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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 15. Mai 2007; 17:25
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G8/Proteste:
> Polizei mobilisiert
Die G8-Proteste werden sich wohl nicht verhindern lassen
Die staatlichen Eskalationen kurz vor dem bevorstehenden G8-Gipfel in 
Deutschland gehen weiter. Nachdem vorletzte Woche eine gesammte G8-Radldemo 
festgenommen worden war (akin 12/07), musste auch die deutsche Polizei 
Gruendlichkeit beweisen und durchsuchte am Morgen des 9. Mai in Deutschland 
insgesamt 40 politische Projekte, Privatwohnungen und Arbeitsstellen. 
Begruendet wurde dieses Vorgehen mit dem §129a des deutschen StGB, also der 
"Bildung einer terroristischen Vereinigung" im Zusammenhang mit den 
geplanten Protesten gegen den G8 Gipfel in Heiligendamm Anfang Juni.
Dabei hat man keine Probleme damit, explizit politische und wirtschaftliche 
Gruende fuer diese Kriminalisierung anzugeben, wie die Betreiber des 
ebenfalls betroffenen Webservers SO36.net aus einem Durchsuchungsbeschluss 
zitieren. Der Vorwurf an die Protestgruppen lautete amtlicherseits, sie 
haetten vor, "... mit (...) gewalttaetigen Aktionen den bevorstehenden 
Weltwirschaftsgipfel (G8) im Fruehsommer 2007 in Heiligendamm erheblich zu 
stoeren oder zu verhindern. Diese Straftaten sind dazu bestimmt, die in der 
Bundesrepublik Deutschland bestehende Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung 
zu erschuettern und koennen insbesondere die internationale Position der 
Bundesrepublik Deutschland als verlaesslicher Partner im Verbund der acht 
wichtigsten Wirtschaftsnationen erheblich schaedigen."
Auch ging man bei SO36.net nicht zimperlich mit der Auslegung des 
Durchsuchungsbschlusses um: Die Polizei verlangte vollen Zugriff auf den 
Rechner und wollten alles kopieren mit der Drohung, ansonsten gleich den 
ganz Server mitzunehmen. Gluecklicherweise konnte hier eine Anwaeltin 
intervenieren und dann stellte sich heraus, dass der Beschluss nur das 
Kopieren der Postfaecher von 10 Personen und ein paar weiteren Kleinigkeiten 
erlaubte. Bei diesen Methoden liegt die Vermutung nahe, dass nicht alle 
Hausdurchsuchungen so buchstabengetreu abgelaufen sein werden.
Die Reaktionen auf die Polizeiaktionen waren schnell und umfassend. Noch am 
Abend des selben Tages gab es in rund 20 deutschen Staedten Spontandemos. In 
Wien gingen am naechsten Tag 100 Menschen unangemeldet vom 
Schwarzenbergplatz zur deutschen Botschaft -- was der ORF mangels echtem 
Interesse als Solidaritaetsdemo fuer die Freilassung von Christian Klar 
reportierte. In Salzburg wurde 
in der Nacht auf Freitag das Konsulat 
"verschoenert" und am naechsten Morgen der Konsul mit Transparent um ein 
Gespraech gebeten -- leider war dieser nicht anwesend oder tat zumindest so. 
In Deutschland erfuhr man aber trotzdem von den Protesten: Flugblaetter 
wurde hundertfach in dorthin fahrende Zuegen deponiert.
Abseits spontaner Proteste kam es aber auch zur erheblichen Verbreiterung 
von Unmut. Selbst der eher im wissenschaftlich-etablierten Bereich 
anzusiedelnde Kasseler Friedensratschlag fand noch am Tag der Razzia klare 
Worte: "Die ueberfallartigen Polizeiaktionen gegen 40 Wohnobjekte und Bueros 
globalisierungskritischer Alternativprojekte sind ein ermittlungstechnischer 
Fehlschlag, juristisch ueberfluessig wie ein Kropf und ein politischer 
Skandal erster Ordnung. ... An den Protesten, die am 2. Juni in einer 
bundesweiten Grossdemonstration in Rostock einen Hoehepunkt haben werden, 
ist auch die Friedensbewegung beteiligt. Sie muss daher die polizeilichen 
Uebergriffe auch als Angriff auf sich selbst empfinden."
Der Friedesratschlag hat aber auch mit der ebenfalls nicht gerade 
linksradikalen Organisation Pax Christi Deutschland sowie Attac Deutschland 
und dem Netzwerk Friedenskooperative einen Aufruf unterzeichnet mit dem 
unmissverstaendlichen Motto: "Jetzt erst recht: G8-Proteste unterstuetzen!"
Wenn die Razzia den Zweck hatte, die Mobilisierung zu behindern, kann man 
also getrost von einem Schlag ins Wasser sprechen.
-br-
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