**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 17. April 2007; 16:50
**********************************************************
Ruestung:
> "Schlafende Hunde soll man nicht wecken"
Die in den letzten Wochen ventilierten Meldungen ueber angeblich im Irak
aufgefundene Scharfschuetzengewehre der Firma Steyr-Mannlicher boeten die
Chance, der Oeffentlichkeit einen Geschaeftszweig der oesterreichischen
Exportwirtschaft bewusst zu machen, der zumeist ausserhalb der medialen
Berichterstattung operiert: Die heimische Waffenindustrie.
Mit Erleichterung duerfte man bei Steyr-Mannlicher eine vom US-Armeekommando
Ende Maerz kommunizierte Mitteilung vernommen haben, die den
oberoesterreichischen Waffenfabrikanten von der Schuld freispricht, die
Verantwortung fuer illegale Waffenimporte in den Irak zu tragen. Damit wurde
ein Bericht des Daily Telegraphs widerlegt, demzufolge in Bagdad 100
Scharfschuetzengewehre oesterreichischer Herkunft sichergestellt wurden, die
ueber den Iran in das Land gelangt waeren. Da die oesterreichische Regierung
im Jahr 2005 eine Lieferung entsprechender Waffen in den Iran bewilligt
hatte, sorgte diese Anschuldigung fuer einige diplomatische Aufregung und
fuehrte zu einem vorlaeufigen US-Boykott gegen Steyr-Mannlicher. Wenngleich
diese konkreten Vorwuerfe nun entkraeftet wurden, sollte man nicht ueber die
Tatsache hinwegblicken, dass oesterreichische Waffenproduzenten, allen voran
Steyr-Mannlicher und das in Wien bzw. Niederoesterreich ansaessige
Unternehmen Glock weiterhin auf Waffenmaerkte im Nahen Osten, aber auch in
anderen Krisengebieten draengen.
Auslagerung der Produktion
Der 1998 von den EU-Mitgliedsstaaten vereinbarte Code of Conduct on Arms
Exports, der u.a. eine hoehere Transparenz europaeischer Waffenexporte
vorbereiten und eine Einschraenkung der Geschaefte in Krisenregionen
ermoeglichen sollte, stellt fuer Waffenlieferungen in eben diese Regionen
jedenfalls laengst kein Hindernis mehr dar. Durch die Auslagerung der
Produktion in Drittstaaten (im Falle Steyr-Mannlichers nach Malaysia,
waehrend Glock den arabischen Raum ueber die Lizenzproduktion in Dubai
erschliessen will) werden internationale Abkommen umgangen und die
Aktivitaeten der Unternehmen gleichzeitig dem oeffentlichen Diskurs
entzogen.
So agiert Glock, einer der groessten westeuropaeischen Hersteller von
Pistolen, beinahe vollkommen im Verborgenen und verweigert sogar die
Preisgabe grundlegender Informationen ueber Unternehmensstruktur oder
durchgefuehrte Geschaefte, duerfte ernstzunehmenden Schaetzungen zufolge
jedoch einen jaehrlichen Umsatz von 100 Mio. Euro machen.
Politische Rueckendeckung
Umso erstaunlicher mutet in Anbetracht dieser Intransparenz die Bereitschaft
der oesterreichischen Regierungen an, die Waffengeschaefte dieser
Unternehmen nach Kraeften zu unterstuetzen. Zuletzt erteilte
Wirtschaftsminister Bartenstein am 20.Jaenner dieses Jahres der Firma Glock
abermals die Bewilligung, einem neuen Auftrag der US-Armee, irakische
Sicherheitskraefte mit Kleinfeuerwaffen auszustatten, nachzukommen. Peter
Pilz strich in diesem Zusammenhang in einer Anfrage vom 16.Februar an den
Wirtschaftsminister hervor, dass laut Medienberichten ein betraechtlicher
Teil der in den Irak importierten Waffen umgehend auf dem Schwarzmarkt
landet, woran sich die oesterreichische Regierung jedoch nicht gestossen
haben duerfte. Die erwaehnte Lieferung der Steyr-Mannlicher-Gewehre an den
Iran ist daher alles andere als ein Einzelfall, wie eine Vielzahl
vergleichbarer Exportgeschaefte oesterreichischer Waffenproduzenten etwa
nach Zimbabwe, Pakistan oder in suedamerikanische Staaten verdeutlichen.
Hinter einer Mauer des Schweigens und Verbergens werden Steyr-Mannlicher und
Konsorten mit Unterstuetzung der Regierung solange ihren fragwuerdigen
Geschaeften nachgehen, solange sie sich der oeffentlichen Wahrnehmung
entziehen koennen. Umso hintergruendiger erscheinen daher die Worte des
neuen Eigentuemers von Steyr-Mannlicher, Franz Holzschuh, der, von der
Wiener Zeitung auf die Affaere der Scharfschuetzengewehre im Irak
angesprochen, verkuendet: "Schlafende Hunde soll man nicht wecken. Ich bin
froh, dass Gras ueber die Sache gewachsen ist."
*Stefan Meisterle/DAZ*
Weiterfuehrende Links:
http://www.controlarms.at/
http://www.smallarmssurvey.org/files/sas/publications/o_papers_pdf/2005-op16-west_europe.pdf
http://rpoth.at/pastwork/kleinwaff_oest.shtml
***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen
Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht
wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein. Nachdruck
von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete
Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von
Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als
Abonnement verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann
den akin-pd per formlosen Mail an akin.buero@gmx.at abbestellen.
*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.buero@gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976/00, Zweck: akin