**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 6. November 2007; 18:03
**********************************************************
Datenmanie:
> Chaos beim Verfassungsschutz
Zielperson: weiblich, aelter als 60 Jahre, ca 1.70 gross, Inlaenderin, 
Traegerin des Silbernen Ehrenzeichens der Republik, Mitarbeiterin oder 
ehemalige Mitarbeiterin einer juedischen Einrichtung, verheiratet mit Mann 
mit Immigrationshintergrund; politische Aktivitaeten: sucht Kontakt mit 
Politiker der ersten Reihe; Interessen: Nahost, Irak, Islam, Auschwitz; 
sonstige bekannte Hobbys: Lesen, Wandern
Anordnung des Innenministeriums: Laufende Ueberwachung und Aufzeichnung 
politischer Meinungsaeusserung, Besuche von Veranstaltungen mit religioesem 
oder ethnischen Hintergrund, Kontrolle der Reisetaetigkeit und Anwesenheiten 
bei Demonstrationen erforderlich.
Geheimhaltungsstufe: XXXX, Datenweitergabe an INTERPOL und auslaendische 
Geheimdienste empfohlen.
Ueberwachungsfall Helga X.
Was sich als billig erfundene "Raubersg'schicht" aus einem totalitaeren 
Stasi-Staat liest, ist das Zwischenergebnis laengerer Recherchen um eine 
verdiente Frau, mitten in Oesterreich. Aufgefallen ist die Sache erstmals, 
als diese Frau eine vom Aussenministerium organisierte und allgemein 
zugaengliche Islam-Konferenz besuchen wollte. Entgegen den anderen 
Teilnehmern wurde sie diskret zur Seite gebeten und einem Sicherheitscheck 
unterzogen. Hellhoerig geworden, versucht nun Herta X.(*) zu erfahren, 
welcher Sicherheitsdienst welche Daten ueber sie sammelt.
Nur bruchstueckhaft ist es bisher gelungen Informationen ueber den 
Ueberwachungsumfang zu erhalten. Bei vielen Details wird eine Auskunft durch 
das Innenministerium verweigert. Anfragen zu den Daten aus der 
"Erkennungsdienstlichen Evidenz" ergaben: "Keine der Auskunftspflicht 
unterliegenden Daten verwendet". Gleiches beim "Fingerabdrucksystem", bei 
der "DNA-Datenbank", beim "Nationalen Schengener Informationssystem", bei 
"SIRENE - Supplementary Information Request at the National Entry" usw. usf. 
"Keine der Auskunftspflicht unterliegenden Daten verwendet", eine 
BMI-Auskunft ueber die viele Buerger wohl gluecklich waeren. Nicht so Helga 
X.(*), ein paar Daten werden doch beauskunftet, aber nur unvollstaendig, 
handelt es sich doch um die Verschlussache mit Aktennummer 
9/***/2-II/BVT/2/07. Damit erhaelt die Formulierung "Keine der 
Auskunftspflicht unterliegenden Daten verwendet" einen ganz anderen 
Stellenwert: "Wir haben etwas ueber dich, aber du bist zu gefaehrlich, als 
dass wir es dir sagen", ist offenbar die Botschaft.
Ueberwachung offenbar politisch motiviert
Konkrete Verdachtsmomente gegen die Frau gibt es keine, sie scheint sich nur 
mit Themen zu beschaeftigen, die politisch nicht erwuenscht sind. Welche 
abstrusen Wahnvorstellungen das Innenministerium zur Ueberwachung 
motivierten ist noch nicht aufgeklaert. Es kann daher nur spekuliert werden, 
was diese Frau verdaechtig gemacht hat. Der fruehe Besuch in Auschwitz? Die 
Ehe mit einem Zuwanderer? Die Arbeit bei einer juedischen Einrichtung? Die 
Teilnahme an einer Anti-Bush-Demo? Fest steht, dass das Silberne Ehrenkreuz 
der Republik Oesterreich -- noch -- nicht aberkannt wurde, aber vielleicht 
wird die Traegerin es bald zuruecklegen muessen, aus Scham in einem 
derartigen Ueberwachungsstaat zu leben.
Datenchaos beim Bundesamt fuer Verfassungsschutz (BVT)
Die wenigen Daten die bekannt gegeben werden, offenbaren zusaetzlich noch 
ein ziemliches Datenchaos bei Bundesamt und Innenministerium. Da werden 
munter, getarnt als "Amtshilfe" und in James Bond-Manier, Daten an Interpol 
Warschau, Bratislava, Toronto und Canberra verschickt. Bei Nachfragen wird 
dann vom BMI eingeschraenkt: "Interpol Warschau ja, bei Toronto und Canberra 
nein, das habe man mit einer anderen Person verwechselt." Aufbewahrt werden 
die Daten bis zum Jahr 2044, offenbar schaetzt man hundertjaehrige Frauen 
als besonders terrorismusaktiv ein. Gleichzeitig wird aber eingestanden, 
dass "eine CD-ROM" mit Daten aus dem Jahr 2006 von sicherheitsgefaehrdenden 
Personen, zu der auch Herta X.(*) gezaehlt wird, im "Bereich des Bundesamtes 
fuer Verfassungsschutz und Terrorismusbekaempfung nicht aufgefunden wurde", 
auf gut deutsch, verloren gegangen ist.
BMI-Dienstleister wenig zuverlaessig
Wenig Glueck duerfte das BMI auch bei der Auswahl von Dienstleistern haben. 
Mit der EDV-Betreuung der hochbrisanten Terrorismus-Akten wurden drei 
Unternehmen betraut (Flumen Business, ProCom Strasser und ICODEX Software). 
Im Zuge dieser Taetigkeit haben die Mitarbeiter letztlich Zugang zu 
hochgeheimen und fuer die Sicherheit des Staates entscheidende Akten. Die 
Mitarbeiter der Unternehmen wurden zwar, wie das BMI treuherzig versichert, 
"sicherheitsueberprueft", sich darum zu kuemmern, ob diese Firmen auch 
wirtschaftlich in der Lage sind, derartige Auftraege umzusetzen, wurde 
"leider" vergessen. Zwei der drei Firmen sind mittlerweile im Konkurs. Es 
ist ein Gemeinplatz, dass konkursgefaehrdete Unternehmen ganz besonders in 
Versuchung geraten koennen, Wissen ueber ihre Kunden doch noch 
gewinnbringend zu vermarkten. Und was waere wohl lukrativer als der Handel 
mit den Staatsgeheimnissen Oesterreichs?
(ARGE DATEN/gek.)
(*) Name geaendert
Quelle: 
http://www2.argedaten.at/php/cms_monitor.php?q=PUB-TEXT-ARGEDATEN&s=97056erw
***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen 
Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht 
wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein. Nachdruck 
von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete 
Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von 
Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine 
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als 
Abonnement verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann 
den akin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.
*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.buero{AT}gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976/00, Zweck: akin