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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 6. November 2007; 17:57
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Fremde/Recht:

> Last Exit VwGH

Zwei Jahre hat es gedauert. Jetzt ist Juscha H. zum Asylverfahren
zugelassen. Dafuer will die Regierung den Verwaltungsgerichtshof ueberhaupt
ausschalten.


Juscha H. ist aus Tschetschenien nach Oesterreich gefluechtet. Mit seinen
Eltern und seinen minderjaehrigen Geschwistern. Es war noch vor Ende 2005.
Damals galt noch das alte, vorprokop'sche, vom Verfassungsgerichtshof
sanierte Gesetz.

Juschas Eltern waren so traumatisiert, dass selbst das Bundesasylamt,
Erstabschiebestelle Traiskirchen, sie zum Verfahren in Oesterreich zuliess.
Die minderjaehrigen Kinder daher automatisch ebenso. Nur Juscha, schon
grossjaehrig, also nicht mehr zur "Kernfamilie" gehoerig, war angeblich
nicht traumatisiert genug. Also sollte er allein abgeschoben werden. So will
es "Dublin", das Familienzerreissungsinstrument der EU.

Dabei hatte Juscha einen Befund der Ordination "Amber", einer vom Staat
unabhaengigen Einrichtung der Diakonie, wie schlecht es ihm ging (Diagnose:
Posttraumatische Belastungsreaktion). Aber eine vom Innenministerium
bezahlte "Gutachterin" in Traiskirchen hatte "befunden", er sei nicht
traumatisiert.

Juscha wurde im Dezember 2005 in Traiskirchen vor den Augen seiner schwer
kranken Eltern (die Mutter gehbehindert, der Vater halb blind), die er
betreute und die seine Hilfe dringend brauchten, verhaftet und in
Handschellen abgefuehrt.

Eine "Richterin" des "unabhaengigen" Bundesasylsenats wies unsere Berufung
ab. Dagegen erhoben wir Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, der in
wenigen Tagen die aufschiebende Wirkung zuerkannte.

Trotzdem weigerte sich der in Traiskirchen zustaendige Fremdenpolizist,
Sch., Juscha freizulassen. Der Verwaltungsgerichtshof werde unsere
Beschwerde ohnedies in kurzer Zeit abweisen, meinte Sch. zu Rechtsanwalt
Kapferer am Telefon.

Juscha sass daher auch ueber Weihnachten im Gefaengnis. Erst als wir mit
Hilfe unserer Leserinnen und Leser eine Aktion "Notruf Asyl" starteten und
viele Protest-Emails an das Innenministerium gelangten, wurde er auf freien
Fuss gesetzt.

Dann ist lange nichts geschehen. Die Muehlen der Verwaltungsverfahren mahlen
langsam. Irgendwann nach ueber einem Jahr gab der Verwaltungssenat Wiener
Neustadt meiner Haftbeschwerde statt. Ab dem Moment, wo der
Verwaltungsgerichtshof die aufschiebende Wirkung zuerkannt hatte, durfte
Juscha nicht mehr eingesperrt bleiben.

Rechtsanwalt Herbert Pochieser hat daher gegen Sch. eine Strafanzeige wegen
Verdachts auf Freiheitsentziehung unter Ausnutzung einer Amtsstellung, in
eventu Missbrauch der Amtsgewalt, in eventu fahrlaessige Verletzung der
Freiheit der Person erstattet.

Darueber ist noch nicht entschieden worden; das Justizministerium hat die
Anzeige aber an die Oberstaatsanwaltschaft Wien weitergeleitet.

Und jetzt hat der Verwaltungsgerichtshof, nach fast zwei Jahren, der
Beschwerde gegen den skandaloesen UBAS-Bescheid stattgegeben. Weil es
medizinisch belegbare Tatsachen gibt, die seine Traumatisierung zeigen.

Der UBAS hat den Fall daraufhin an das Asylamt retourniert. Dort wird Juscha
endlich, nach zwei Jahren, Gelegenheit haben, seine Fluchtgruende zu
erzaehlen. Weil er jetzt "zum Verfahren zugelassen" ist.

Zwei Jahre hat es gedauert, bis der Verwaltungsgerichtshof Recht gesprochen
hat. Kein Einzelfall. Aber das soll jetzt anders werden. Jetzt will die
Regierung naemlich Asylwerbern ueberhaupt verbieten, sich beim
Verwaltungsgerichtshof zu beschweren.

Haette es diese Regelung (die nun -- wie heisst das so schoen? -- "mit
breiter Mehrheit" beschlossen werden soll) schon vor zwei Jahren gegeben,
waere Juscha damals abgeschoben worden. Nach Polen. Ganz beschwerdelos.

Von dort wurde zur gleichen Zeit sein Leidensgenosse T. (den Oesterreich
nach Polen abgeschoben hatte) nach Russland weiter geschoben in den Tod.
Erschossen in Tschetschenien vor seinem Elternhaus. Fuer ihn hatten wir
keine Beschwerde gemacht. Weil er gar nicht in Kontakt war mit uns. Wir
haben erst posthum von ihm gehoert.
(Asyl in Not/gek.)


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