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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 5. Juni 2007; 19:02
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G8/Kommentar:
> Immer dasselbe
Es gibt Texte, die koennte man verfassen, bevor das zu berichtende oder zu 
kommentierende Ereignis ueberhaupt eingetreten ist -- beispielsweise einen 
Text ueber die jetzigen G8-Proteste und die Eskalationen. So vorhersehbar 
und programmiert war der Wickel. Man kann nicht mal sagen, dass man nur noch 
die Zahl der Verletzten haette einsetzen muessen, denn die ist willkuerlich. 
Die Zahl der verletzten Beamten kann schliesslich doch von niemanden 
ueberprueft werden und jeder Polizist, der auch nur eine Abschuerfung 
erlitten hat, kommt schon in die Statistik. Die Zahl der verletzten 
Demonstrierenden ist hingegen eine, die aus jenen Faellen resultiert, die 
amtsbekannt wurden, d.h. im Regelfall handelt es sich dabei nur um 
diejenigen Verletzten, die nicht um einen Krankenhausbesuch herumkommen 
konnten -- wer begibt sich denn schon freiwillig in die Gefahr, als 
"Teilnehmer einer gewalttaetigen Demonstration" in den Polizeiakten 
registriert zu werden?
Was bleibt, war eine Auseinandersetzung, die einfach passieren musste --  
zuviel war im Vorfeld schon geschehen. Die Polizei hatte ja mittels 
Hausdurchsuchungen, willkuerlichen Festnahmen und Schikanen alles getan, 
damit moeglichst viele Leute "heiss" auf die Polizei waren. Da reichen dann 
schon kleine Provokationen und Rempeleien und schon hat man die schoenste 
Randale beisammen. Und sollte das nicht reichen, gibt es immer noch die 
Moeglichkeit fuer die Polizei, Provokateure einzuschleusen. Natuerlich muss 
das nicht stimmen, dennoch gibt es diesmal ein Video* aus Demokreisen, das 
zwar nichts hundertprozentig beweisen kann, doch das Abgebildete laesst 
anderen Interpretationen kaum Spielraum: Man sieht darauf zwei Beamte in 
Zivil, die inmitten von lauter friedlich bis gelangweilt gestimmten, 
unvermummten Demonstranten ploetzlich auf zwei Schwarzvermummte zuspringen 
und sie festhalten, wobei diese interessanterweise aber nicht einmal im 
Ansatz versuchen, sich dagegen zu wehren oder wegzulaufen. Die Szene 
evoziert natuerlich sofort den spontanen Protest der Umstehenden und ein 
Augenzwinkern spaeter ist die Pruegelpolizei da -- sollte das etwas anderes 
gewesen sein, als ein inszeniertes Stueck verstecktes Polizeitheater mit dem 
Titel "Der Schwarze Block randaliert", dann wuerde das der Beobachter 
vielleicht glauben, wenn man ihm erklaeren koennte, was...
Doch braucht es eigentlich gar keine Beweise, dass die Polizei, in 
Beamtenuniform oder im Autonomenkostuem, provoziert hat, schliesslich war 
ihr ja gar nix anderes uebergeblieben. Denn so wirklich verlassen kann man 
sich auf die richtigen "Black Blocks" ja nie -- die sind im Stande und 
lassen sich von den anderen Demonstranten beschwichtigen und beschraenken 
sich dann darauf, gefaehrlich auszuschauen. Und zu Beginn der Demo lief ja 
alles friedlich ab. Ein paar Helden schossen Feuerwerkskoerper ab 
(Zeugenaussagen zu Folge nicht in die Polizei, sondern senkrecht in die 
Hoehe) und ein paar Polizisten schoben die ueblichen bloeden Meldungen. 
Alles keine Katastrophe -- solange ein Offizier aus Rostock die 
Einsatzleitung hatte. Doch dann wechselte man den Kommandanten ab und setzte 
einen Kollegen aus Berlin ein -- der "besonders erfahren im Umgang mit 
gewalttaetigen Protesten" sein soll, wie der "Tagesspiegel" berichtete. Mit 
dem Berliner Offizier und seinen geschulten Riotgruppen ging dann die Post 
ab. Kennern der Wiener Polizei kommt das bekannt vor: Immer dann, wenn in 
den 90ern politisch ein Wickel gewuenscht worden war, schickte man 
Oberstleutnant Neugeborn samt Alarmabteilung vor; wollte man hingegen keinen 
Wickel, durfte Neugeborn das Kindermaedchen fuer irgendwelche 
Verkehrspolizisten im Hintergrund spielen und hatte Frontverbot. Aehnliches 
duerfte hier passiert sein. Polizei (und Bundesregierung) hatten nach all 
den Ereignissen im Vorfeld, und angesichts von paranoiden 
"Sicherheits"massnahmen wie dem 12 km langen und genauso viele Millionen 
teuren Zaun rund um Heiligendamm keine Wahlmoeglichkeit: Es musste zum 
grossen Showdown kommen, sonst waere der ganze Staatsterror nicht zu 
rechtfertigen gewesen.
Wie es dann zur Randale tatsaechlich kam und wer denn nun wirklich 
"angefangen" hat, wird im Detail wohl, wie ueblich, nie restlos und objektiv 
geklaert werden -- warum es aber dazu kommen musste, ist klar.
Und klar war auch schon vor den Auseinandersetzungen, wie der heimische 
Rundfunk darueber berichten wuerde: Man nehme die Agenturberichte, die 
allesamt vom Polizeibericht abgeschrieben wurden, reportiere die 
altbekannten "anarchistischen Gewalttaeter", wuerze das ganze noch mit einer 
Distanzierung von Attac-Deutschland -- und fertig ist der Bericht fuer die 
Kurznachrichten.
Ach! Manchmal ist es der Verfasser muede, immer wieder dasselbe so dermassen 
leicht und ohne Wahrsagerkuenste Prognostizierbare zu kommentieren.
*Bernhard Redl*
* http://de.indymedia.org/2007/06/180552.shtml
Das File ist 14MB gross. Die geschilderte Szene ist erst ganz am Schluss des 
Videos zu sehen.
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