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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 28. August 2007; 14:37
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Justiz/Schwulesbisch:

> 5 Jahre Aufhebung des §209

Eine Rehabilitierung von Verurteilten findet auch weiterhin nicht statt

Am 14.08.2002 ist § 209 Strafgesetzbuch, das letzte anti-homosexuelle
Sonderstrafgesetz, ausser Kraft getreten, der fuer maennlich-homosexuelle
Kontakte eine Mindestaltersgrenze von 18 Jahren festgelegt hatte, waehrend
fuer heterosexuellen und lesbischen Sex eine Altersgrenze von 14 galt. Auf
den Tag genau fuenf Jahre spaeter wurde nun ein Urteil des OGH zugestellt,
das an zynischer Wirkung kaum zu ueberbieten ist.

Der Antragsteller vor dem OGH wurde dreimal auf Grund des beruechtigten §
209 Strafgesetzbuch (StGB) zu Freiheitsstrafen verurteilt. Eine dieser
Verurteilungen hatte er vor dem Europaeischen Menschenrechtsgerichthof
(EGMR) bekaempft. Der EGMR hat (auch in diesem Fall) § 209 sowie die darauf
gegruendete Verurteilung als schwer menschenrechtswidrig erkannt und
Oesterreich verurteilt. Auf Grund dieses Urteils des EGMR wurde das
Strafverfahren erneuert und der Verurteilte freigesprochen. Die zwei anderen
ebenso schwer menschenrechtswidrigen § 209-Verurteilungen sind aber nach wie
vor im Strafregister vorgemerkt. Eine Begnadigung hat das Justizministerium
abgelehnt.

Der Mann beantragte bei der fuer die Fuehrung des Strafregisters
zustaendigen Innenministerin die Loeschung der Verurteilung aus dem
Strafregister. Begehrt hat er damit ausdruecklich nicht die Aufhebung der
Verurteilung oder deren Ausscheiden aus dem Rechtsbestand, sondern lediglich
die Beendigung der weiteren oesterreichweiten Evidenthaltung der
Verurteilung durch die Polizei.

Dennoch hat der Verfassungsgerichtshof die abweisende Entscheidung der
Innenministerin mit der Begruendung bestaetigt, dass es "nicht Sache der
Strafregisterbehoerde sein (koenne) zu entscheiden, ob und in welchem Umfang
bestimmte Verurteilungen aus dem Rechtsbestand auszuscheiden sind".
Lediglich ein Gericht koenne aussprechen, dass eine Gerichtsentscheidung die
Grundrechte verletzt hat.

§ 209-Opfer erkaempfen historisches Urteil und bleiben auf der Strecke

Der Verurteilte hat daraufhin beim Obersten Gerichtshof die Erneuerung der
beiden Strafverfahren beantragt, weil der EGMR bereits mehrfach die
Menschenrechtswidrigkeit des § 209 und der darauf gegruendeten
Verurteilungen festgestellt hat. Die Generalprokuratur ist dem entgegen
getreten mit der Begruendung, dass der Mann diese beiden Verurteilungen
nicht beim EGMR bekaempft hatte.

Der OGH hat diese Rechtsansicht der Generalprokuratur nun zurueckgewiesen
und dem Verurteilten grundsaetzlich Recht gegeben. In der bahnbrechenden
Entscheidung hat er - ueber den geltenden Gesetzestext hinaus -
ausgesprochen, dass sich Opfer einer Grundrechtsverletzung im Bereich der
Strafjustiz immer an den Obersten Gerichtshof wenden und ihr Verfahren
erneuern lassen koennen, auch wenn sie keine Verurteilung Oesterreichs beim
EGMR erwirkt haben, ja sogar dann, wenn es zu einer bestimmten Frage noch
gar keine Judikatur des EGMR gibt.

Die Opfer des § 209 haben damit eine historische Erweiterung des
Rechtsschutzes fuer alle Opfer von Grundrechtsverletzungen erkaempft - und
bleiben dennoch auf der Strecke. Der OGH hat diesen neuen Rechtsschutz
naemlich fuer alle Menschenrechtsverletzungen ausgeschlossen, die laenger
als 6 Monate zurueckliegen.

Die § 209-Verurteilungen bleiben daher weiterhin als Vorstrafen im
Strafregister und stigmatisieren auf Jahre hinaus die Opfer der
anti-homosexuellen Sonderstrafgesetzgebung. Erst in juengster Zeit hat das
Oberlandesgericht Wien § 209 als zwar gleichheitswidrig, aber moralisch
einsehbar bezeichnet und die Verhaengung einer hoeheren Freiheitsstrafe
wegen Vorstrafen nach dem anti-homosexuellen Sonderstrafgesetz fuer rechtens
erklaert sowie die bedingte Entlassung eines Strafgefangenen unter Hinweis
auf seine § 209-Vorstrafen abgelehnt.

Eine erste Beschwerde gegen die fortgesetzte Speicherung der §
209-Verurteilungen im Strafregister liegt bereits beim EGMR. Weitere folgen
in Kuerze.

"Es ist traurig, dass der Menschenrechtsgerichtshof neuerlich mit den nach
wie vor untoten anti-homosexuellen Sonderstrafgesetzen Oesterreichs befasst
werden muss", sagt der Wiener Rechtsanwalt Helmut Graupner, Praesident der
Homosexuellen- Buergerrechtsorganisation Rechtskomitee LAMBDA und Vertreter
der § 209-Opfer. "Das Parlament koennte unserer Republik diese nochmalige
Blamage ersparen, doch dort liegt der noch von Terezija Stoisits
eingebrachte Antrag fuer ein Amnestie-, Rehabilitierungs- und
Entschaedigungsgesetz (AREG) seit zwei Jahren voellig unbehandelt."
(Rechtskomitee Lambda/gek.)

Kontakt: http://www.RKLambda.at



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