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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 16. Oktober 2007; 16:41
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Daenemark:
> EU-Terrorliste vor Gericht
Ist die Geldspende fuer eine Radiostation oder die Druckerpresse einer 
Guerillagruppe Unterstuetzung von Terrorismus oder Widerstandskampf?
Ende September begann in Kopenhagen ein Prozess, bei dem das 
Justizministerium eigentlich mit einem Schnellverfahren gerechnet hatte. 
Doch nun scheint er sich zu einem Verfahren ueber Sinn und Unsinn der 
«Terrorlisten» zu entwickeln: Listen ueber terrorverdaechtige Organisationen 
und Einzelpersonen, die von der US-Regierung aufgestellt und danach ohne 
groessere Pruefung von den Vereinten Nationen und der EU uebernommen werden.
Angeklagt sind in Daenemark sieben AktivistInnen, die im Januar 2006 die 
Firma "Fighters and Lovers" gegruendet hatten. Sie verkauften T-Shirts, auf 
welchen die Symbole der kolumbianischen Farc-Guerilla und der 
palaestinensischen Befreiungsfront PFLP gedruckt sind. Mit dem Erloes aus 
dem Verkauf wollten die AktivistInnen eine Radiostation der Farc und eine 
Druckerei der PFLP unterstuetzen. Bis die Behoerden reagierten, waren rund 
5200 Franken zusammengekommen.
Knast wegen Mikrofonen
Laut dem Antiterrorgesetz, das sich auch Daenemark 2002 nach den Anschlaegen 
vom 11.September 2001 zugelegt hat, ist die finanzielle Hilfe fuer 
terroristische Organisationen eine «Unterstuetzung von Terrorismus» und wird 
mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft. Aus diesem Grund setzte die 
zustaendige Justizministerin Lene Espersen zwei Monate nach dem 
Verkaufsstart der T-Shirts die Anklagemaschinerie in Gang. Die Begruendung: 
Farc und PFLP seien schliesslich auf der Terrorliste der EU. Auch wenn das 
gesammelte Geld nicht fuer Waffen oder Munition, sondern fuer Mikrofone und 
eine Druckerpresse bestimmt sein sollten, sei darin die Unterstuetzung von 
Terroraktivitaeten zu sehen.
Das Gericht sieht das offensichtlich anders und will nun zu einer 
umfangreichen Beweisaufnahme laden, die sich ueber Monate hinziehen koennte. 
Es rechtfertigt seine Entscheidung mit einem Nebensatz, den das daenische 
Parlament in der Antiterrorgesetzgebung einbaute und der im Hinblick auf den 
Terrorismus den «legitimen Staat» definiert : Der «legitime Staat» gruende 
seine Existenz auf Grundrechte wie Gleichheit, Freiheit und fundamentale 
demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien, sagte das Parlament. In 
Erinnerung war Abgeordneten dabei wohl nicht nur die Geschichte der 
Widerstandsbewegung des eigenen Landes gegen die deutsche Nazibesetzung, 
sondern beispielsweise auch die umfassende Hilfe, welche die 
suedafrikanische Befreiungsbewegung beim Kampf gegen das Apartheidregime 
einst von Daenemark erhalten hatte.
«Israel uebt eine voelkerrechtswidrige Besatzungspolitik aus. Die 
kolumbianische Regierung hat in den letzten Jahrzehnten Zehntausende 
politische Gegner ermorden lassen. Farc und PFLP sind damit eine Konsequenz 
aus einem staatlichen Terror gegen die Zivilbevoelkerung», sagt Bobby 
Schultz von "Fighters and Lovers". Widerstand gegen eine illegitime 
Staatsgewalt habe das Antiterrorgesetz ja explizit nicht mit einbeziehen 
wollen, weshalb auch die Gesetzgebung hier nicht greifen koenne.
Politisch opportun
Inwieweit sich die "Fighters and Lovers" strafbar gemacht haben, haengt 
jetzt folglich davon ab, zu welchem Ergebnis die Beweisaufnahme ueber die 
demokratische und rechtliche Situation in Palaestina und Kolumbien sowie 
ueber die Aktivitaeten der Farc und der PFLP fuehrt. Der Anwalt von 
"Fighters and Lovers", Thorkild Hoyer, sieht die beiden nicht
als Terrororganisationen: «Es sind Freiheitsbewegungen, auch wenn sie Fehler 
machen, die im politischen Kampf eben vorkommen, beispielsweise zum 
Kidnapping greifen.» Ob Gewalt als legitim oder illegitim eingeordnet werde, 
sei eine politische Bewertung, die zum grossen Teil erst nachtraeglich aus 
historischer Perspektive erfolge. Es werde spannend sein, wie das Gericht 
dies juristisch in den Griff bekommen wolle. Die Terrorlisten von UNO und EU 
stellten solche Erwaegungen gar nicht erst an. Fuer Hoyer sind sie das 
«Resultat eines politischen Opportunismus». Auch Professor Henning Koch von 
der juristischen Fakultaet der Kopenhagener Universitaet bewertet es 
positiv, dass das Gericht eines EU-Landes der Terrorliste aus Bruessel 
ausdruecklich keinen eigenen strafrechtlichen Beweiswert zumisst: «Die 
Existenz eines Widerstandsrechts gegen illegitime Staatsmacht wird damit 
anerkannt.» Und damit das Recht, eine Widerstandsbewegung finanziell 
unterstuetzen zu koennen, ohne dadurch mit der Antiterrorgesetzgebung in 
Konflikt zu geraten.
(Reinhard Wolff, in: WoZ 41/07)
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