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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 23. Oktober 2007; 16:07
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Glosse:
> Salzburg reich und schoen: ein absoluter Stilbruch
Die Salzburger Nachrichten konnten am 15.10.07 verkuenden: "Salzburg 
schwimmt im Geld 140 Millionen Euro zusaetzlich ... Ein Traumjahr fuer die 
Politik". Die Steuereinnahmen fliessen und die Wirtschaft boomt, der 
Haushalt 2008 betraegt 1,941 Mrd. Euro, das macht ein Plus von 7,19 Prozent 
aus. Dieses Geld gilt es nun zusaetzlich zu verteilen, waehrend ansonsten 
nur von Sparmassnahmen die Rede ist.
Da ich in dieser Stadt lebe, freut mich das sehr, besonders weil wir doch in 
einer demokratischen Gesellschaftsordnung leben und sicherlich gefragt 
werden, was uns denn am meisten helfen koennte: es wird nach Auskunft der 
Firma Tappe, welche Handrollstuehle herstellt, eine EU-Richtlinie geben, die 
es verbietet, Handrollstuehle zu produzieren, die Stufen und Stiegen 
bewaeltigen koennen, der Gedanke kommt aus den skandinavischen Laendern, 
diese wollen alle Laender barrierefrei gestaltet wissen; na ja, da duerfte 
es in Salzburg kein Problem sein, alle Hindernisse fuer RollstuhlfahrerInnen 
zu beseitigen. SozialarbeiterInnen sehen sich, da die Laender Schlupfloecher 
durch die schlechtest-moegliche Umsetzung des Kollektivvertrages fuer die 
sozialen Dienste (BAGS-KV) in Form einer Nivellierung nach unten nutzen, mit 
einer Entlohnung konfrontiert, die zunehmend die Frage aufwirft, ob es noch 
finanziell bewaeltigbar ist, den gewuenschten Beruf auch auszuueben. Die 
Wohnungsmieten sind zu hoch, die Fixkosten eines durchschnittlichen 
Haushaltseinkommens beschneiden die Menschen in ihrem Recht auf Teilhabe am 
kulturellen und gesellschaftlichen Leben. Am 23.Oktober findet in Salzburg 
im Haus St. Virgil die naechste Armutskonferenz statt. Zu viele Menschen 
leben in dieser Stadt in Armut oder sind armutsgefaehrdet. Menschen ohne 
Lohnarbeit drohen durch den zur Begutachtung aufliegenden Entwurf der 
AIVG-Novelle 2007 massive Verschlechterungen, um ueberhaupt noch 
Arbeitslosengeld beziehen zu koennen, Martin Mair formulierte in der akin: 
"De facto droht Zwangsarbeit". Asylwerberinnen und Asylwerber werden mit dem 
Grundsicherungsmodell, welches die Caritas verwaltet, mit einem Taschengeld 
konfrontiert, welches nicht einmal annaehernd die Grundbeduerfnisse 
abzudecken vermag.
Der Buergermeister dieser Stadt, Dr. Heinz Schaden (SPOe) ist sehr 
verstaendnisvoll und steht all diesen Problemen sehr einfuehlsam gegenueber, 
ist er doch ein unmittelbar Betroffener moeglicher finanzieller Einbussen. 
Vor einigen Tagen wurde bekannt, dass der Buergermeister, sein 
Stellvertreter Dipl.Ing. Harald Preuner sowie der Gruene Stadtrat Johann 
Padutsch seit Jahren keine Pensionsversicherungsbeitraege bezahlen. Die 
Magistratsverwaltung hatte vergessen, diese einzuheben, es handelt sich 
"nur" um einige hundert Euro pro Monat, den Herren ist das nicht 
aufgefallen. Es ist ungeklaert, wer jetzt die Nachzahlungen zu leisten hat. 
Jedenfalls hat Herr Schaden bereits kommentiert, mit einer verminderten 
Pension von etwa 2.500 Euro Netto koenne er nicht leben, er habe sich eine 
Wohnung gekauft und eine Tochter wuerde studieren. Die Junge OeVP bekundete 
ihr Mitgefuehl mit einer Spendensammelaktion am Donnerstag, den 18.10. auf 
dem Marktplatz. Die Spendenaktion darf als Erfolg bezeichnet werden. Was die 
JVP in ihrer spontanen Barmherzigkeit nicht bedacht hat: Salzburg schwimmt 
in Geld, das steht sogar in der Zeitung. Ich kann Herrn Schaden nur 
beipflichten. In welcher Form auch immer in dieser Stadt Wohnungskosten zu 
leisten sind, sie sind unertraeglich hoch. Menschen, die ueber 
Durchschnittseinkommen, ueber Sozialhilfe, Taschengeld oder Arbeitslosengeld 
verfuegen haben keine Moeglichkeiten mehr, fuer ihre Kinder 
Chancengleichheit in Bildungsfragen herzustellen, die Studiengebuehren 
stellen eine weitere Barriere dar. Den Ansatz zu formulieren, etwa 2.500 
Euro seien zuwenig zum Leben, beinhaltet das unmittelbare Verstaendnis 
dafuer, dass an alle armutsgefaehrdeten und in Armut lebenden Personen 
mindestens mehr als dieser Betrag auszuzahlen ist. Angesichts des neuen 
Reichtums duerfte einer sozial gerechten Umverteilung nichts im Wege stehen. 
Die Debatte um ein bedingungsloses und garantiertes Grundeinkommen in der 
Hoehe von etwa 1.000 Euro hat sich damit eruebrigt.
Oder hab ich da etwa vergessen, die herrschenden Verhaeltnisse 
mitzubedenken? Oje, die ersten Gedanken der PolitikerInnen orientieren sich 
daran, das Geld in die "Volkskultur" zu investieren und natuerlich in den 
Tourismus, der eine Werbeoffensive braucht, angesichts des schneearmen 
Winters, besonders wichtig ist auch die Verkehrsinfrastruktur, es muss 
unbedingt eine Pinzgaubahn gebaut werden und der Kapuzinerberg muss auch 
aufgegraben werden, um Platz fuer Autoparkplaetze zu schaffen, in das 
Gesundheitssystem sollte investiert werden und natuerlich in den 
Klimaschutz, da helfen besonders verkehrstechnische Massnahmen, die den 
individuellen Autoverkehr unterstuetzen. Die Kinderbetreuung ist auch ein 
Anliegen: ganz besonders die Tageseltern sollen gefoerdert werden, das sind 
hauptsaechlich Muetter, die, weil sie ja ohnehin Kinder haben, bei sich zu 
Hause noch weitere Kinder betreuen koennen, Ausbildung und 
Betreuungsqualitaet sind in diesem Bereich ebenso wie eine adaequate 
Entlohnung kaum ein Thema, es geht schliesslich um den ideellen Wert der 
familienaehnlichen Rahmenbedingungen, womit wir wieder bei den 
gesellschaftlichen Verhaeltnissen waeren.
Der Buergermeister dieser Stadt hat aus seiner unmittelbaren Betroffenheit 
reagiert. Diese erste emotionale Reaktion ist ernst zu nehmen. Sie hat eine 
Existenzangst benannt, die beinhaltet, dass ein Mensch mit 
Betreuungsverpflichtung auszubildender Kinder gegenueber eine bestimmte 
Geldsumme benoetigt, um nicht nur ueberleben sondern auch leben zu koennen. 
Dieses Recht steht allen in Salzburg lebenden Personen zu.
*Rosi Krenn*
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