiner Sicht abtransportiert werden kann. In der Gruppe der "gewalttaetigen
tschetschenischen Asylwerber" befindet sich auch das fuenf Monate alte Baby
der Familie S. Mehrere Familienmitglieder wurden waehrend der letzten
eineinhalb Jahre in unserer Einrichtung psychotherapeutisch behandelt. Sie
sind durch den Krieg und infolge von Folter traumatisiert. Die Therapien
sind nun abgebrochen. Einer der Soehne wurde im Herbst 2006 in Kaernten auf
offener Strasse durch einen "Inlaender" mit Messerstichen beinahe ermordet
und leidet unter einer zusaetzlichen Traumatisierung. Aerzte und Therapeuten
sind vor dem Abtransport der Familie natuerlich nicht konsultiert worden.
Der Landeshauptmann und das Fluechtlingsreferat uebernehmen die
Verantwortung fuer eine moegliche Gesundheitsgefaehrdung.
Wir haben im Land Kaernten entsprechend den Regeln einer modernen Demokratie
gut funktionierende Einrichtungen, die fuer die Aufklaerung und rationale
Bearbeitung von Jugendkriminalitaet zustaendig sind: Die Polizei, die
Jugendstaatsanwaltschaft, Gerichte, Bewaehrungshilfe, Jugendaemter usw. Der
Villacher Polizeikommandant hat sich noch am 7.1. an einem runden Tisch in
vorbildlicher Weise um Verstaendigung mit tschetschenischen Eltern und
Jugendlichen bemueht.
Haider hat sich aber offenbar entschieden, den starken Fuehrer zu spielen,
dessen Handeln keine polizeilichen und juristischen Beweise, keine
unabhaengige Faktenueberpruefung benoetigt: "Unter meiner Fuehrung wird
Kaernten auch ein sicheres Land bleiben. Jemand, der sich nicht anpassen
kann und sich nicht an unsere Spielregeln haelt, hat bei uns nichts
verloren. Daher habe ich die sofortige Abschiebung der gewalttaetigen
tschetschenischen Asylwerber veranlasst." Spielregelexperte Haider macht
sich selbstherrlich zum Ermittler, Richter und Exekutor zugleich und hofft
auf den Applaus des Publikums. Wahrscheinlich geht es auch darum, die
aufgebrachte Stimmung in Bezug auf aggressive auslaendische Jugendliche, die
gerade aus Deutschland zu uns herueber kommt, parteipolitisch zu nutzen. Der
Rechtsstaat bleibt auf der Strecke, die Fluechtlingsverwaltung spielt mit,
die Zeche zahlen Menschen, die als Mitglieder einer ethnischen Gruppe
kollektiv verdaechtigt und abtransportiert werden. Die Grenze zu einer
autoritaeren Saeuberungsaktion ist ueberschritten.
Wir fordern die Rueckkehr der abtransportierten Familien nach Kaernten, eine
Aufklaerung und Behandlung der Silvestervorfaelle nach den Regeln unseres
Rechtsstaats und eine Wiedergutmachung der moeglicherweise entstandenen
gesundheitlichen und psychischen Schaeden bei den Betroffenen.
*Klaus Ottomeyer,
Obmann von ASPIS. Forschungs- und Beratungszentrum fuer Opfer von Gewalt,
und
Maria Lind,
Leiterin des Therapieprojekts bei ASPIS*
Kontakt: Aspis. Forschungs- und Beratungszentrum fuer Opfer von Gewalt.
Alpen Adria Universitaet Klagenfurt, Studentendorf Haus 10,
Universitaetsstrasse, A - 9020 Klagenfurt. Tel. 0463/2700 1673,
http://www.aspis.at/
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