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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 18. Dezember 2007; 20:23
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Geschichte/Chile:

> Das Massaker von Iquique

Vor genau 100 Jahren veruebten chilenische Militaers einen Massenmord an
Salpeterarbeitern

Der 21. Dezember 1907 ging in die chilenische Geschichte ein: Die Bilanz des
damaligen Massakers in der Schule Santa Maria in der Hafenstadt Iquique:
3600 Tote, Tausende von Verletzten, Hunderte von Hinrichtungen durchgefuehrt
in Iquique selbst oder an Bord von Schiffen der Kriegsmarine. Ein Leutnant
Lizano erliegt einem Herzschlag, als er den Befehl zur Eroeffnung des Feuers
auf die Salpeterarbeiter erhaelt. Der Kommandant eines Kriegsschiffes
weigert sich, seine Mannschaften und Maschinengewehre zur Verfuegung zu
stellen. Die Toten werden in Schubwagen und Karren weggefuehrt.
Massengraeber werden ausgehoben, Hunderte werden im Meer versenkt.

Die Salpeterarbeiter waren nach Iquique gekommen, um ihren Forderungen nach
Gehaltserhoehung, menschenwuerdiger Behandlung und Gewaehrung einer
Mittagspause Gewicht zu verleihen. Mit dem ,,Hungermarsch der
Salpeterarbeiter" aus den Salpeterminen nach Iquique waren die Streikenden
dem Ruf der Behoerden, die sie nach der Hafenstadt zitiert hatten, gefolgt.
In Iquique erwarteten sie Heerestruppen und Marineeinheiten. Das Erdreich
des geraeumigen Innenhofes der Schule Santa Maria war vom Blut der
Massakrierten so sehr getraenkt, dass nichts darauf wachsen wollte. Erst
nachdem das Erdreich einen halben Meter tief abgetragen und durch frische
Erde ersetzt worden war, konnten Gras, Blumen und Unkraut wieder gedeihen.
Die Salpetermagnaten britischer und chilenischer Provenienz luden den
Praesidenten der Republik, Pedro Montt, nach der,,Niederschlagung" des
Streiks zur Besichtigung der Salpeterminen und zu rauschenden Banketten ein.

Der Streik von Iquique markiert eine wichtige Etappe in der Geschichte der
chilenischen Arbeiterbewegung: Diese Bewegung war, im Unterschied zu vielen
vorangegangenen Streiks in den 9oer Jahren des 19. Jahrhunderts, eindeutig
politisch und zeigte einen hohen Grad an Selbstorganisation der Arbeiter. In
der »Kommune von Iquique« wurden von den streikenden Arbeitern Raete und
autonome Selbstverwaltungsorgane gebildet, die von der besetzten Fabrik aus
die gesamte Stadt administrativ, militaerisch und oekonomisch
kontrollierten. Ein demokratisch gewaehltes Streikkomitee, an dessen Spitze
die Anarchosyndikalisten Luis Olea und Jose Briggs gewaehlt wurden, forderte
von Regierung und Unternehmern: die Zahlung des Monatslohns in Gold statt in
Papiergeld (um die Arbeiter gegen die Folgen der 'Inflation zu schuetzen);
die Einfuehrung von Arbeitsschutzbestimmungen fuer die Grubenarbeiter; die
Gewaehrung sozialer Hilfsmassnahmen (Wohnungen, Krankenversicherung etc.).
Da die Rebellion jedoch auf Iquique beschraenkt blieb (lediglich die
Salpeterarbeiter von Taracapi traten aus Solidaritaet in den Ausstand),
konnte die Bourgeoisie in dem groessten Arbeitermassaker der chilenischen
Geschichte erfolgreich ihre Armee gegen die Aufstaendischen der ersten
sozialistisch-anarchistischen Raeterepublik Chiles einsetzen. Waehrend die
Streikenden am 21.Dezember 1907 in der Escuela Santa Maria von Iquique
friedlich ihre Forderungen diskutierten, wurden sie vom Militaer eingekreist
und erbarmungslos zusammengeschossen. Ungefaehr 3600 Arbeiter kamen bei dem
Gemetzel ums Leben. Von der hier erlittenen blutigen Niederlage konnte sich
die chilenische Arbeiterbewegung erst allmaehlich, um das Jahr 1911, wieder
erholen.
(Leider ohne Quellenangabe zugesandt, Einsender der Redaktion bekannt)


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