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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 11. Dezember 2007; 19:33
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Das Recht der Fremden:
> NAG goes EuGH
Kaum befasst sich einmal nicht der Verfassungsgerichtshof mit dem 
Niederlassungs- und Aufenhaltsgesetz 2005 (NAG), tut es der 
Verwaltungsgerichtshof (VwGH). Der glaubt naemlich nicht, dass die gaengige 
Rechtslage und -interpretation EU-konform ist und schickt jetzt einen 
Praezendenzfall dem Europaeischen Gerichtshof (EuGH) zur Vorabentscheidung.
Im konkreten Fall geht es um einen tuerkischen Staatsangehoerigen der 2003 
in Oesterreich um Asyl ansuchte und dessen Verfahren noch laeuft. Aus diesem 
Verfahren erwuchs ihm ein temporaeres Aufenthaltsrecht. 2004 zog er hier mit 
einer deutschen Staatsbuergerin zusammen, die 2005 von ihm ein Kind bekam. 
2006 heiratete er sie und beantragte eine Daueraufenthaltsgenehmigung -- die 
ihm in zweiter Instanz durch das Innenministerium verwehrt wurde, unter 
anderem mit der Begruendung seines asylrechtlichen Status. Sprich: Als 
Asylwerber mit temporaerem Aufenthaltsrecht koenne er kein andauerndes 
Aufenthaltsrecht bekommen. Ausserdem: Da er die Deutsche erst in Oesterreich 
geheiratet habe, koenne auch nicht von Familiennachzug die Rede sein, 
weswegen der Schutz des Familienlebens hier nicht greife -- eben eines der 
Probleme, mit dem sich ja schon seit laengerem Initiativen wie "Ehe ohne 
Grenzen" beschaeftigen.
Dem VwGH war das aber dann doch ein wenig duenn. Da es hierbei aber auch um 
die Rechte der Ehefrau, einer nicht-oesterreichischen EU-Buergerin geht, 
beruehrt die Frage nicht nur die Europaeische Menschenrechtskonvention 
(EMRK), sondern auch EU-Recht. Es geht dabei um das Recht auf Familienleben 
im Zusammenhang mit der Niederlassungsfreiheit der EU-Buergerin. So absurd 
es klingen mag, aber deren Recht auf Familienleben als Auslaenderin 
erscheint -- durch eben diese Niederlassungsfreiheit -- moeglicherweise 
besser geschuetzt, als das einer Oesterreicherin durch nationales Recht oder 
die EMRK. Also bemueht der VwGH den EuGH und stellt ihm nun einige 
prinzipielle Fragen zu dem Thema. Zum Beispiel, ob eine Reihe von 
Richtlinien so auszulegen waeren, "dass sie auch jene Familienangehoerigen 
... erfassen, die ... erst dort [im EU-Staat] die Angehoerigeneigenschaft 
oder das Familienleben mit dem Unionsbuerger begruendet haben". Und ob ein 
temporaeres Aufenthaltsrecht einen Hindernisgrund fuer ein permanentes 
darstellen kann. Die politisch heikelste Frage, die der VwGH -- unabhaengig 
vom konkreten Fall -- gleich noch mit in diesen Fragenkatalog packte, ist 
die: Ob eine Gewaehrung eines permanenten Aufenthaltsrechts aus dem Titel 
des Schutzes des Familienlebens unbedingt als Voraussetzung eines bis dahin 
legalen Aufenthalts bedarf -- also, ob ein "Illegaler" durch 
Familiengruendung das Recht erwirbt, auf Dauer hier bleiben zu duerfen.
Da qua Gleichheitsgrundsatz auch Oesterreicher und Oesterreicherinnen einen 
solchen Grundsatzentscheid fuer sich in Anspruch nehmen koennten, wuerde die 
familienfreundliche Beantwortung dieser Frage wuerde wohl nicht nur FPOe und 
BZOe, sondern auch die Koalitionsparteien die Waende hochgehen lassen.
*Bernhard Redl*
Der komplette VwGH-Beschluss zur EuGH-Befragung:
http://www.deranwalt.at/show.asp?id=693&kapitel=Wissenswertes
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