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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 16. Oktober 2007; 16:49
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Glosse:

> Es hat net sollen sein...

Zur gruenen Bleiberechtsdemo

Im Rahmen des Demoaufrufes der Gruenen zum Thema "Schluss mit der
Unmenschlichkeit" gab es seitens der OrganisatorInnen eine Einladung zu
einem Redebeitrag an die OeH. Die OeH (die in das Antifa-Buendnis involviert
ist) wollte die Redezeit in Anspruch nehmen. Doch - Ueberraschung - vor Ort
wurde informiert, dass keine Redezeit zur Verfuegung steht! Denn die Gruenen
hatten, wie immer, bereits genug in der Oeffentlichkeit sehr bekannte Leute
fuer ihre Buehne vorraetig. Mehrmalige Interventionen, die Redezeit zur
Verfuegung zu stellen, wurden kategorisch abgelehnt und die Verhandlerinnen
abgeschasselt. Auch als eine Rednerin ausgefallen war, und also diese frei
gewordene Zeit locker ausgereicht haette, blieb jener Organisator hart.

Unter anderem wurden wir darauf hingewiesen, dass auch Genner von Asyl in
Not nicht auf die Buehne duerfe, weil er zu "radikal" sei und vielleicht
dem/der einen oder anderen prominenten Redner oder Rednerin die Lust auf die
Buehne vertreiben haette koennen ...

Wir finden diese platten Ausgrenzungen durch gruene Macher und
beispielsweise auch das bereits institutionalisierte Promigetue statt
Basisarbeit zum Kotzen, genauso wie die Vorfuehrung von Opfern rassistischer
Politik in eventartigen Protestveranstaltungen. Zwischen notwendiger
Oeffentlichkeitsarbeit und beinhartem politischem Kalkuel besteht naemlich
ein eklatanter Unterschied.

Solidarische und feministische Gruesse

*Einige "Verhandlerinnen"*

*

Aus dem (nicht gehaltenen) Redebeitrag des
Antifa-Buendnisses:

Hier einige Worte zum Thema "Integration": Die Asylverfahren laufen seit
Jahren, die Betroffenen hatten das Glueck, ueberhaupt zu einer
Rechts-Beratung zu kommen. Derzeit gibt es angeblich knapp 17.000 Personen,
die seit mehr als drei Jahren ein Asylverfahren laufen haben. Die
Bestrebungen der Behoerden, aber auch der PolitikerInnen sind u.a. gerade
diese Beratung und Rechtshilfe moeglichst zu unterbinden, um es nicht zu so
langen Verfahren kommen zu lassen (abgesehen davon, dass Mensch sich die
Kosten fuer die Anwaeltin/den Anwalt erst einmal leisten koennen muss, denn
die Verfahren sind teuer). Entrechtung ist hier die "Abhilfe" die sich diese
Schreibtischtaeter mit Zustimmung der Mehrheitsbevoelkerung vorstellen!
Kriminalisierung!

[...]

UND WIEDER EIN "FALL", der soeben in den Medien auftaucht: Wir lesen da in
den Medien: Steyr: Asylwerber rammte sich Messer in den Bauch. Zitat dieses
Mannes: "Hier haben Hunde ein besseres Leben als Menschen aus Afrika" - das
ist traurig - aber er weiss vermutlich ganz genau, wovon er spricht. Er
hatte nach Erhalt eines negativen Bescheides durch Flugblaetterverteilen auf
seine Situation aufmerksam machen wollen und seine Absicht, sich vor einer
Abschiebung lieber umzubringen, mitgeteilt.

Dies sind die Ergebnisse einer Rasterfahndung im Auftrag von Platter - und
seine willfaehrigen Beamten erfuellen seine platte Gangart nur zu gerne.
Nach und nach werden "Haertefaelle" bekannt! Immer mehr. Dramatische
Schicksale. Und wir sehen eine Bevoelkerung, die klar vor Augen hat, wie mit
Menschen aus anderen Laendern, die nun seit geraumer Zeit mitten unter ihnen
leben, ploetzlich umgegangen wird. Das schmerzt. Wahrlich. Das regt Gefuehle
der Empoerung. Zumal in den Medien immer und immer wieder von "langjaehrig
Integrierten" und hier fast ausschliesslich von "Familien" die Rede ist.
Quer durch die Lager - bishin zu Haider - es geht um zerrissene "Familien"
und das Familienbild in dieser Gesellschaft!

WAS IST INTEGRATION? Am Beispiel des GRUeNEN BLEIBERECHTSANTRAGES
aufgrund von "sehr guter, langjaehriger Integration" - und "im Klartext: Wenn nicht
gravierende Interessen der oeffentlichen Sicherheit dem entgegen stehen",
Zitat Wien direkt 3/2007):

WAS IST INTEGRATION und WER BESTIMMT, WER INTEGRIERT
IST, UND WAS BEDEUTET DIESE UNVERMEIDLICHE
BEDINGUNG der "INTEGRATION"? Wie gut z.B. waere eine
schwarze Frau, ohne Familienanhang oder auch mit, "integriert", wenn sie
doch keine andre Wahl haette, als jene: als Prostituierte zu arbeiten. Weil
das tatsaechlich eine "legale" Moeglichkeit fuer asylsuchende Frauen IST, um
zu Geld zum Leben zu kommen. Hier in Oesterreich ist das so. Wuerden wir
hier alle auch von "gut integriert" sprechen? Was sagt ihr?

Und doch ist es tagtaegliche Realitaet von Frauen, die um Asyl angesucht
haben, diesen "Job" zu tun, um zu ueberleben. Wer oder was bestimmt also,
was "langjaehrig gut integriert" bedeutet? Die Fremdenpolizei? Der Minister,
seine Beamten? Der Nachbar etwa, oder der Buergermeister? Das Jugendamt, die
Schule, der Kindergarten? Hallo! Wuerde das irgendjemand von Euch wollen,
wuerde sie oder er so durchleuchtet und beurteilt? Nein? Eben! Was bedeutet
also dann diese konsensuale Forderung nach einem "Bleiberecht fuer
"langjaehrig, gut integrierte Familien"? Welche Konsequenzen hat diese
Forderung? [...]

WO SIND DIE FRAUEN? Es kommen doch zunehmend durch die
Gesetzesverschaerfungen, Schengen und das Dublin-Abkommen nur mehr wenige,
einzelne Maenner zu uns ueber die Grenzen. Frauen mit Kindern schaffen dies
nur ganz schwer. Dabei sollte aber bekannt sein, dass der ueberwiegende
Anteil an Fluechtlingen weltweit FRAUEN UND KINDER SIND! Sie haben kaum eine
Chance und auch nicht die Ressourcen, ueberhaupt in diesen "Westen" zu
gelangen.

Hier bin ich wieder beim Motto dieser heutigen Demonstration: "Human Ribbon,
Schluss mit der Unmenschlichkeit", und dem immer und immer wieder
gebetsmuehlenartig angesprochenen Personenkreis in dieser Forderung,
naemlich die seit Jahren gut integrierten "Familien". "Wir sind das
menschliche Oesterreich", lese ich hier auf der Einladung zur Demo. Klingt
schoen. Wirkt auch! Ist aber in Anbetracht dessen, was seit den
Verschaerfungen der Gesetze vor wenigen Jahren, auch in diesem Land los ist,
eine gefaehrliche politische Schiene. Denn es ist aufgrund dieser
gebetmuehlenartig wiederholten Forderung in Bezug auf einen klar
abgegrenzten Personenkreis anzunehmen, dass diese zugegebenen - "Haerten" -
einer humanen Gnade von uns menschlichen StaatsbuergerInnen mit weisser
Hautfarbe und EU-Pass zugefuehrt werden.

Und was kommt dann? Sind dann die Luken dicht? Noch dichter? Wie lautet dann
die "menschliche" Parole?

Darueber denken wir nach, weil es UNS ALLE BETRIFFT UND MIT UNS ALLEN ETWAS
MACHT, NICHT NUR MIT DEN "ANDEREN"! Diese Kritik richtet sich gegen die
derzeit ueberall in der EU, bzw. weltweit herrschende Politik, die in sich
rassistisch, nationalistisch, sexistisch und propagandistisch ist und diese
Zustaende auch noch fest zementiert. Das ist ueberlegenswert, wenn wir von
"Menschlichkeit" reden, die bis hierher und nicht weiter geht!

"Integration", die in Wahrheit Assimilationszwang bedeutet, ist keine
Integration. Die Spaltung in die "Guten" und die "nicht Guten", also die
nicht "Brauchbaren", die wir dann in den privaten, gecharterten Flieger
setzen nach dem "Aus den Augen aus dem Sinn-Prinzip", ist Selektion und
impliziert Rassismus und Macht der Staerkeren!

[...]

RASSISMEN, NATIONALISMUS UND KAPITALISTISCHE
VERWERTUNGSLOGIK:
Die Conclusio und damit die allererste Forderung nach einer wesentlichen
Verbesserung - gegen die gesetzlich verankerte und gut in unsere Gesellschaft
integrierte kapitalistische Verwertungslogik im Rahmen rassistischer, sexistischer
und patriarchaler Muster - ist doch die oft wiederholte Forderung "Bleiberecht
fuer ALLE und AUF DAUER", findet ihr nicht?

Wir glauben, dass es sich lohnt, dafuer zu kaempfen, Viele dafuer zu
gewinnen und unsere Forderungen durchzusetzen! Ich danke fuer die
Aufmerksamkeit und sag euch noch zum Abschied: denkt doch bitte drueber
nach, fasst Euch ein Herz! "Auf Widerstand"

Kommt zur grossen Demo des Antifa-Buendnisses am 17. November 2007.
Watch out for Flyers!
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(Quelle und Volltext der Rede: Widerst{AT}ndsMUND, 11.10.2007)



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