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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 18. September 2007; 16:59
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Geschichte/Aufarbeitung:
> Spaete Ehre fuer Deserteur
Am 4.9.2007 fand im Wiener Rathaus eine Ehrung fuer den Wehrmachtsdeserteur 
Richard Wadani statt. Wadani hatte im Juni das Ehrenzeichen fuer Verdienste 
um die Befreiung Oesterreichs von Bundespraesident Fischer erhalten. Die 
wurde vom gruenen Gruenen Klub im Wiener Rathaus organisiert, die 
Begruessung erfolgte durch Stadtrat Ellensohn. Fuer die Laudatio konnte 
Univ. Prof. Walter Manoschek gewonnen werden, der vor einigen Jahren ein 
umfangreiches Standardwerk ueber die Opfer der NS-Militaerjustiz 
herausgegeben hat. Und die Schlussansprache hielt selbstverstaendlich 
Richard Wadani selbst.
62 Jahre nach Kriegsende werde mit Richard Wadani erstmals ein Deserteur in 
Oesterreich offiziell geehrt, befand David Ellensohn zu Beginn der Feier. 
Weiters verwies er u.a. auf die wichtige Rolle Wadanis bei der Aberkennung 
des Ehrengrabs des Nazifliegers Nowotny, gegen die sich die FPOe vehement 
und erfolglos gewehrt hatte, und erinnerte an die Deserteursbeschimpfungen 
von Seiten der blauorangen Regierungspartei im Jahr 2005 (Justizministerin 
Miklautsch: Deserteure sind feige oder kriminell; Bundesrat Kampl: 
Deserteure als Kameradenmoerder, brutale Verfolgung von Nazis nach dem 
Krieg).
Dem Stereotyp vom feigen Wehrmachtsdeserteur trat v.a. auch Laudator Walter 
Manoschek entgegen. Weit mehr als 1000 oesterreichische Deserteure wurden 
hingerichtet und Richard Wadani riskierte nicht nur bei seinem misslungenen 
und bei seinem erfolgreichen Desertionsversuch sein Leben, sondern auch, als 
er als Wehrmachtskraftfahrer Partisanen mit Treibstoff versorgte und durch 
die Verteilung von Lebensmitteln an Zivilisten in den besetzten Gebieten. 
Dies sei dann wohl die Kriegsgeschichte eines "Feiglings", fuegte Manoschek 
an. Er zitierte auch FPOe-Sozialminister Haupt, der meinte, Haftzeiten wegen 
Desertion koennten nicht als Pensionsersatzzeiten gelten, da die Desertion 
im Zeitpunkt der Begehung auch nach oesterr. Recht strafbar war oder gewesen 
waere. - Wer das Glueck hatte, als Deserteur nicht hingerichtet zu werden, 
sondern Konzentrationslager o.ae. zu ueberleben, wurde in der 2.Republik 
nochmals bestraft, obwohl die Desertion aus einer fremden Armee erfolgte, so 
Manoschek. (Mitglieder der Waffen-SS hatten keine Schwierigkeiten mit der 
Anrechung ihrer Nazi"arbeits"phasen.)
Richard Wadani legte besonderen Wert darauf, dass es bei der Ehrung nicht um 
(s)eine Person gehe, sondern um alle Opfer der NS-Militaerjustiz - 
Kriegsdienstverweigerer, Deserteure, Selbstverstuemmler, Saboteure. Im 
Parlament sei man gegen die schwarzblaue Reaktion angerannt, im Wiener 
Gemeinderat habe auch Angst vor der Kronenzeitung geherrscht, 
charakterisierte Wadani die schwierigen Bemuehungen der letzten Jahre. Dann 
stellte er nochmals die Sachverhalte klar: Wenn jemand sage, wir sind 
Verraeter, dann stehe er auf der Seite des Naziregimes. Wer fuer das 
Naziregime bewusst gekaempft habe, habe gegen Oesterreich gekaempft. 
Ausserdem formulierte Richard Wadani aktuelle Forderungen: Fuer 
Wehrmachtsdeserteure muesse eine aehnliche Kampagne gestartet werden wie vor 
einiger Zeit von der blauorangen Sozialministerin Haubner fuer die 
"Truemmerfrauen" (Inserate in 51 Zeitungen, 6 grosse Veranstaltungen) - 
Wehrmachtsdeserteure meldet euch und meldet eure Ansprueche an! Es solle 
finanziell ermoeglicht werden, dass eine in Deutschland erfolgreiche 
Ausstellung zum Thema in adaptierter Form nach Oesterreich kommen koenne. 
Oesterreich brauche ein Deserteursdenkmal (in Deutschland gibt es schon 30). 
Ende Oktober oder Anfang November wird wieder die jaehrliche Kundgebung bei 
der Hinrichtungsstaette in Kagran stattfinden. Wadani aeusserte den Wunsch, 
dass es dabei heuer zu einer kraftvolleren Demonstration als bisher kommen 
moege.
*August Faschang*
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