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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 18. Dezember 2007; 20:15
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Tschad:

> Jeder gegen Jeden

Und oesterreichische Soldaten duerfen auch mitmachen -- zur Unterstuetzung
Frankreichs Interessen.
*

Die Rebellen sind bereit, feindliche Flugzeuge abzuschiessen, um sich zu
wehren. "Wir haben eine funktionierende Flugabwehr, mit der wir auf
Flugzeuge schiessen koennen" versichert Abakar Tollimi, Generalsekretaer der
UFDD (Union des forces pour la démocratie et le développement, Vereinigte
Kraefte fuer Demokratie und Entwicklung) (1).

Seit Montag den 26. 11. finden heftige Kaempfe zwischen der Armée Nationale
Tchadienne (ANT, Nationale Armee des Tschad) und der UFDD statt. Die
Rebellen werfen den Franzosen vor, ihre Flugzeuge haetten beim Ueberfliegen
der Kampfzone Informationen fuer die Regierungskraefte und deren
militaerisches Vorgehen gegen den Widerstand gesammelt.

Mahamat Nouri, Chef der UFDD, berichtet ueber die Vorkommnisse am
Donnerstag, den 29. 11.: «Gegen 12 Uhr 30 - die franzoesischen Breguet
hatten ununterbrochen unsere Stellungen ueberflogen - haben uns Helikopter
des Tschad bombardiert und wir waren das erste Mal gezwungen, uns ...
zurueckzuziehen." (2) Dies sei, immer noch laut UFDD, unmittelbar nach dem
Einsatz des franzoesischen Aufklaerers Breguet-Atlantique 2 geschehen (3).

UFDD-Sprecher Mahamat Hassane Boulmaye meint dazu: "Hier ist die Grenze
ueberschritten worden, denn Frankreich nimmt direkt an der Seite des
Gewaltherrschers Déby am Krieg teil." (4).

Christophe Prazuck, der Sprecher des franzoesischen Generalstabs gibt die
Ueberfluege problemlos zu und erklaert, es handle sich um Aufklaerungsfluege
mit drei verschiedenen Funktionen. Die erste: "Man muss verhindern, dass
sich die Kaempfe in ihrer Brutalitaet bis nach N´Djamena ausbreiten." Eine
weitere Aufgabe sei es, sicherzustellen, dass die Fluechtlingslager von den
Kaempfen nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Und schliesslich dient die
Massnahme zur "Vorbereitung des Einsatzes der Eufor." (5)

Die Ueberfluege fanden in der Naehe des an der sudanesischen Grenze
gelegenen Hadjer-Marfain-Gebirges statt (6). Mit diesen Erkundungsfluegen
und beim nachfolgenden Bombardement fanden die Kaempfe einen vorlaeufigen
Hoehepunkt. Begonnen hatten sie am Montag den 26. 11 in der Naehe der
Ortschaften Forchana und Hadjer Hadid mit stundenlangen Auseinandersetzungen
zwischen Regierungstruppen und Aufstaendischen (7).

Die ANT berichtet laut Reuters, es seien dabei hunderte Rebellen getoetet
worden. Laut Generalstab seien "50 Fahrzeuge beschlagnahmt und 40 zerstoert
worden, ausserdem wurden mehrere Kriegsgefangene gemacht." (7) Soweit das
Kommuniqué des Generalstabs; allerdings muss man bei dessen Aeusserungen
vorsichtig seien, es werden im allgemeinen sehr kraeftige Angaben gemacht,
die denen der Rebellen meist diametral entgegengesetzt sind.

Die UDFF steht zu dem Zeitpunkt nicht allein da. Am Samstag den 25. 11.
hatte bereits eine weitere Widerstandsorganisation, die RFC (Rassemblement
des forces pour le changement, Sammlungsbewegung fuer Veraenderung) das
einen Monat zuvor in Libyen vereinbarte Waffenstillstandsabkommen gekuendigt
(7).

Wenn den Rebellen Glauben zu schenken ist, so hat die derzeitige Kampfphase
mit einer kriegerischen Provokation seitens des ANT gegen ein legitimes
ziviles Vorgehen begonnen. Am vorangegangenen Samstag, den 24., habe sich
die UFDD nach Hadjer Hadid begeben, um sich mit Wasser zu versorgen,
berichten die Rebellen. Dies sei der einzige Absicht gewesen, mit der sie
die Stadt betreten haetten. Sie seien sofort wieder abgezogen, und von ihnen
aus haette es keinen Angriff gegeben. Daraufhin sei, so berichtet Reuters,
von Helikoptern des Tschad wie auch der Franzosen Jagd auf die Rebellen
eroeffnet worden, ohne dass dies naeher erlaeutert wird (7).

Wenige Tage spaeter wird eine weitere Bilanz gezogen: Seit Beginn der
jetzigen Kampfhandlungen seien mehrere hundert Personen getoetet worden,
allein die franzoesische Armee habe 150 Personen, die bei Kampfhandlungen
verletzt wurden, nach Abéché und N´Djamena ausgeflogen (8). Afp meldete am
29. 11. noch hoehere Zahlen: "Aerztlichen Quellen zufolge seien seit Montag
250 bis 300 verletzte Regierungssoldaten evakuiert und nach N´Djamena
gebracht worden." (9)

Tollimi zufolge sei auch am Donnerstag den 29. 11. die militaerische
Initiative von den Regierungstruppen ausgegangen (9).

Reuters kommentiert am 26. November: "Diese Konflikte veranschaulichen, auf
was fuer ein Niveau die Sicherheitslage in dieser Region gesunken ist, in
der in den naechsten Wochen die ersten Kontingente der Eufor eintreffen
sollen ..." (7)

Die Situation ist klar: Es ist Krieg. "Von nun an sieht sich die UFDD im
Kriegszustand mit der franzoesischen Armee und saemtlichen auslaendischen
Kraeften, die sich auf nationalem Territorium befinden", erklaerte die UFDD
in einem Kommuniqué, das sie an das Reuters-Buero in N´Djamena schickte (6).

Langfristige Kriegsplanung Frankreichs

Das franzoesische Militaer, das sich seit 1986, also seit mehr als 20 Jahren
im Tschad festgesetzt hat, verfuegt dort ueber eine feststehende Zahl von
1.100 Mann und dazu ueber Kampf- und Transportflugzeuge sowie Aufklaerer
(1). Unter anderem werden die Mirage-Kampfflugzeuge vom Typ F1 eingesetzt.
Die wichtigsten Basen und Kriegszentralen Frankreichs in Zentralafrika
befinden sich derzeit im Tschad und in Gabun. In Libreville in Gabun ist das
6. Marineinfanteriebataillon stationiert, das 800 Mann umfasst. Im Tschad
sind die Kraefte zwischen der Hauptstadt N´Djamena (950 Mann) und Abéché
(150 Mann) aufgeteilt, eine kleinere Einheit befindet sich in Faya-Largeau
im Norden des Landes (10). Neben einem Aufklaerer von Typ
Breguet-Atlantique, einem C-135-Tankflugzeug, drei Transportflugzeugen
Transall C-160 und 6 Puma-Helikoptern F-1 befinden sich im Tschad 6
Jagdbomber vom Typ Mirage (8).

Zwischen Frankreich und dem Tschad besteht ein militaerischer
Kooperationsvertrag, der bereits aus dem Jahre 1976 stammt und logistische
und medizinische Unterstuetzung sowie Zusammenarbeit bei der Aufklaerung
vorsieht. Vom franzoesischen Generalstab verlautet in diesem Zusammenhang,
er befaende sich "mit niemandem im Kriegszustand." (4)

Vorreiter des Afrikakriegs

Die staerkste und treibende Kraft der EU-Mission ist Frankreich, Frankreich
stellt auch die meisten Soldaten. 3.700 Soldaten sollen insgesamt im Rahmen
der Eufor zum Einsatz kommen. Davon stellt allein Frankreich 1.700 Soldaten,
also beinahe die Haelfte. Das war der Stand Ende November (11). Die Zahlen
steigen inzwischen an, es wird bereits von 4.300 Eufor-Soldaten geredet
(12). Zahlreiche Soldaten der Elitetruppe Commandement des opérations
spéciales (COS) sind an verschiedenen Punkten im Osten des Tschad wie auch
im Norden Zentralafrikas, entlang der sudanesischen Grenze aufgestellt (8).

Am 29. 11. fand in Nizza ein franzoesisch-italienisches Gipfeltreffen statt.
Bei dieser Gelegenheit plaedierte Frankreichs Praesident Sarkozy offen fuer
den Zwei-Fronten-Krieg: "Wenn man sich entscheidet, von der einen Seite
europaeische Kraefte ins Land zu schicken und von der anderen (vom Sudan)
ein gemischtes Kontingent aus UNO und Afrikanischer Union, dann wohl weil´s
hier Probleme gibt, weil´s Schwierigkeiten gibt. ... Wenn´s keine gaebe, dann
haetten wir keine Soldaten hinuntergeschickt." (13)

Das franzoesische Aussenministerium draengt, der Einsatz der Eufor solle
"schnellstmoeglich" erfolgen, berichtet der Figaro (1).

Auch ein zwischenstaatlicher Konflikt

Vom Tschad wird der Sudan, wie bereits in der Vergangenheit, offen
beschuldigt, die Rebellen "bewaffnet" zu haben und es wird ihm eine
"Aggression" vorgeworfen, die das Ziel habe, den Tschad zu "destabilisieren"
(9).

Die Regierung in N´Djamena hat beim sudanesischen Botschafter eine
offizielle Protestnote eingelegt; der Botschafter wurde am Donnerstag den
29. 11. bereits das zweite Mal innerhalb weniger Tage einberufen. Der
Regierung in Khartoum wurde damit gedroht, man werde sein Recht geltend
machen, die Rebellen auch auf sudanesischem Territorium zu verfolgen. (9)

Schon zu Beginn der Kaempfe erhob die Regierung des Tschad schwere Vorwuerfe
gegen die Rebellen und den benachbarten Sudan. Die Rebellen haetten am
Samstag, den 24. 11. , von ihren Rueckzugsbasen im Sudan aus operiert, "um
die Gendarmen anzugreifen, deren Aufgabe der Schutz der Fluechtlingslager
sei, die sich in einigen kleinen Grenzsiedlungen befinden, darunter Hadjer
Hadid." (14)

Der zwischenstaatliche Konflikt wird auch noch durch Kommunikationsminister
Hourmadji Moussa Dounagor angeheizt: "Der Tschad macht den Sudan
verantwortlich, er ist schliesslich verpflichtet, saemtliche Aktionen aller
bewaffneten Kraefte der Unterzeichner des Vertrags von Sirte [in Libyen,
AuO] militaerisch zu verhindern, bis die zentrale Klausel des genannten
Vertrags, naemlich die Entwaffnung [der Rebellen, AuO], umgesetzt ist." (14)
Die bisher drei von insgesamt vier Unterzeichner-Organisationen, die vom
Waffenstillstandsvertrag wieder zurueckgetreten sind, argumentieren damit,
dass die Regierung wesentliche Punkte des Vertrags nicht eingehalten hat.

Die Polemik laeuft auf niedrigem Niveau ab, wie man an den Aeusserungen des
Premierministers des Tschad, Nouraddine Delwa Kassire Coumakoye, ablesen
kann: "Der sudanesische Praesident Omar Hassan al Baschir verbringt wohl
schlaflose Naechte, wenn er an das Eintreffen der Kampftruppen der UNO und
der Europaeischen Union denkt. Er will verhindern, dass sie zum Einsatz
kommen, weil er denkt, dass diese Kraefte, die an der Grenze des Tschad
stationiert sein werden, fuer ihn eine Gefahr darstellen."(11) Das erklaerte
der Praesident vor versammelten Journalisten.

Was sind die wichtigsten Kraefte des bewaffneten Widerstands?

Wenn in diesem Beitrag, meist in Anlehnung an den franzoesischen
Sprachgebrauch, die Bezeichnung "Rebellen" verwendet wird, oder manchmal
auch "Widerstand", so ist damit nicht notwendigerweise eine politische
Wertung im Sinne eines antagonistischen Subjekts gemeint, mit der sich etwa
europaeische AntiimperialistInnen identifizieren koennten. Ausdruecke wie
"Rebellen" u. ae. sind hier neutral verstanden.

In der Mehrzahl handelt es sich um bewaffnete Formationen, die bloss
unterschiedliche Fraktionen der Bourgeoisie, ja des politisch-militaerischen
Machtapparates vertreten. In zwei Faellen stehen ehemalige
Verteidigungsminister des Déby-Regimes an der Spitze solcher Guerillas, eine
bewaffnete Formation wird gar von einem Neffen des Staatschefs angefuehrt.

Der Kampf um Erdoel und Bodenschaetze spiegelt sich nicht nur auf der Ebene
der Widersprueche zwischen den Interessen der internationalen Oelkonzerne,
der Weltbank und nationalen Interessen ab, sondern es ist auch ein
innerstaatlicher Kampf um die Beute, d.h. die Teilhabe an der Macht,
zwischen unterschiedlichen buergerlichen Interessensgruppierungen, der in
einen wilden Kampf aller gegen alle muendet - wobei es auch innerstaatliche
Machtfraktionen gibt, die von "aussen", etwa Libyen, Rueckendeckung haben.

Die einzelnen Kapitalfraktionen und ihre Guerillas machen aber auch Anleihen
beim Panafrikanismus und Antiimperialismus, die unterschiedlichen
buergerlichen Formationen, bzw. deren Communiqués nehmen auch
unterschiedliche Grade von Aufklaerung und Kritik auf. Manche
antiimperialistische Philippika ist recht interessant zu lesen. Diese
Communiqués sind nuetzlich, wenn sie Informationen, sei's ueber das
Kampfgeschehen, sei's ueber politische Prozesse, sozusagen aus
Insiderkreisen bekanntgeben, oder auch wenn sie politische Korrekturen am
starren Staatsapparat formulieren.

Vier bewaffnete Organisationen haben am 25. Oktober 1996 in Libyen eine
Waffenstillstandsvertrag abgeschlossen: die UFDD (Union des forces pour la
démocratie et le développement, Vereinigte Kraefte fuer Demokratie und
Entwicklung), die UFDD Fondamentale, eine Abspaltung der UFDD, die RFC
(Rassemblement pour le Changement, Sammlung fuer einen Wechsel) und die CNT
(Convention Nationale Tchadienne). Bis auf letztere haben alle hier
genannten bewaffneten Organisationen in der Zwischenzeit den
Waffenstillstand wieder aufgekuendigt; die CNT duerfte, zum Zeitpunkt der
Abfassung dieses Berichts, auf dem Weg dazu sein.

Die UFDD ist vorangeprescht. In einem Communiqué vom 6. 11. aus den Bergen
von Hadjer Marfaine wird Folgendes festgestellt: Die Franzosen huelfen dem
Tschad bei der Aufklaerung, dies sei nicht Bestand des Kooperationsvertrags.
Die Aufklaerungstaetigkeit Frankreichs habe 1989 /90 begonnen, waehrend des
ganzen Jahres 1990 angedauert "und eine wesentliche Rolle bei der
Machtergreifung am 1. Dezember 1990" gespielt. Die Unterstuetzung
Frankreichs fuer Déby stelle "eine Verletzung saemtlicher Vereinbarungen"
dar.

Angesichts dieser Tatsachen bleibe "das Exekutivbuero der UFDD bei seiner
Position und wird die kuenftige Entwicklung danach beurteilen, inwieweit das
franzoesische Heer oder jede andere militaerische Kraft des Auslands, die
sich auf nationalem Territorium befindet, sich militaerisch engagiert oder
eine neutrale Position einnimmt." (16)

Bereits am 23. 11.berichtete afp, dass es mit dem Waffenstillstand jetzt
wohl zuende ginge. Mahamat Nouri von der UFDD erklaerte: "Ich glaube,
N´Djamena hat die Vereinbarung vergessen!" Und er kuendigte an: "Ab 25.
November sind die Vereinbarungen von Tripolis null und nichtig, und der
Waffenstillstand ist nicht mehr in Kraft!" Dem schloss sich Timane Erdimi
von der RFC an. Der Regierung wurde im besonderen vorgeworfen, sie haette
sich geweigert, an einer in Khartoum angesetzten Nachverhandlung, auf der
die Modalitaeten der Umsetzung des Vertrages auf der Tagesordnung standen,
teilzunehmen (17).

Nouri sprach zum damaligen Zeitpunkt schon davon, dass die Wiederaufnahme
des Bewaffneten Kampfes nicht mehr auszuschliessen sei, Timane Erdimi war
noch vorsichtig, und er forderte die Regierung auf, noch einmal "eine Probe
ihres guten Willens" zu zeigen, es koennten sudanesische oder libysche
Vermittler eingeschaltet werden. Zum Staatschef meint er aber: "Idriss Déby
ist an Frieden nicht interessiert." (17). In der Folge eine kurze
Charakterisierung der bewaffneten Oppositionskraefte.

Die UFDD ist die groesste Organisation, sie wird von General Mahamat Nouri
angefuehrt. Nouri war bis vor 4 Jahren Verteidigungsminister in der
Regierung Déby, wurde zum Botschafter in Saudiarabien ernannt,
demissionierte dann von diesem Posten und schloss sich daraufhin dem
Widerstand an. Seine Truppe duerfte 3000 bis 6000 Kaempfer umfassen, wie von
mehreren Quellen bestaetigt wird (15).

Die zweitwichtigste Kraft ist das RFC (Rassemblement pour le Changement,
Sammlungsbewegung fuer einen Wechsel). Dieses Gebilde besteht aus ehemaligen
Elementen der Praesidentschaftsgarde, die fuer den 16. Mai 2005 einen
Umsturz planten, der aber misslang. Dem damaligen Generalsekretaer der
Praesidentschaftskanzlei, Timane Erdimi, der auch die Graue Eminenz des
Regimes genannt wurde, oder der Rasputin des Praesidentenpalastes, war es
gelungen, den Grossteil der Soldaten der Leibgarde gegen den Herrscher zu
mobilisieren und dessen Projekt, mit Hilfe einer Verfassungsaenderung seinen
Weiterverbleib an der Macht zu sichern. Timane Erdimi ist der Neffe des
Praesidenten Déby und arbeitet eng mit seinem Zwillingsbruder Tom Erdimi
zusammen. Beide sollen die Faeden fuer den Putsch gezogen haben.

Gegen den Putschversuch wurde von der franzoesischen Militaerbasis aus
erfolgreich interveniert, und das war ausschlaggebend. Im Ostteil des Landes
sammelte Erdimi dann den Grossteil der Verwandten Débys, die sich am
Putschversuch beteiligt hatten.

15 Jahre lang hatte Timane Erdimi seine Finger im Spiel gehabt, wenn es
darum ging, Posten zu besetzen. Wer etwas im "politischen Dschungel des
Tschad" (15) werden wollte, der hing von ihm ab, wenn wer zu verschwinden
hatte, dann entschied er das.

Derzeit umfasst die RFC des Déby-Neffen zwischen 500 und 1000 Mann, aber die
Zahlen koennen sich rasch aendern, denn es werden zahlreiche neue Leute
aufgenommen.

Die drittgroesste im Osten des Landes aktive Organisation ist die CNT
(Convention Nationale Tchadienne). Sie steht unter der Fuehrung des Hassane
Saleh Al Gadam Al Jinedi, der seine Ausbildung an der Militaerakademie in
Tripolis genossen hat. Derzeit steht die Formation vor einer Zerreissprobe:
Al Jinedi soll abgesetzt werden, die Hardliner unter Hauptmann Hamid
Abdelkader draengen an die Macht. Al Jinedi wird vorgeworfen, er sei
gegenueber Déby zu nachgiebig. Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Berichts
stand die CNT unter der Fuehrung eines Direktoriums und umfasst etwa 1000
Mann.

Viertwichtigste Kraft ist die UFDD-Abspaltung UFDD-Fondamentale unter
Abdelwahid Abous Mackaye, sie umfasst etwa 500 Mann und hat die Stadt Addé
im Suedosten eingenommen (15).

Zu diesen Kraeften, die das Abkommen unterzeichnet haben, kommt eine Reihe
von weiteren Gruppierungen unterschiedlichster Art. Etwa die FUC (Front Uni
pour le Changement, Vereinigte Front fuer einen Wechsel) unter der Fuehrung
des Generals Mahamat Nour - nicht zu verwechseln mit Mahamat Nouri, dem
UFDD-Fuehrer. Seine Karriere verlief folgendermassen: Im April des
vergangenen Jahres wollte er mit der FUC die Hauptstadt stuermen. Er wurde
zurueckgeschlagen, und dies wiederum mit Hilfe der im Land stationierten
Franzosen. Auf Betreiben Gaddafis kam es zu einem Abkommen zwischen Déby und
Nour, und in der Folge wird Nour Verteidigungsminister (15). Die FUC aber
liess sich nicht entwaffnen, begann wieder zu kaempfen, nach
Auseinandersetzungen, die eine Woche lang dauerten, floh Nour in die
libysche Botschaft und wurde kurz darauf, am 1. Dezember, abgesetzt (18).

Die UFC (Union des Forces pour le Changement, Vereinigte Kraefte fuer einen
Wechsel) umfasst wiederum drei kleinere Rebellenorganisationen: das MUR
(Mouvement pour l´Unité et la République, Bewegung fuer die Einheit und die
Republik), die FPRN (Front Populaire pour la Renaissance Nationale,
Volksfront fuer eine Nationale Wiedergeburt) und die FDP (Front Démocratique
Populaire, Demokratische Volksfront).

In den Niellim-Bergen im Sueden operiert ausserdem ein Mouvement Populaire
pour la Renaissance et le Développement (MPRD, Volksbewegung fuer Neubeginn
und Entwicklung) unter der Fuehrung von Djibrine Dassert, einem ehemaligen
Weggefaehrten von Déby. Im November 2005 hat er einen Blitzangriff auf die
Nomadengarde unternommen, die sich in unmittelbarer Naehe des
Praesidentenpalastes befindet, und dabei zahlreiche Waffen erbeutet. Damit
zog er sich in den Sueden zurueck, wo ihn die Armee noch nicht hat aufreiben
koennen. Seit einiger Zeit soll er auch im Osten aktiv sein. Und
schliesslich sei noch die Telsswi-Renaissance von Michel Mbaïllemel
erwaehnt, die an der Grenze zu Zentralafrika operiert. Diese Gruppierung hat
an allen Rebellionen im Sueden des Tschad seit den 80er Jahren teilgenommen
(15).

*

Kriegspartei Oesterreich

Es besteht eine Zusammenarbeit zwischen Frankreich und dem Tschad im
Erkunden und darauffolgenden Bombardieren. Spionieren und Bombardieren
dienen unter anderem auch als Vorbereitung fuer den europaeischen
Kriegseinsatz. Teilnahme am Eufor-Einsatz ist daher eine eindeutige
Positionierung im afrikanischen Krieg.

Zu Beginn eine militaerische Provokation seitens des Tschad und
Frankreichs - dann wieder zum Hoehepunkt der Kaempfe; Oesterreich linkt sich
also in einen Bombenkrieg ein.

Wenn der Tschad seine Einsaetze gegen seine eigenen Bevoelkerung mit
Frankreich koordiniert, Frankreich wesentliches Know-How einbringt und noch
dazu die gesamteuropaeische Invasionstruppe anfuehrt, dann ist ein jedes
Element dieses komplexen und umfassenden Einsatzes, in was fuer einer
unterschiedlichen Funktion auch immer, Teil eines Krieges gegen die
afrikanische Bevoelkerung.

Oesterreichs Truppen wuerden sich also bei einem noch so humanitaeren
Einsatz nolens volens und automatisch auf einer Seite der Kriegsfront
befinden, auf der europaeischen.

Ausserdem gibt es wohl kaum jemanden, der in der Lage ist, die Politik der
unterschiedlichen bewaffneten Formationen zu beurteilen und einzuschaetzen,
und am allerwenigsten Herr Darabos, der der Problematik weder sprachlich
noch gedanklich gewachsen ist.

Wenn aber die Voraussetzungen fuer einen politische Analyse der Situation
fehlen, und davon zeugt ja tagtaeglich das Niveau der Tschadbezogenen
Artikel in der oesterreichischen Presse - dann sollte man so schnell wie
moeglich seinen Rueckzug von diesem Abenteuer erklaeren, denn es wuerde auch
fuer die oesterreichischen Soldaten blutig enden.

Was Frankreich betrifft, so braucht nur auf seine Rolle in Algerien, in der
Côte d´Ivoire und jetzt im Tschad hingewiesen werden. Seine Politik in
Afrika ist blutigster und brutalster Neokolonialismus. Oesterreich reiht
sich daher mit der Kriegsteilnahme unter die aergsten Kriegshetzer (und
kuenftigen Kriegsverbrecher) ein.

Eine Positionierung der oesterreichischen Soldaten und Soldatinnen in diesem
Kontext ist mit der oesterreichischen Neutralitaet und einer gewissen
gewachsenen Tradition des diplomatischen oesterreichischen Ausgleichens
nicht vereinbar.

*Aug und Ohr (11.12.2008/gek.)*

*

(1) Tchad : les avions français menacés par les rebelles, Le Figaro/afp, 30.
11. 2007; (2) Tchad: les rebelles en "état de belligérance" avec l'armée
française, afp, 30. 11. 2007; (3) Des rebelles très offensifs,
RFI/afp/Reuters, 30. 11. 2009. Sperrung im Zitat von AuO; (4) La France
défiée par les rebelles tchadiens ; Le Figaro, 30. 11. 2007; (5) Tchad: l'armée
française a évacué 150 combattants blessés après les affrontements, Le
Monde/afp, 30. 11. 2007; (6) Tchad: les rebelles s'en prennent à la France,
France 2, 30. 11.; (7) Stephanie Hancock : L´armée tchadienne annonce la
mort de centaines de rebelles, Reuters, 26. 11. 2007; (8) Jean-Dominique
Merchet: Violents combats dans l'Est du Tchad, où sont déjà les forces
spéciales françaises, in einem Blog der Libération, 30. 11. 2007; (9) "Au
Tchad, des combats d´une rare violence depuis lundi", afp, 29. 11. 2007;
(10) Tchad : Les forces françaises positionnées au Tchad, Angola Press, 30.
11. 2007; (11) Le Tchad accuse le Soudan d´instrumentaliser les rebelles, Le
Monde/Reuters, 29. 11.; (12) Tchad : retard dans l´envoi du contingent
d´Eufor (porte-parole Eufor), afp, 28. 11. 07; (13) L´Eufor se déploiera
comme prévu dans l´Est du Tchad, selon Sarkozy, afp, 30. 11. 2007; (14)
L´armée tchadienne annonce la mort de centaines de rebelles, Reuters/Le
Monde, 26. 11. 2007; (15) Les mouvements rebelles qui menacent le pouvoir du
Président Idriss Déby Itno, apanews, 6. 12. 2007, zitiert nach
jeuneafrique.com ;
http://www.jeuneafrique.com/jeune_afrique/article_depeche.asp?art_cle=APA25807lesmoontiyb0 ;
(16) Communiqué de presse N°024: Union des Forces pour la Démocratie et le
Développement ( UFDD) (TchadVision 07/12/2007);
http://www.africatime.com/Tchad/nouvelle.asp?no_nouvelle=367286&no_categorie= ;
(17) Tchad : rien n ´a été fait pour appliquer l´accord de paix (rebelles),
afp/Le Monde, 23. 11. 2007; (18) Le président tchadien limoge son ministre
de la Défense, Reuters/Le Monde, 1. 12.



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