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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 23. Oktober 2007; 16:27
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Italien:
> Linke Politik gegen "linke" Regierung
In Italien haben am Samstag Hunderttausende gegen die Sozial- und
Wirtschaftspolitik der Regierung von Ministerpraesident Romano Prodi
demonstriert. Mit roten Fahnen und Che-Guevara-Flaggen zogen sie durch die
Strassen der Hauptstadt. Die Teilnehmer folgten auf Initiative des Partito
della Rifondazione Comunista (PRC) einem Aufruf von Linksparteien, die an
der Regierung beteiligt sind, sowie mehrerer linker Gewerkschaften.
Die Demonstration am 20.Oktober 2007 hatte es sich zum Ziel gesetzt, die
italienische Regierungslinke mit dieser Demo nach eineinhalb Jahren
Prodi-Regierung deren Steuer endlich nach links herumreissen und eine
antimilitaristische, soziale, arbeiterfreundliche, antirepressive etc.
Politik einleiten. Von den vier Parteien der (sich selbst so nennenden)
Regierungslinken, die sich im kommenden Jahr organisatorisch zu einer
Vereinigten Linken zusammenschliessen wollen, lehnte die Demokratische Linke
(SD) von Forschungsminister Fabio Mussi die Demonstration allerdings als "zu
regierungskritisch" ab und die Gruenen wollten sich aus demselben Grund nur
auf Sparflamme beteiligen. Dies ist nur eine der vielen Differenzen
insbesondere zwischen PRC und SD, die nicht nur mit der besonderen
Regierungsfixiertheit des linken Fluegels der frueheren Linksdemokraten (DS,
seit 14.Oktober Teil der Demokratischen Partei) zusammenhaengen, sondern
auch mit dem starken Einfluss hoher Gewerkschaftsfunktionaere der CGIL, die
aengstlich um den Schutz der sog. "befreundeten Regierung" besorgt sind.
In einem Interview fuer die unabhaengige linke Tageszeitung "il manifesto"
vom 9.9.2007 nahm Fosco Giannini zu beiden Themenkomplexen Stellung.
Giannini ist Senator von Rifondazione Comunista und Chefredakteur der
Zeitschrift "l'Ernesto" (http://www.lernesto.it/) und zusammen mit dem
PRC-Abgeordneten Gianluigi Pegolo einer der fuehrenden Koepfe der
gleichnamigen linken Oppositionsstroemung innerhalb der Rifondazione.
(Rosso/akin)
*
Interview mit dem linken PRC-Senator Fosco Giannini zu Linkspartei und Demo
am 20. Oktober.
Giannini: "Die Demo am 20.Oktober ist grundlegend. Das muss eine
beeindruckende und eine Massendemonstration werden. Wir haben uns an dieser
Initiative beteiligt und werden dabei sein. Ein kaempferischer Herbst ist
die einzige Moeglichkeit, um die Dinge, angefangen beim miserablen
Juli-Abkommen" [Anm.: das die Anhebung des Rentenalters in den kommenden
Jahren von 57 auf 62 Jahre vorsieht und die weitere Prekarisierung der
Beschaeftigung foerdert] zu veraendern."
manifesto: Ist das Deiner Meinung nach eine Demo gegen die Regierung?
"Im Gegenteil. Wir muessen mobilisieren, um die Regierung Prodi ‚zu retten'.
Wenn sie weiter bestehen will, dann muss sie sich veraendern. Es erscheint
mir allerdings surreal, zu sagen, dass man die Demonstration organisiert,
dass sie aber nichts mit der Regierung zu tun hat. Das Abkommen vom 23.Juli
hat nicht E.T. verfasst, sondern die Regierung Prodi. Und dieses Abkommen
muss geaendert werden. Diejenigen, die gegen die Demonstration sind,
vergessen einen arbeiterfeindlichen Text, der das 2003 von der Regierung
Berlusconi beschlossene Prekarisierungs-Gesetz Nr. 30 heilig spricht und die
Ueberstunden steuerlich entlastet, wodurch die Arbeitszeit verlaengert und
den Unternehmern ein weiteres Geschenk gemacht wird. Von den Renten wird
bereits gar nicht mehr gesprochen. So als waere das Renteneintrittsalter von
62 Jahren eine bittere Pille, die man bereits geschluckt hat."
manifesto: Siehst Du die Gefahr einer Wiederholung des 9.Juni?[*] Eine leere
piazza und Spaltungen in der Linken?
"Die Demonstration wird dann ein Erfolg, wenn sie ueber klare Losungen
verfuegt. Man muss die Regierung daran erinnern, dass die Leute, die da auf
die Strasse gehen werden, keine Feinde sind, sondern Leute, die sie gewaehlt
haben und die Gehoer finden wollen."
manifesto: Und wenn Ihr kein Gehoer findet?
"Eine harte Reaktion darauf, wie der Rueckzug der linken Minister (oder
zumindest der Minister und Staatssekretaere von Rifondazione Comunista) aus
der Regierung und der Uebergang zu einer Tolerierung von aussen ist nicht
unwahrscheinlich. Die Kommunisten koennen sich nicht zu Komplizen einer
derartigen Politik machen."
manifesto: Was antwortest Du jenen, die von einer moeglichen Rueckkehr der
Rechten sprechen?
"Die wollen auch wir verhindern. Eine derart ruinoese Politik bereitet
allerdings den Boden fuer eine massenhafte Ernuechterung, die zu einem
Aderlass bei den Wahlen und zu einem strategischen und langfristigen Sieg
der Rechten fuehren wird. Man sieht bereits, wie die Ideen der Rechten
innerhalb der Demokratischen Partei auf dem Siegeszug sind. Daran zu denken,
eine Partei der Ordnung ins Leben zu rufen, ist eine Schande. Wie kann man
diejenigen aufs Korn nehmen, die an den Ampeln die Windschutzscheiben von
Autos putzen? Das sind die Untersten, die es ueberhaupt gibt! Ich gebe Dir
ein Beispiel: Ich war in Kalabrien, um einen Arbeiter zu verteidigen, der
von der Mafia angeschossen wurde. Er lag fuenf Monate im Krankenhaus, und
als er in die Fabrik zurueckkommt, entlaesst ihn das Unternehmen, weil er
nicht mehr so arbeiten kann, wie frueher. Was fuer ein Land ist das?"
manifesto: Im kommenden Jahr findet der PRC-Parteitag statt. Siehst auch Du
den "Einheitsgeist", der in den vergangenen Tagen von Claudio Grassi [Anm.
Mitglied der PRC-Fuehrung] beschworen wurde?
"Ich war verbluefft ueber die Tatsache, dass sich Grassi der Idee einer
Foederation der Linken angeschlossen hat. Solange wir zusammen waren, war
die Foederation inakzeptabel. Das ist eine Aufgabe politischer,
finanzieller, kultureller und organisatorischer Souveraenitaet, die eine
neue sozialdemokratische Partei vorbereitet. Die Einheit der Linken in den
Kaempfen (wie beim Kuendigungsschutzartikel 18) ist eine Sache und die
Neulancierung der kommunistischen Autonomie eine andere. Rifondazione
Comunista heisst deshalb so. Es ist uns nicht gelungen, das in voller
Eigenstaendigkeit hinzubekommen. Da stellen wir uns mal vor, was in der
Foerderation daraus wird! Eine kommunistische Partei ist fuer die
Gesellschaft notwendig. Man spricht bereits von gemeinsamen Listen fuer das
naechste Jahr. Was soll das heissen? Dass wir unser Parteisymbol aufgeben?
Das lehnen wir ab!"
manifesto: Werdet Ihr auf dem Parteitag einen eigenen Leitantrag
praesentieren?
"Ueber diesen Parteitag weiss man bislang noch wenig. Ich fordere jedoch
alle dazu auf, sich nicht zu verstecken. Wer fuer das ‚Rote Ding' ist,
sollte das klar und deutlich sagen. Und wer nur regieren will, sollte nicht
darum herumreden. Wir sind dagegen!" ###
*
Anmerkung:
*An der Demonstration des radikalen Teils der Anti-Kriegs-Bewegung
(einschliesslich der COBAS, der Centri Sociali, der Jugendorganisation und
des linken Fluegels von Rifondazione Comunista) gegen den Bush-Besuch in Rom
beteiligten sich offiziell -- nach "italienischen Zahlen" -- "150.000" (real
8.000 bis 10.000) Menschen, an der separaten Kundgebung der Regierungslinken
offiziell gerade mal "500" Leute. Real waren es sogar nur 40-50
Funktionaere!
Das Interview fuehrte fuer il manifesto Matteo Bartocci. Uebersetzung:
www.linkezeitung.de. Der Name "Rosso" steht
fuer ein Mitglied des
Gewerkschaftsforums Hannover.
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