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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 4. September 2007; 16:44
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Wien/Wohnen/Glosse:
> Panorama fuer alle!
Wohin man auch blickt: es wird privatisiert. Ein Rundblick ergibt, dass 
laengst nicht nur staatliches und kommunales Eigentum der Oeffentlichkeit 
entrissen wird, sondern auch Gueter, die bislang als oeffentlich galten. So 
werden in Wien immer mehr Menschen vom schoenen Ausblick ueber Wien 
ausgeschlossen. Die Privatisierung des schoenen Ausblicks ermoeglicht einen 
Einblick in die neoliberal gewendete Stadt- und Raumplanung der Wiener 
Sozialdemokratie.
Panorama fuer alle war bis vor einigen Jahrzehnten eine 
Selbstverstaendlichkeit. Auf die Idee, Menschen mittels Privatisierung von 
Plaetzen auszuschliessen, von denen man einen herrlichen Blick ueber die 
Stadt geniessen kann, waere niemand gekommen. Der schoene Ausblick hatte 
daher die Qualitaet eines oeffentlichen Gutes; jetzt ist er Ware und keine 
billige noch dazu, wie u.a. das im Sommer 2007 eroeffnete Luxushotel am 
Kahlenberg beweist.
Beispiel 1: Der fruehere Sauberg als Aussichtsberg der Saureichen
Frueher hiess der Kahlenberg aufgrund der grossen Wildschweinpopulation 
Sauberg. Jetzt wird der Wiener Hausberg zu einem Aussichtsberg der 
Saureichen. Das "Austria Trend Hotel Kahlenberg" wirbt mit einem 
"atemberraubenden 360° Ausblick", der "ein Unikat" ist und "das Auge 
ezaubert". Dass das Glasmonster, das sich Hotel nennt, Sicht nimmt, Raum 
einnimmt, Menschen, die sich das "einzigartige Ambiente", das "exorbitante 
Styling" nicht leisten koennen, von einem der schoensten Plaetze Wiens 
verdraengt, truebt die Aussicht der reichen Gaeste nicht, die sich den Blick 
auf Wien 200 Euro pro Nacht kosten lassen. Wobei angemerkt werden muss, dass 
die Suiten letztlich als luxurioese Wohnungen zu betrachten sind und in Form 
von Suiten bloss deshalb vermietet werden, weil die Baubewilligung nur fuer 
ein Hotel erteilt wurde.
Beispiel 2: Parasitaere Architektur - der Sozialbau als Podest fuers 
Penthouse
Vorbei sind auch die Zeiten, in denen oeffentlich gefoerderte Bautraeger 
einen utilitaristischen Ansatz verfolgten. Am groesstmoeglichen Glueck fuer 
die groesstmoegliche Zahl orientieren sie sich heute immer seltener. In den 
70er und 80er Jahren wurden noch fuer alle MieterInnen zugaengliche 
Dachzonen als kommunikative Zentren der Anlagen und als Erholungsoasen in 
luftiger Hoehe realisiert. Die Dachschwimmbaeder des Wohnparks Alt Erlaa, 
von denen aus man einen wunderbaren, freien Blick ueber den Sueden Wiens 
hat, sind wohl das bekannteste Beispiel fuer die erwaehnte architektonische 
Haltung, die allerdings im Schwinden ist. Jetzt werden mit oeffentlichen 
Mitteln Wohnhochhaeuser realisiert, um subventionierten Wohnungen frei 
finanzierte Penthaeuser aufsetzen zu koennen, wie das bei den Wohntuermen 
der Sozialbau AG auf der Wagramer Strasse geschehen ist. Der Grund ist ganz 
einfach: Penthaeuser koennen nicht schweben, sie brauchen einen Podest. Dass 
die sozialdemokratische Sozialbau AG diesen Podest aus Steuermitteln 
errichtet, ist ein Skandal, der kaum wahrgenommen wird. Die Penthaeuser 
docken sodann wie Parasiten auf dem Ruecken von Sozialwohnungen an; 
Wohnungen, deren MieterInnen nie in den Genuss kommen werden, einen Blick 
vom Dach zu tun. Die von ihnen bezogenen Etagen geben nur den Blick auf das 
Nachbarhaus frei. Der schoene Blick wurde privatisiert.
*Roman Gutsch*
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