**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 13. Maerz 2007; 16:35
**********************************************************
EU/Strahlende Zukunft:
> 50 Jahre EURATOM
Ende Maerz wird der EURATOM-Vertrag ein halbes Jahrhundert alt. 
atomstopp_oberoesterreich, GLOBAL 2000, Greenpeace, die Salzburger Plattform 
gegen Atomgefahren (PLAGE) und der Umweltdachverband starten 2007 Kampagnen 
fuer ein Ende der europaeischen Atompolitik und den Ausstieg Oesterreichs 
aus dem EURATOM-Vertrag.
Hier deren (gekuerztes) Hintergrundpapier.
Obwohl die oeffentliche Meinung (1) in der EU weiter mehrheitlich gegen die 
Nutzung der Atomenergie ist, sind die 27 EU-Staaten dem EURATOM-Vertrag 
verpflichtet, in dessen Praeambel festgehalten ist, dass "die Kernenergie 
eine unentbehrliche Hilfsquelle fuer die Entwicklung und Belebung der 
Wirtschaft darstellt und dass man entschlossen ist, "die Voraussetzungen 
fuer die Entwicklung einer maechtigen Kernindustrie zu schaffen."
Alle Bemuehungen einer Revision des EURATOM-Vertrages scheiterten am 
Einstimmigkeitsprinzip - trotz der Erfahrungen aus der Katastrophe von 
Tschernobyl.
Was ist EURATOM?
Der am 25. Maerz 1957 in Rom unterzeichnete Vertrag zur Gruendung der 
Europaeischen Atomgemeinschaft (EURATOM) stellt eine massive Foerderung der 
Europaeischen Nuklearindustrie dar. Diese besteht vor allem in der Schaffung 
einer eigenen Wirtschaftszone fuer die Nuklearindustrie, was dem EG-Vertrag 
widerspricht, z. B. bei den staatlichen Subventionen, die den 
Binnenmarktregeln widersprechen, nicht aber dem EURATOM-Vertrag. EURATOM ist 
die Grundlage fuer die Finanzierung von Atomforschung, Grundlage fuer die 
Verteilung von Milliardenkrediten fuer die Errichtung und/oder 
Modernisierung von Atomkraftwerken. Die Verbreitung der technischen 
Kenntnisse soll sichergestellt werden, Investitionen in die Atomkraft werden 
erleichtert.
Fuer diese Atomfoerderpolitik zahlen alle Mitgliedstaaten der Europaeischen 
Union - einerlei, ob sie Atomkraftwerke betreiben oder nicht. Den 
EURATOM-Vertrag hat kein lokaler oder nationaler Widerstandserfolg um ein 
Jota geaendert. Er ist die Grundfeste der Atomlobby, dank der sie Krisen 
stets durchtauchen konnte. Ohne den EURATOM-Vertrag haette die Atomindustrie 
ihr Tief nach Tschernobyl nicht ueberwunden. Als Resultat ist die EU heute 
der Raum mit dem dichtesten Netz von Atomanlagen der Welt.
Was ist die Kritik?
Eine konsumenten- und umweltfreundliche Liberalisierung des Strommarkts 
bedarf verbesserter Transparenz, fairen Netzzugangs, vermehrter 
Konsumentenrechte und fairer Energieprogramme der EU. Der EURATOM-Vertrag, 
der die Gemeinschaft dazu verpflichtet "die Voraussetzung fuer die 
Entwicklung einer maechtigen Kernindustrie zu schaffen", steht dazu im 
Widerspruch. Die Kommission kann gestuetzt auf den EURATOM-Vertrag eine 
aktive Vorgehensweise gegen die wettbewerbsverzerrenden Subventionen fuer 
die Nuklearindustrie vermeiden.
Im Juli 2002 lief einer der drei Gruendungsvertraege der EU aus, der 
EGKS-Vertrag ueber Kohle und Stahl, da diese Industrien durch keine eigene 
Wirtschaftszone mehr gefoerdert werden muessen. Somit bleibt der 
EURATOM-Vertrag der einzige eigenstaendige Vertrag ausserhalb des 
EU-Vertrags, der seit nunmehr 50 Jahren die Atomkraft foerdert, ohne dass es 
der Atomindustrie gelungen waere, ohne Foerderung wirtschaftlich am Markt zu 
bestehen und das Atommuellproblem zu loesen.
Kein Platz in einer demokratischen EU
Das Europaeische Parlament war erst im Entstehen, als der EURATOM-Vertrag 
1957 geschaffen wurde. Ausserdem war eine demokratische Kontrolle der 
Nuklearindustrie weder eine Prioritaet noch wurde sie damals als 
wuenschenswert angesehen. Der EURATOM-Vertrag ist weitgehend vor kritischen 
Pruefungen durch das Europaeische Parlament geschuetzt, da es keine 
Mitentscheidung fuer die operationalen Funktionen gibt. Die Funktion des 
Europaeischen Parlaments ist eine ausschliesslich beratende." (2)
Die Tatsache, dass das Europaeische Parlament keine Mitentscheidung bei 
nuklearen Fragen hat und die alleinige Verantwortung fuer die Vergabe der 
EURATOM-Kredite bei der Europaeischen Kommission liegt (ohne Parlament, aber 
auch ohne Europaeischen Rat!), unterstreicht die Notwendigkeit einer Reform 
des undemokratischen EURATOM-Vertrags.
Kein Konsens der EU-Mitgliedsstaaten
Bei der Frage der Atomenergienutzung entwickeln sich die Einstellungen der 
EU-Mitgliedsstaaten immer weiter auseinander. Waehrend einige eine aktive 
Ausstiegspolitik verfolgen, beharren andere auf ihrer Foerderung der 
Atomenergie. Der Konsens von 1957 existiert nicht mehr. Von den aktuell 27 
EU-Staaten haben zehn nie Atomenergie genutzt. Oesterreich und Italien sind 
ausgestiegen, vier weitere Laender (Belgien, Deutschland, die Niederlande 
und Schweden) haben den Ausstieg beschlossen. In Spanien kuendigte die neue 
Regierung aehnliche Plaene an.
Oesterreich und EURATOM
Trotz Ankuendigung von OeVP-Umweltminister Proell, waehrend der 
oesterreichischen EU-Ratspraesidentschaft (1. Halbjahr 2006) auf allen 
politischen Ebenen die Anti-Atom-Haltung Oesterreichs zu diskutieren und 
einzubringen, ist sogar die blosse Diskussion ueber die Notwendigkeit einer 
EURATOM-Revisionskonferenz zum Erliegen gekommen. Nicht einmal das fuer Ende 
Juni 2006 anberaumte dreistuendige Gespraech im Europaeischen Parlament 
konnte stattfinden.
Oesterreich hat zwar mit fuenf anderen Staaten (Ungarn, Schweden, 
Deutschland und Irland) zur EU-Verfassung eine Erklaerung abgegeben, in der 
festgehalten wird, dass die zentralen Bestimmungen des EURATOM-Vertrages 
seit seinem Inkrafttreten in ihrer Substanz nicht geaendert worden sind und 
aktualisiert werden muessen. Daher wuerden sie Gedanken einer Konferenz der 
Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten unterstuetzen, die so rasch 
wie moeglich einberufen werden sollte.
Passiert ist bis dato aber nichts. Oesterreich zahlt mit bei Euratom - mehr 
als 40 Millionen Euro jaehrlich (laut parlamentarischer Anfrage 2004). 
Oesterreich leistet damit auch Vorschub fuer die europaeische 
Atomrenaissance, z.B durch einen Kredit ueber 223,5 Millionen Euro fuer das 
rumaenische Cernavoda II.
*
(1) EURObarometer Umfrage veroeffentlicht im Jaenner 2007 - Umfragedaten vom 
Mai und Juni 2006, 25.000 Befragte sowie Umfrage von 
atomstopp_oberoesterreich: 85% der OberoesterreicherInnen wuenschen sich den 
Ausstieg aus dem EURATOM-Vertrag und somit den STOPP fuer die 
Atomsteuergelder aus Oesterreich! (repraesentative Umfrage des 
market-Instituts vom August 2006).
(2) http://www.ecofuturum.de/de/downloads/ecobriefs/EcoBriefsNRG.pdf
***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen 
Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht 
wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein. Nachdruck 
von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete 
Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von 
Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine 
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als 
Abonnement verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann 
den akin-pd per formlosen Mail an akin.buero@gmx.at abbestellen.
*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.buero@gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976/00, Zweck: akin