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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 16. Oktober 2007; 16:51
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Kommentare der Anderen

Das Al Gore den Friedensnobelpreis zugesprochen bekommen hat, ist nicht
unbedingt nach aller Leute Geschmack -- und die Kritiker sind nicht nur
Mitglieder der Umweltverschmutzerlobby. Im Folgenden Stellungnahmen von Jan
Oberg von der Transnational Foundation for Peace and Future Research (TFF)
und der deutschen Organisation "Rettet den Regenwald":


> Friedensnobelpreis als Farce

Alfred Nobel schrieb in seinem Testament, dass der Friedenspreis an
diejenige Person verliehen werden soll, "welche die meiste oder beste Arbeit
fuer die Bruederlichkeit zwischen den Nationen, fuer die Abschaffung oder
Reduzierung von stehenden Heeren und fuer die Abhaltung von
Friedenskongressen leistet".

Ohne die Bedeutung der globalen Erwaermung oder die Arbeit der diesjaehrigen
Preistraeger - des UNO-Klimarat "Intergovernmental Panel on Climate Changes
(IPCC)" und Al Gore Jr. -- zu schmaelern, ist es dennoch hoechst
fragwuerdig, ob dies fuer den FRIEDENS-Nobelpreis im Sinne Alfred Nobels
qualifiziert, selbst wenn man die heutige geopolitische Situation
beruecksichtigt und nicht diejenige von 1895, als Nobel seine Vision
formulierte.

Das Konzept und die Definition von Frieden sollte auf jeden Fall breit sein.
Aber keiner der Preistraeger hat soviel beigetragen wie Tausende andere
Personen und NGO's, die ihr Leben fuer den Kampf gegen Militarismus,
Nuklearismus und Kriege sowie fuer Gewaltvermeidung, Toleranz,
Friedensarbeit, Versoehnung und Zusammenleben eingesetzt haben - die
Kernthemen des Friedens - Nobelpreises.

Es ist auch bedauerlich, dass der Preis fuer regierungsnahe Taetigkeit
vergeben wird, und nicht an zivilgesellschaftliche Initiativen oder
Nichtregierungsorganisationen, weil damit implizit mitschwingt, dass
Regierungen und nicht die Menschen Frieden schaffen.

Besonders Al Gore fiel als Vizepraesident unter Bill Clinton von 1993 bis
2001 nie als grosser Mann des Friedens auf. Die Clinton/Gore-Administration
trieb ein Programm voran, das US-Militaereinrichtungen weltweit ausbaute und
militaerische Allianzen mit vielen Laendern um Russland herum forcierte -
und versaeumte die historische Chance, eine neue Weltordnung aufzubauen.

Gegen internationales Recht und ohne Mandat des UN-Sicherheitsrates
bombardierten sie Serbien und Kosovo, und sie bombardierten Afghanistan und
Sudan.

Der Preis waere der Umwelt zugute gekommen, wenn er an jemanden gegangen
waere, der gegen militaerische oder andere gewaltsame Einfluesse auf unsere
Umwelt kaempft: militaerische Verschmutzung, tausende von Basen und
Manoevern die die Natur zerstoeren, beabsichtigte Umwelt-Kriegsfuehrung,
Militarisierung des Weltraums und der Ozeane, und natuerlich nukleare
Waffen, die wenn sie verwendet werden, mehr Hitze als die globale Erwaermung
erzeugen.

Das norwegische Nobel-Komitee besteht aus Mitgliedern, die wenig bis gar
keine Erfahrung mit Friedenstheorie und -praxis haben. Das kann jedoch keine
Entschuldigung dafuer sein, aus dem Friedensnobelpreis eine Farce zu machen.

Das Prestige des Nobelpreises wurde weiter geschmaelert - neben der
Tatsache, dass er nie an Gandhi verliehen wurde, sondern an Leute wie
Kissinger, Shimon Peres und Arafat.
(Jan Oberg, TFF)
Ue: Stefan Mayer, DAZ

*

> Nobelpreis fuer den Kolonialherren

"Vordergruendig kaempft er fuer den Klimaschutz, aber mit seinem Engagement
fuer Agrarenergie stiftet er weltweit Unfrieden fuer Millionen Menschen auf
der Suedhalbkugel", sagte der RdR-Vorsitzende Reinhard Behrend. Schon Anfang
des Jahres haetten zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsgruppen etwa aus
Argentinien und Suedafrika Al Gore auf die zerstoererischen Folgen von
Agrarenergie fuer das Klima, die Waelder, die Artenvielfalt und die
Welternaehrung hingewiesen.

Der frisch gekuerte Friedensnobelpreistraeger war einer der Starredner auf
dem Kongress fuer "World Biofuels Markets" in Bruessel im Maerz 2007 und
zwei Monate spaeter auf dem "First Biofuels Congress" in Lateinamerika in
Argentinien. Dort hatten Umwelt- und Menschenrechtsgruppen Al Gore im
Vorfeld als "neuen Kolonialherren und Protagonisten fuer Globalisierung"
bezeichnet.

Zahlreiche namhafte Wissenschaftler haben inzwischen vor den katastrophalen
Folgen des Agrarenergie-Booms gewarnt, darunter auch der deutsche
Nobelpreistraeger fuer Chemie, Hartmut Michel. Erst kuerzlich hat er in
einem Interview erklaert: "Mit Agrarkraftstoffen werden keine CO2-Emissionen
eingespart."

Dramatische Folgen fuer Indigene Voelker befuerchtet Victoria Tauli-Corpuz,
Vorsitzende des UN Forums fuer Indigene Angelegenheiten. Die
explosionsartige Ausbreitung von Agrarpflanzen zerstoere traditionelle
Kulturen und vertreibe die Betroffenen in die grossen Staedte. "Die UN geht
allein in der indonesischen Provinz West-Kalimantan auf Borneo davon aus,
dass fuenf Millionen Indigene durch neue Agrarenergie-Plantagen vertrieben
werden", so Victoria Tauli-Corpuz im Mai 2007 vor der Presse.

Der bekannte Soziologe und fruehere Schweizer Parlamentarier Jean Ziegler,
inzwischen UN-Sonderbotschafter fuer das Recht auf Nahrung, warnte im Juni
2007: "Die Produktion von Agrartreibstoffen kann weltweit zu
Hunderttausenden zusaetzlichen Hungertoten fuehren." Ziegler beschuldigt die
EU, Japan und die USA der "totalen Heuchelei", weil sie Agrartreibstoffe
foerderten, um ihre eigene Abhaengigkeit von Oelimporten zu verringern.
Dadurch erhoehe sich der Druck auf Land, das fuer Nahrungsmittelproduktion
benoetigt werde.

Nach Auffassung von Rettet den Regenwald ist Al Gore durch sein Engagement
fuer Agrarenergie mitverantwortlich fuer Hungertote, Artensterben,
Klimawandel und Menschenrechtsverletzungen. "Agrarenergie rettet nicht das
Klima, sondern zerstoert Regenwaelder, Savannen und Moore und heizt damit
die Klimakatastrophe sogar zusaetzlich an", so Reinhard Behrend.
"Kleinbauern und Indigene werden brutal von ihren Laendereien vertrieben.
Als Konkurrenz zum Nahrungsmittelanbau verschaerft Agrarenergie den
weltweiten Hunger und wird zum sozialen Sprengsatz." Fuer einen prominenten
Agrarenergie-Befuerworter duerfe es niemals einen Friedenspreis geben.
(Aussendung Rettet den Regenwald)



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