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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 26. Juni 2007; 16:25
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Israel-Palaestina/Debatte:
> Seltsames Gefaengnis!
Zu Uri Avnerys Text "Krokodilstraenen" (akin 17/07)
Avnery beklagt dass im Gaza-Streifen "anderthalb Millionen Menschen auf 
einem winzigen unfruchtbaren Streifen eingesperrt sind" und "ein 
soziologisches Experiment Israels" stattfindet. Der Gaza-Streifen soll ein 
Gefaengnis sein! Es ist aber ein seltsames Gefaengnis! Kennt irgendwer in 
der Welt ein Gefaengnis, aus dem tagtaeglich Raketen abgefeuert werden? Ich 
nicht! Mir kommt der Gaza-Streifen eher wie eine Raketen-Abschuss-Basis vor.
Aber vielleicht ist es doch ein Gefaengnis: In so einen Bau sperrt man 
ueblicherweise Leute, die, wuerde man sie freilassen, eine Furcht erregende 
Gefahr fuer die Menschheit waeren. Das ist im Gaza-Streifen in der Tat der 
Fall: Da gibt es Massenmoerder, Halsabschneider, Verbrecher, jede Menge 
Gewalttaeter, bewaffnete Banden, die Maenner, Frauen und Kinder umbringen, 
es gibt dort Entfuehrer, die ihre Opfer quaelen und jede Menge Diebe sowie 
korrupte Beamte, die Gelder stehlen und es gibt Hassprediger und 
Antisemiten, die den naechsten Voelkermord planen. In diesem Gefaengnis 
befinden sich ausserdem Putschisten, die Proteste mit Massenexekutionen auf 
offener Strasse im Keim ersticken.
Und ist es nicht so, dass Gefaengnisinsassen jede Menge Kreativitaet dafuer 
aufwenden, wie man Waffen, unter Erdbeeren- und Brotlieferungen versteckt, 
ins Gefaengnis schmuggeln kann? Kann man es Gefaengniswaertern veruebeln, 
wenn sie dann Tonnen von Nahrungsmittel-Lieferungen zurueckhalten und genau 
kontrollieren?
Waere ich Gefaengniswaerter, ich wuerde dort nicht gerne Dienst tun. Man 
stelle sich vor, alle Waerter wuerden ploetzlich den Dienst quittieren, 
Tueren oeffnen und solche Verbrecher koennten ab sofort tun und lassen, was 
sie immer sie wollen und ueberall hingehen. Waere dann diese Welt ein 
besserer Ort?
So ungefaehr hat es Israel tatsaechlich gemacht. In der Hoffnung auf Frieden 
ist Israel gemaess Friedensvereinbarungen aus Gaza abgezogen, erntete aber 
nicht "Frieden" sondern mehr Gewalt als je zuvor. Der Abzug wurde von der 
Gegenseite als "Schwaeche" ausgelegt. Jetzt landen fast taeglich Raketen in 
Feldern, Wiesen und Haeusern (die meisten von den Mainstream-Medien voellig 
unbeachtet). Es ist nur eine Frage der Zeit bis es Israels Bewohner nicht 
mehr aushalten und aus Israel massenweise fluechten, was ja offensichtlich 
das strategische Ziel der "Zerstoerung Israels" ist.
In der Tat ist Gaza ein "soziologisches Experiment": wie lange ist der 
(kleine) Staat Israel unter solchen Bedingungen (noch) lebensfaehig?
Ich moechte an dieser Stelle bemerken, dass ich an sich Bewunderung dafuer 
hege, wie beharrlich sich Uri Avnery fuer den Frieden einsetzt, nur schiebt 
er (und das leider konsequent) den schwarzen Peter der falschen Seite zu! 
Wuerde Israel nach den Wuenschen Avnerys funktionieren, es wuerde nichts 
aendern und es wuerde sich auch auf gar keinen Fall die Situation der 
Palaestinenser verbessern! Es wuerde sich nur die von Israel verschlechtern! 
Wer Buecher von Autoren wie dem Harvard-Professor Alan M. Dershowitz 
("Plaedoyer fuer Israel") liest, kann sich dann nur noch wundern.
Wie kommt Avnery z.B. darauf, dass der Gaza-Streifen "unfruchtbares" Land 
ist? Wieso blueht und gedeiht Israel waehrend der Gaza-Streifen verkommt? Es 
ist mit Sicherheit die gleiche Erde! Vielleicht liegt es also ganz einfach 
nicht an einem "soziologischen Experiment", sondern daran, dass die 
Palaestinenser jeden mueden Cent, den sie (von der EU geschenkt) bekommen in 
den Kauf von Waffen stecken statt in den Kauf von Traktoren und Maschinen 
und dass sie jede Anstrengung dafuer benutzen, Raketen zu basteln und 
Selbstmordattentaeter heranzubilden anstatt Olivenbaeume zu pflanzen, 
Fabriken und Strassen zu bauen oder Muell abzutransportieren!
Ich kann nicht alle Theorien Avnerys ueber angebliche oder wirkliche 
Strategien Jerusalems und Washingtons analysieren, aber Avnerys Irrtum ueber 
die Person und die Faehigkeiten Arafats sind nur noch bestuerzend. Arafat, 
dessen Onkel einer der widerwaertigsten arabischen Antisemiten des 20.Jhdts. 
war, hat Millionengelder veruntreut, war ein Terrorist und hat wohl alle 
Friedensgespraeche nur als "taktische Massnahme" auf dem Weg zur Zerstoerung 
Israels aufgefasst. Sogar nach 2000 ist klar geworden, dass Arafat offiziell 
von Frieden und Anerkennung redet, im Geheimen aber die Zerstoerung Israels 
unterstuetzt.
Nun, ich wuerde der Fatah, die ja eine antisemitische Terrororganisation war 
(und ist, weil sie jetzt - vermeintlich friedlich - eine andere 
unterstuetzt) auch nichts glauben, aber was bleibt Israel eigentlich 
uebrig??? Sie hat nun einmal nur die Wahl zwischen der antisemitischen, 
islamistischen Hamas und der antisemitischen, saekulaeren und korrupten 
Fatah. Es ist keine besonders grosse Auswahl! Es gibt auch keine Alternative 
dazu, wenigstens mit der Fatah zu reden, die wenigstens ein Minimum an 
"Hoffnung" auf Frieden im Nahen Osten laesst. Mehr nicht! Wer daraus 
irgendwelche Theorien ueber Strategien von USA und Israel konstruiert, ist 
eher eine Art hoffnungsloser Fall von Verschwoerungstheoretiker!
Wo sind denn die Millionen Avnerys auf palaestinensischer Seite, die "trotz 
Morddrohungen" Fatah oder Hamas oder beide zwingen zielfuehrende 
Friedensverhandlungen mit Israel zu betreiben? Es gibt sie eben nicht! 
Palaestinensische Friedensaktivist/inn/en sind rar und deshalb auch keine 
Alternative zu Verhandlungen mit Fatah oder Hamas! Ich wuerde der Fatah 
weder Waffen noch Geld geben!
Betr. Syrien: Ich lese tagtaeglich serioese deutschsprachige 
Qualitaetszeitungen! Nirgendwo steht, dass Syrien auch nur in kleinster 
Weise an einem Frieden mit Israel interessiert ist. Ja, die Golan-Hoehen 
will man zurueckhaben (genauso gern wie man sich den Libanon einverleiben 
wuerde), aber Frieden mit Israel? Niemals! Im Gegenteil. Schulbuecher der 
syrischen Kleinkinder sind gespickt mit Hass auf Israel und Antisemitismus! 
Und daran scheitern Avnerys Theorien, wenn er die Frage stellt, was zu tun 
sei!
Das kann ich ihm sagen: die arabischen Staaten Aegypten, Jordanien, Syrien 
(der Irak ist jetzt kein Problem mehr fuer Israel!!!) und der 
radikal-islamische Iran sind sowohl Problem als auch die Loesung. Sie 
koennten, wenn sie nur wollten, jederzeit das "Nahost-Problem" (USA und 
Israel koennen es nicht loesen obwohl sie es so gerne wollten und es ist 
dabei auch ganz egal, wen sie unterstuetzen) loesen. Doch sie wollen nicht, 
denn auch nach 60 Jahren haben sie sich mit der Existenz des Staates Israel 
noch immer nicht abgefunden und betreiben weiter seine Zerstoerung.
*Thomas Herzel*
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> Die Schuld ist ueberall und nirgendwo
Eine Antwort auf Obiges
Deine permanenten Schuldzuweisungen sind relativ sinnlos, Thomas. Du liebst 
es, die Palaestinenser bei allem staendig an deinen persoenlichen Pranger zu 
stellen. Andere wieder suchen die Schuld mit grosser Ueberzeugung bei den 
Israelis. Gemeinsam ist die Situation, dass wir alle im relativ friedlichen 
und gemuetlichen Europa vor der Glotze oder vor Tageszeitungen sitzen, die 
uns die Katastrophen im Nahen Osten bruehheiss servieren. Ist es nicht so?
Deinem Bild folgend, bestehen die Palaestinenser hauptsaechlich aus einem 
wild um sich schiessenden Mob, dem es ab und zu gefaellt, sich selbst 
umzubringen, um dabei die graesslichsten Bomben zu legen. Das Bild anderer 
ueber Israel ist das einer meschuggenen und radikalen Militaetjunta, die am 
liebsten bei allen islamischen Laendern einmarschieren wuerde. Aber willst 
du behaupten, du kennst die Aengste der Palaestinenser, die sich nicht mehr 
aus ihren Haeusern trauen?
Was sind deine Optionen fuer den Nahen Osten in der Zukunft? Dass alle 
Palaestinenser nach Syrien vertrieben werden, und dass ein Gross-Israel mit 
massiver US-Unterstuetzung entsteht? Denkst du andererseits manchmal, so 
ganz wenig, ueber Frieden in diesem Gebieten nach? Denn abseits von den 
wuestesten Schuldzuschreibungen muessen sowohl die Israelis als auch die 
Palaestinenser begreifen lernen, dass sie notgedrungen zusammen leben 
muessen. Und wenn die Palaestinenser auch genuegend Land -- und nicht nur 
schmale Streifen -- zur Verfuegung haben, kann ueber Wuerde und Freiheit 
gesprochen werden.
*Fritz Pletzl*
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