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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 12. Juni 2007; 17:22
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G8/Glossen:
> Falsche Kritik, famose Krawalle
Was uns zur "Gewaltdebatte" einfaellt
Wir waren nicht in Heiligendamm. Aus gutem Grund. Der Grossteil der Kritik 
an G8 ist strohdoof, borniert-falsch, mies - wir sind uns nicht ganz einig. 
Weder sind die G8 die heimliche Weltregierung, die alles Boese plant. Noch 
finden wir es ein grosses Problem, dass die G8 nicht demokratisch 
legitimiert sind. Uns stoeren die Ziele und Zwecke dieser Herrschaften; und 
fuer die waere es ziemlich egal, ob sie sich als G8, als G25 oder als UNO 
treffen. Wir haben keinen frommen Glauben an die guten Absichten der Leute, 
die Nationalstaaten vorstehen. Die tun ihren Job, das ist das Problem. Die 
Zwecke von Kapital und Nationalstaaten sind naemlich absolut unvertraeglich 
mit unserem Zweck, allen Menschen auf diesem Planeten ein schoenes, 
moeglichst unbeschwertes Leben zu verschaffen.
Darum haben wir den Sinn nicht darin gesehen, nach Mecklenburg-Vorpommern zu 
fahren, um dort mit lauter Leuten zusammen zu protestieren, die allesamt 
einen nicht sehr aussichtsreichen Appell an das dort versammelte 
Herrschaftspersonal richten wollten, die Welt doch ein bisschen besser zu 
machen. Und uns dafuer von den Staatsbuetteln ordentlich was aufs Maul hauen 
zu lassen, weil der buergerliche Staat eben nicht sauber trennt, zwischen 
radikaler oder bloss radikal klingender, aber eigentlich komplett 
affirmativer Kritik.
Und damit uns niemand falsch versteht: Auch diejenigen, die in Heiligendamm 
Steine geschmissen haben, haben keine radikale Kritik an den Verhaeltnissen. 
Der Bloedsinn, den diese Leute im Kopf haben, soll in diesem Text nicht das 
Thema sein. Und an albernen Ritualen, wer's den Bullen wie gezeigt hat, 
haben wir auch eher weniger Interesse.
Dennoch: Wir haben mehr als heimliches Vergnuegen empfunden, als die 
Militanten die daemliche Inszenierung des braven staatsbuergerlichen 
Protests gestoert haben.
Es ist ja nicht nur so, dass Deutschland als Gastgeberland zeigen wollte, 
dass es im Gegensatz zu Russland allen folgenlosen Protest zulaesst, weil 
sich Merkel um die Akzeptanz der Herrschaft im Volk im Gegensatz zu Putin 
keine Sorgen macht - und darum nicht aus jeder Opposition eine Bedrohung des 
Staates zusammenzimmert.
Die Sache liegt noch schlimmer: Die im Ostseebad versammelten politischen 
Eliten konstruieren aus den versammelten und artikulierten Besorgnissen 
ueber Hunger, Krieg, Menschenrechtsverletzungen, Klimakastrophen, AIDS ihre 
"Verantwortung" fuer die Welt. Und das laeuft bei den Chefinnen und Chefs 
der maechtigen kapitalistischen Nationalstaaten auf eine Selbstermaechtigung 
hinaus, die versammelte politische, militaerische und oekonomische Macht 
einzusetzen, um die herrschende Weltordnung - nachhaltig, gerecht, 
gendergemainstreamt - aufrecht zu erhalten. Und das bedeutet, was immer die 
guten Absichten von Protestierern, Protestanten und Potentaten sein moegen, 
Folter, Hunger, Buergerkrieg, Abschiebung, Armut, also Ausbeutung und 
Ueberausbeutung fuer den Grossteil der Menschheit zu garantieren.
Diese Inszenierung, dass die Politik aufgrund der Sorgen der Buerger genau 
das tut, was sie tut, haben die Militanten gestoert, indem sie den Abstand 
zwischen sich und dem Staat auf Wurfweite erhoeht haben. Dafuer koennten wir 
sie abknutschen.
Kaum etwas ist alberner und daemlicher als die neue Gewaltdebatte in der 
buergerlichen Oeffentlichkeit und bei ihren linken Hofnarren. Da treffen 
sich in Heiligendamm die Oberbefehlshaber ihrer weltweit aktiven Armeen, die 
Chefs der Chefs der Knueppelgarden der herrschenden Ordnung, die Verwalter 
einer Ordnung, die jeden Tag zigtausend Hungertote produziert. Und ihr regt 
euch ueber Polizisten auf, die zur Abwechslung mal selbst Traenengas 
schnuppern mussten? Entschuldigt bitte, ihr habt sie nicht alle.
Unser Problem ist: Auch die Militanz-Spielchen aendern nichts. Taeten sie 
es, waeren Pflastersteine dennoch nicht unser bevorzugtes Medium der 
Kommunikation. Denn wir moegen es nicht, wenn Menschen zu Schaden kommen. 
Echt nicht. Schon gar nicht die Gewalt der Gewaltmonopolisten, die dafuer 
sorgen, das man auf so alberne und verzweifelte Methoden zurueckgreifen 
muss, wie Pflastersteine zu werfen oder Traenengas zu verspruehen. Aber wenn 
Menschen den Mythos der Gewaltlosigkeit dieser Verhaeltnisse angreifen und 
die Idylle der gemeinsamen Ziele von Herrschenden und Protestierern stoeren, 
dann ist das gut. Und dann sollte man mit den armen Schweinen, an denen der 
Staat seinen Anspruch durchexerziert, dass er das Gewaltmonopol hat, 
Solidaritaet ueben. Und ihnen jedenfalls nicht in den Ruecken fallen und 
sich staatsdienlich distanzieren.
*Anonyme Linksradikale Gruppe (ALG) (gek.)*
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