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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 18. September 2007; 17:07
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Glosse:

Von Oberhaeuptern, Hobbyfilmern und Siegessymbolen

Na endlich! Endlich ist der Terror in Oesterreich! Jahrelang hofften
Polizei, rechtsextreme Parteien und Journaillie, irgendwas zu finden, was
man als "islamistischen Terror" charakterisieren kann, und nun ist es
soweit! "Wien: Terrorzelle ausgehoben" titelte in Riesenlettern der
ansonsten wenig zu Hysterie neigende "Standard" am 13.September. Dazu das
anonymisierte Bild eines Verdaechtigen zusammen mit finster dreinblickenden
Cobra-Polizisten. Bombenbauwerkstaetten, Waffenlager, der freundliche Muslim
von nebenan als Schlaefer-Attentaeter -- das sind die Assoziationen bei
solchen Schlagzeilen. In Wirklichkeit jedoch nichts von alledem: Die
"Terrorzelle" waren nur ein paar stadtbekannte Spinner, die ein bloedes
Video gedreht haben, das so gut wie niemand in der Bevoelkerung auch nur
bemerkt hat -- was ist das gegen 16 Stunden-Liveberichterstattung ueber den
Papstbesuch!?

Genau das ist naemlich das Problem: Auch wenn es nach wie vor keine klare
Trennung zwischen Staat und Kirche in der oesterreichischen Verfassung gibt
und wegen des Konkordats gar nicht geben kann, so ist dieser Staat doch
offiziell saekular und wahrt genauso offiziell Aequidistanz zu allen
Religionen. Die rechtlichen Bestimmungen bezueglich Religionen sind --
zumindest fuer die anerkannten Glaubensgemeinschaften -- fast alle im Sinne
der Gleichberechtigung formuliert. Die Praxis sieht anders aus: Schwarz,
blau, orange und zum Teil auch das Fussvolk der Sozialdemokraten machen
einen Riesenaufstand bezueglich der Errichtung von Minaretten. Herr Strache
meinte gar, ein Minarett sei ein Siegessymbol fuer die Herrschaft des
Islams. Damit hat er zwar nicht voellig unrecht, aber was sind die paar
tausend Kirchtuerme in Oesterreich denn anderes? Religionen sind per se
autoritaer und wollen herrschen, und wenn man will, dass nur Christen
Herrschaftssymbole aufstellen, dann muss man das auch klar sagen. Ansonsten
gilt, dass auch Muslimen erlaubt sein muss, ihre Symbole aufstellen zu
duerfen -- selbst wenn sie das wie im vorliegenden Fall in der Brigittenau
gar nicht wollten.

Wenn man sich da hingegen den Papstbesuch anschaut: Da kommt das Oberhaupt
eines Staates, der mittlerweile weltweit so ziemlich der einzige ist, der
sich nicht scheut, seine autokratische Verfasstheit zuzugeben -- und kein
Mensch schreit: "Schurkenstaat!" Nun ist das bei der staatlichen Bedeutung
des Vatikans gluecklicherweise zwar eher powidl, aber immerhin kommt auch
das Oberhaupt einer Kirche, die partout nichts von Demokratie wissen will --
und die Bedeutung dieser Kirche ist alles andere als gering. Viele der
einfachen Mitglieder hierzulande wollten diesbezueglich aber schon mit dem
Papst darueber diskutieren. Doch das geht so einfach abzuwinken: Dies sei
nur eine Pilgerreise, verlautbarte der Vatikan; "ein Fest" assistierte
Kardinal Schoenborn. Komischerweise inszenierte die Republik aber dann doch
einen Staatsbesuch: Die Bundesregierung inklusive sozialdemokratischem
Kanzler stand andaechtig im Regen und lauschte den weisen Worten eines
einfachen Pilgers und selbst der bekennende Agnostiker Heinz Fischer
biederte sich "Seiner Heiligkeit" an.

Sicher, Katholiken drehen keine Drohvideos! Wozu auch, haben die Bischoefe
doch ganz andere Moeglichkeiten, ihre Ansichten der hohen Politik und der
Oeffentlichkeit nahezubringen. Und sie versuchen auch nicht verzweifelt,
irgendwo gegen den Willen der Bevoelkerung eine Kirche zu errichten -- denn
diese Herrschaftssymbole inklusive naechtlicher Laermbelaestigung durch
Glockengelaeut zu hoeheren Ehren Gottes sind ja nach Jahrhunderten zum Teil
gewaltsamer Missionierung und Gegenreformation akzeptiert.

Natuerlich ist es nicht sinnvoll, die Auseinandersetzung mit religioesem
Fundamentalismus zu vermeiden. Religionen sind nunmal eine Gefahr fuer
Frieden und Aufklaerung. Aber dann muss man sie allesamt in die Schranken
verweisen und eben eine echte Aequidistanz wahren. Dann darf man auch nicht
die Aktivitaeten einiger laeppischer Hobbyfilmer zur dritten
Tuerkenbelagerung hochstilisieren, nur damit die Politik einen Aussenfeind,
die Polizei einen Aufruestungsgrund und der Boulevard Schlagzeilen bekommen.
*Bernhard Redl*


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