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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 23. Oktober 2007; 15:51
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Moderne Zeiten/Glosse:
> Lernen von Trojas Untergang
Nicht alle Geschenke sollte man annehmen. Das haben die Trojaner erst
begriffen, als sie das griechische Pferd bereits in ihre Stadt gezogen
hatten. Doch da war es schon zu spaet.
Kriege moegen andere fuehren, Du, glueckliches Oesterreich, koaliere! Anders
kann man es nicht verstehen, was sich in Oesterreich derzeit abspielt.
Juengstes Beispiel: Die "Einigung" zwischen Polizeiminister Platter und
Justizministerin Berger in der Trojaner-Frage am letzten Mittwoch. Waehrend
in Deutschland der CDU-Innenminister seit Monaten die Werbetrommel fuer die
sogenannte Online-Durchsuchung ruehrt, ohne sich bislang wirklich
durchgesetzt zu haben, und derzeit das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe
mit der Frage nach der Zulaessigkeit dieses Polizeimittels beschaeftigt ist,
machen hierzulande ohne auch nur irgendeine relevante oeffentliche
Diskussion die Polizei und ihr Minister Naegel mit Koepfen und die
Justizministerin sagt zu allem ja und amen. Mit der rechtlichen Einfuehrung
dieser neuen Polizeimethode wird Oesterreich das erste Land in der EU mit
einem solchen Gesetz.
Das Pikante daran: Am Tag der Verlautbarung dieser Entscheidung wurde zwar
nicht rechtskraeftig, aber doch ein Polizeigeneral wegen illegaler
Datenweitergabe verurteilt. In der ZiB24 des ORF folgten die Berichte ueber
den Prozess und der Bericht ueber das Polizeiermaechtigungsgesetz kurz
hintereinander. Und waehrend der Gerichtsbeitrag naturgemaess nicht gerade
polizeifreundlich war, kamen im zweiten Beitrag ueberhaupt nur Befuerworter
der geplanten gesetzlichen Grundlagen zu Wort. Dabei fiel offensichtlich
niemandem die Diskrepanz auf. Nicht einmal das laufende Verfahren in
Deutschland oder die mahnenden Worte des nicht gerade als Terroristenanwalt
bekannten hiesigen Verfassungsgerichtshofspraesidenten fanden Erwaehnung.
Der Tenor der oeffentlichen Meinung, hier auch befoerdert vom ORF, ist
einfach: "Die Polizei braucht das jetzt und ueber die Anwendung entscheidet
ja eh ein Richter. Und das soll ja eh nur bei begruendetem Verdacht auf
Kapitalverbrechen stattfinden, so wie der Grosse Lauschangriff."
Nun kennen wir seit den Tagen der "Operation Spring" die Praxis dieser
Lauschangriffe und sie haben bei kritischen Menschen wohl nicht gerade dazu
beigetragen, das Vertrauen in Polizei und Justiz zu staerken. Zum anderen
greift der Vergleich nicht wirklich, denn ohne grossen Aufwand ist ein
Lauschangriff nicht zu bewerkstelligen: Wanzen und versteckte Kameras
muessen besorgt und vor allem unauffaellig montiert werden. Auch der
Vergleich mit einer realen Hausdurchsuchung greift nicht, denn die
Betroffenen erfahren davon, koennen zumindest versuchen, ihre Rechte zu
wahren, und es braucht fuer eine Durchsuchung mehrere Beamte der Polizei-
und Justizbehoerden sowie tatsaechlich einen richterlichen Befehl, den man
dem Betroffenen vorweisen koennen muss.
Bei der Online-Durchsuchung ist so ein Befehl zwar rechtlich auch noetig,
aber wenn das entsprechende Tool zur Verpflanzung des "Trojanischen Pferdes"
einmal in Polizeicomputern ist, dann braucht es praktisch nur einen
eingeschulten Administrator, der anzapfen kann, was er will -- sei es zu
Zwecken der Buergerbespitzelung, der Gehaltsaufbesserung durch
Industriespionage oder der Informationsbeschaffung bei einer Scheidungsklage
eines befreundeten Kollegen.
Dass so etwas vorkommt, dazu braucht es keine weiteren Belege, man erinnere
sich nur an eben den aktuellen Fall Horngacher oder die
Kleindienst-Spitzelaffaere oder die Debatte um die Stapo-Dossiers 1990 oder
an all die anderen kleinen und groesseren einschlaegigen Affaeren, die wohl
nur die Spitze des Eisbergs bilden.
Wenn man so recht darueber nachdenkt, wird klar, dass manche dieser
moeglichen missbraeuchliche Anwendungen wohl fuer die Polizei selbst gar
keinen Missbrauch, sondern intendierten Gebrauch darstellen duerfte. Denn
die "Organisierte Kriminalitaet" und die "Terroristennetzwerke" verwenden
fuer ihre Kommunikation sicher keine ungeschuetzten Windows-Rechner, sondern
wohl eher Linux-Maschinen, auf denen sie heikle Dokumente mit harter
Kryptographie verschluesseln. Also: Wer ist die Zielgruppe der Polizei
wirklich?
Es wird Zeit, dass solche Dinge Thema werden in diesem Land.
*Bernhard Redl*
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Tip:
Verleihung der Big Brother Awards:
25. Oktober 2007, Beginn: 20:00; im Wiener Rabenhof-Theater. Orange
94.0-Liveberichterstattung, auch ueber Internet-Stream:
http://streamintern.orange.or.at/live3.m3u
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