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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 12. Juni 2007; 17:27
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G8/Gesundheit:

> "G8-Deklaration wird direkt zu Beeintraechtigungen fuehren"

Zugang zu Heilmitteln in einer sich entwickelnden Welt wird erschwert.
-- Stellungnahme der Aerzte ohne Grenzen


Die Uebereinkunft der G8-Leader, durch eine Erhoehung der Barrieren den
Zugang zu "geistigem Eigentum" in wachsenden Oekonomien zu erschweren, wird
wahrscheinlich einen sehr negativen Einfluss auf den Zugang zu leistbaren
Heilmitteln in Entwicklungslaendern fuehren, und wird auch dazu fuehren,
dass Verbesserungen im Gesundheitswesen misslingen, wo sie am meisten
gebraucht werden.

"Middle-income countries" wie Indien und Brasilien sind Hauptproduzenten von
leistbaren Basis-Heilmitteln, die lokal oder weiterverbreitet in den
Entwicklungslaendern genuetzt werden. Generika, wie sie z.B. in Indien
produziert werden, machen ca. 80% der Antiretroviralen Medikamente aus, mit
denen die "Aerzte ohne Grenzen" ueber 80.000 Patienten in AIDS-Projekten in
ueber 30 Laendern behandelt. Am Tag, bevor die G8-Leader eine Anzahl von
Vertretern von Entwicklungslaendern trafen, hatten sie bereits entschieden,
den Schutz des Geistigen Eigentums in Entwicklungslaenderen, besonders in
aufstrebenden Volkswirtschaften, zu erhoehen.

"Wenn G8 weiterhin den Schutz des Geistigen Eigentums erhoeht, wird das die
Preise von neuen Medikamenten in Afrika, Asien und Lateinamerika hoch halten
und wird nicht dazu fuehren, Neuerungen anzuregen, wo sie am meisten
gebraucht wuerden", sagte Tido von Schoen-Angerer, Direktor der "Aerzte ohne
Grenzen"-Kampagne fuer Zugang zu Medikamenten. "Wir brauchen
AIDS-Medikamente, die leistbar sind, und wir brauchen unbedingt neue und
bessere Tests und Medikamente fuer Tuberkulose und Tropenkrankheiten."

Ein Bericht der WHO vom April 2006 besagt, dass verstaerkter
Schutzmassnahmen die Entwicklung von Medikamenten fuer Krankheiten, die
besonders in Entwicklungslaendern auftreten, nicht stimuliert. Die G8-Leader
befuerworten einzig und allein verstaerkten Schutz Geistigen Eigentums als
Weg, Innovationen zu foerdern. Obwohl die WHO eine internationale
Arbeitsgruppe zu diesem Thema gebildet hat, ignorieren die G8-Leader diese
Probleme voellig.

Gefaelschte Medikamente sind eine Gefahr fuer die Volksgesundheit. Diesem
Problem wurde von G8 eine gewisse Aufmerksamkeit geschenkt. Aehnliche
Aufmerksamkeit sollte dem Bedarf an leistbaren Qualitaetsgenerika, auf die
sich arme Laender verlassen koennen, gewidmet werden.

Mit internationalen Gesetzen, die die Medizinpatente weiter ausbauen, werden
neue Heilmittel unfinanzierbar. Die neueren Medikamente sind
anspruchsvoller, so kostet z.B. die Behandlung von AIDS mit den
Kombinationspraeparaten der zweiten Generation fuenfmal so viel wie mit
solchen der ersten.

Um hohe Medikamentenpreise einzuschraenken, haben Laender wie Brasilien oder
Thailand begonnen, Patentbarrieren zu ueberwinden, indem sie
"Zwangslizenzen" fuer verschiedene Medikamente vergeben. Diese Massnahmen
stehen in kompletter Uebereinstimmung mit dem TRIPS-Agreement der WTO, denn
diese Laender stehen unter einem unzumutbaren Druck und
Vergeltungsmassnahmen einiger Regierungen und Pharma-Multis.

Indem die G8-Leader Foren ignorieren, die sich seit langem mit Fragen des
Geistigen Eigentums beschaeftigen, und stattdessen nur fuenf Laender mit
aufstrebender Wirtschaft zu Gespraechen einladen, ignorieren sie auch die
kritischen Diskussionsbeitraege anderer Entwicklungslaender, deren eigene
Faehigkeiten, leistbare und angemessene Medikamente zu erhalten, durch
solche Diskussionen beeintraechtigt wird.

"Erhoehter Schutz des Geistigen Eigentums wird einzig und allein die
Gesundheitskrise in Entwicklungslaendern verschlimmern, wo Medikamente
entweder unerschwinglich oder gar nicht zu haben sind, weil es keinen Markt
gibt, der einen Ansporn zur Entwicklung gaebe." sagt Rohit Malpani,
Politikberater von Oxfam.

Ue: akin, Quelle: http://www.msf.at/site/global/report.html?id=10284



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