**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 22. Mai 2007; 17:08
**********************************************************

Uni/FPOe/Protest:

> Strache durch die Hintertuer

Ueber 400 Personen demonstrierten am 10. Mai in Graz gegen den FPOe-Obmann
und den "Ring Freiheitlicher Studenten" (RFS). Die Polizei war ueberfordert
und versuchte, das mit Brutalitaet zu kaschieren.

Gegen die Diskussionsveranstaltung an der Grazer Uni mit H.C. Strache,
Gerhard Kurzmann und Susanne Winter, organisiert vom RFS, hatte sich im
Vorfeld schon massiver Protest geregt. Ein Buendnis aus linken Gruppen, vom
KSV ("Kommunistischer StudentInnenverband") ueber die GRAS ("Gruene &
Alternative StudentInnen"), GAJ, SJ und Mayday 2000, rief dazu auf, den
Auftritt Straches zu blockieren. Zuvor hatte es die Universitaetsleitung
abgelehnt, dem RFS den Raum auf der Uni zu entziehen und sich sogar mit den
VeranstalterInnen an einen Tisch gesetzt, um das polizeiliche Vorgehen gegen
die Demonstration zu diskutieren. Der Polizeieinsatz war von seiten der
Universitaet ausdruecklich legitimiert worden.

Am Donnerstag, den 10. Mai, versammelten sich bereits um 17 Uhr
DemonstrantInnen und versuchten friedlich durch das Bilden von
Menschenketten den Haupteingang zu blockieren. Mit dem Sprechchor "Es gibt
kein Recht auf Nazipropaganda!" beantworteten die ca. 20 Leute in der
Blockade und die langsam anwachsende Menge vor dem "Heizhaus" die
Aufforderung der Polizei, die Versammlung aufzuloesen.

Bereits vor 18 Uhr, d.h. ueber eineinhalb Stunden vor Beginn des
Strache-Auftritts, beendete die Polizeieinheit gewaltsam die Blockade, indem
sie die DemonstrantInnen wegtrug und wegzerrte. Schon hier kam es zu ersten
Uebergriffen, Verletzungen der DemonstrantInnen und Festnahmen. Ein Polizist
meinte zu seinem Kollegen, der einen Demonstranten festnahm: "Pass auf, dass
der Arm nicht gleich da bricht!"

Die Polizei begann mit dem Aufbau von Absperrgittern, um die
DemonstrantInnen vom Gebaeude fernzuhalten und den BesucherInnen der
RFS-Veranstaltung einen Korridor freizuhalten. Gut die Haelfte der
DemonstrantInnen, darunter auch zahlreiche SchuelerInnen, begab sich
daraufhin zur Zufahrt Heinrichstrasse, die alle Strache-Fans passieren
mussten, die nicht als VIP's durch Hintereingaenge ins "Heizhaus" geschleust
wurden. 150-200 Leute versuchten erneut, mit Menschenketten und
Transparenten den Weg zu blockieren.

Bei den Versuchen, den Rechten den Weg frei zu machen, agierte die Polizei
fuer Grazer Verhaeltnisse mit grosser Brutalitaet: Die Einsatzeinheit ging
mit Schildern, Faeusten, Schlagstoecken und Fusstritten gegen die
TeilnehmerInnen der Blockaden vor, mehrere DemonstrantInnen wurden u.a.
durch Pruegel verletzt. Ein Beamter richtete z.B. seine Schlaege mit dem
Schlagstock gezielt gegen den Unterkoerper von Leuten, die in den ersten
Reihen der Blockade standen, andere Verletzungen gab es durch die heftigen
Tritte der Stiefel der PolizistInnen. Selbst auf festgenommene
DemonstrantInnen, die bereits wehrlos am Boden lagen, wurde noch
eingeschlagen. Ein weiteres Zitat eines Beamten zu TeilnehmerInnen an der
Blockade: "Euch bring ich heut noch ins Krankenhaus!"

Bedroht wurden aber auch Personen, die das Geschehen nur dokumentierten,
oder gegen Uebergriffe der Polizei protestierten, sogar Lehrende der Uni
Graz. Ein Demonstrant wurde zu Boden gestossen und verletzt, obwohl er mit
einem Kind abseits stand.

Die Stimmung in der zunaechst friedlichen Kundgebung wurde durch das
aggressive Vorgehen der Polizei gegen die DemonstrantInnen im Laufe des
Abends immer gereizter. Bevor es zu den in der Presse vielzitierten
"(Plastik)flaschen- und Dosenwuerfen" gegen die PolizistInnen kam, waren
diese mit Schlaegen und Tritten gegen die DemonstrantInnen vorgegangen und
hatten Leute verletzt, die nur mit Transparenten und Menschenketten den Weg
blockierten.

Trotz allem schaffte es die Polizei nie ganz, die Situation in den Griff zu
bekommen. Den teilweise sehr entschlossenen DemonstrantInnen gelang es immer
wieder, die Polizeiketten zurueckzudraengen. Erstaunlich viele
DemonstrantInnen gaben den Versuch, den Zugang zu blockieren, bis zum
Schluss der Kundgebung nicht auf. Ueber die Lautsprecheranlage und Megaphone
kamen Musik und Redebeitraege der zur Demo aufrufenden Gruppen, aber auch -
je nach Situation - rechtliche Informationen, Schilderungen der Uebergriffe
und die Aufforderung der OrganisatorInnen, mit dem Werfen von Gegenstaenden
aufzuhoeren. Zahlreiche BesucherInnen der RFS-Veranstaltung (O-Ton einiger
Fans: "Wir wollen unseren Fuehrer hoeren!") drehten angesichts der
Demonstration wieder um. Hauptredner Strache musste die Veranstaltung durch
den Notausgang betreten und wieder verlassen.

Im Inneren des "Heizhauses" nahmen die RednerInnen von FPOe und RFS
wiederholt auf die Demonstration Bezug - neben ihrer ueblichen Propaganda,
z.B. dass die OesterreicherInnen bald zur "Minderheit" im eigenen Land
wuerden oder dass in Nuernberg Menschen dafuer verurteilt worden seien, dass
sie einen "praeventiven Angriffskrieg" gefuehrt haetten.

Es gab auch kontraproduktive Aktionen in der Kundgebung. Und sie waere
sicher noch erfolgreicher gewesen, wenn noch mehr Leute sich dem Versuch
angeschlossen haetten, die Zugaenge durch Menschenketten zu blockieren.

Dennoch -- fuer Graz war es eine bemerkenswerte Demonstration: Nicht nur
wegen der unverhaeltnismaessigen Gewalt der Polizei, die erstmals auf dem
Universitaetsgelaende eine rechtsextreme Veranstaltung durchsetzte, sondern
vor allem, weil ueberraschend viele Leute kamen, an der Demonstration
teilnahmen und trotz des Polizeiaufgebots Widerstand leisteten.
(MayDay2000/gek.)


***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen
Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht
wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein. Nachdruck
von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete
Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von
Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als
Abonnement verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann
den akin-pd per formlosen Mail an akin.buero@gmx.at abbestellen.

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.buero@gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976/00, Zweck: akin