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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 13. Maerz 2007; 17:09
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Kolumbien/Kapitalismus:

> Die Coca-Cola-Morde -- the real thing

Vor einem Jahr untersagte der Stadtrat von Turin den Verkauf von
Erzeugnissen der Coca-Cola Company in oeffentlichen Gebaeuden. Wenig spaeter
begann eine weltweite Kampagne gegen Coca-Cola, die mittlerweile auch erste
Erfolge im deutschsprachigen Raum erzielt hat. Dieser Artikel bietet einen
kleinen Einblick in die Beweggruende der weltweiten Kampagne zum Boykott von
Coca-Cola.

Man stelle es sich einmal vor: Coca-Cola -- selbsternannter Freund der
Fussballfans und meistverkauftes, nicht-alkoholisches Erfrischungsgetraenk
weltweit - laesst morden und niemand bekommt auch nur irgendetwas davon mit.
So geschehen zum Beispiel am 30. Juli 1990, als in der
Coca-Cola-Abfuellanlage Embotelladora Nariñense in Pasto im Suedwesten
Kolumbiens mit Avelino Achicanoy der erste von insgesamt acht
Coca-Cola-Arbeitern in Kolumbien ermordet wurde. Waehrend eines Streiks
schoss ihm ein Paramilitaer direkt ins rechte Ohr. Avelino war
Fuehrungsmitglied der kolumbianischen Gewerkschaft der Arbeiter in der
Lebensmittelindustrie, SINALTRAINAL.

Es folgten die Ermordungen von José Eleazar Manco David (am 8. April 1994 in
Carepa ermordet), Luis Enrique Giraldo Arango (20. April 1994 in Uraba),
Luis Enrique Gómez Granados (23. April 1994 in Carepa), Isidro Segundo Gil
Gil (5. Dezember 1996 in Carepa), José Libardo Herrera Osorio (26. Dezember
1996 in Carepa), Oscar Darío Soto Polo (21. Juni 2001 in Montería) und
Adolfo de Jesús Munera López (31. August 2002 in Barranquilla). Weiters nahm
sich am 20. April 1998 Guillermo Gómez Maigual aufgrund seiner Situation auf
dem Firmengelaende das Leben. Darueber, geschweige denn ueber die
Verwicklungen der Coca-Cola Company (nachfolgend "CCC" genannt) ist weder in
der US-amerikanischen noch in der europaeischen Presse Nennenswertes
geschrieben worden. Die Geschaeftsmethoden der CCC wurden nicht in Frage
gestellt.


So streitet die CCC bis heute jede Verwicklung in die Mordfaelle ab,
profitiert kraeftig von den Morden, verweigert den Opfern jede
Unterstuetzung und brandmarkt -- als Gipfel der Dreistigkeit - die
Gewerkschaft SINALTRAINAL, die sich mit absolut friedlichen Mitteln fuer die
Rechte der Arbeiter in Kolumbien einsetzt, als eine die Guerilla
unterstuetzende terroristische Vereinigung.

Dass die oeffentlich dementierte Zusammenarbeit mit den Paramilitaers
Methode hat, zeigt ein Blick in die juengere Vergangenheit. Anfang der
1990er Jahre arbeiteten in den verschiedenen Coca-Cola-Niederlassungen
Kolumbiens etwas ueber 10.000 Arbeiter. Sie verfuegten alle ueber
unbefristete Vertraege und ein durchschnittliches Einkommen von 600-700
US-Dollar, das sind vergleichsweise hohe Loehne. Fuer Coca-Cola war diese
gewachsene Struktur ein Aergernis, das zu beseitigen war. Heute, nach einer
grundlegenden Umstrukturierung des Unternehmens, arbeiten nur noch etwa
2.500 Frauen und Maenner fuer Coca-Cola Kolumbien, aber nur 500 davon haben
feste Vertraege, weitere 7.500 sind ueber Subunternehmer beschaeftigt. Ihr
durchschnittliches Monatseinkommen betraegt nur noch etwa 150 US-Dollar. Der
Weg zu dieser fuer das Unternehmen viel guenstigeren Situation fuehrte ueber
die Zerschlagung der Gewerkschaftsbewegung, die diese Bedingungen zuvor
erkaempft hatte und sich auch gegen die Umstrukturierung zur Wehr setzte.
Fuehrende Aktivisten wurden ermordet, ueber 50 Arbeiter mussten ihre
Regionen verlassen und ueber 6.000 der insgesamt 10.000 Beschaeftigten
wurden waehrend des vergangenen Jahrzehnts ausgetauscht.

Vor rund drei Jahren reiste ein Team der alternativen Berliner Gruppe "Kanal
B" unter der Leitung von Barbara Schoenafinger nach Carepa, um die
Hintergruende der Ermordung von Isidro Segundo Gil zu untersuchen. Die
Ergebnisse ihrer Untersuchung wurden in einem 50-minuetigen Film
zusammengefasst und sind erschuetternd. Die Recherchen zeigen, mit
welcher -- fuer Europaeer des 21. Jahrhunderts unvorstellbaren --
Brutalitaet und Unverfrorenheit einzelne Fuehrungskraefte von Coca-Cola
handeln. Besonders hervorzuheben ist Richard Cirby, der Geschaeftsfuehrer
der Abfuellanlage in Carepa. Der Film zeigt, wie die Paramilitaers in
Kolumbien agieren und wie sie dabei die Unterstuetzung der lokalen
Sicherheitskraefte geniessen. Belegt ist auch, dass -- zumindest in
Carepa -- die Moerder direkt von Coca-Cola bezahlt werden und voellige
Straffreiheit geniessen. Die Ermordung von Isidro Segundo Gil war dabei
nicht die einzige, die waehrend Tarifverhandlungen und auf dem Werksgelaende
einer der insgesamt 20 landesweiten Abfuellanlagen stattfanden. In der Folge
gab man den uebrigen Arbeitern in Carepa eine sehr knappe Frist, um aus der
Gewerkschaft auszutreten, wenn sie nicht dasselbe Schicksal ihres ermordeten
Kollegen erleiden wollten, waehrend die verbliebenen Leute der lokalen
Gewerkschaftsfuehrung Hals ueber Kopf fliehen mussten.

Bis heute weigert sich Coca-Cola, die Morde untersuchen zu lassen; umso
groesser war der Erfolg, als es gelang, Ende 2005 das erste von bis heute
zwei Tribunalen zur Untersuchung der Vorwuerfe gegen Coca-Cola wie auch
gegen die ebenfalls in Mordfaelle und schwere Menschenrechtsverletzungen
verwickelten Unternehmen Nestlé und Chiquita zu beginnen.

Dabei ist Coca-Cola sicher nur ein Teil eines menschenverachtenden Systems
und sicher auch nicht dessen Urheber. Doch das Image als "Freund der
Fussballfans", das Coca-Cola in vielen Laendern kreiert hat, wirkt wie
blanker Zynismus, wenn man weiss, wie die CCC in Kolumbien und anderen
Laendern Freiheit und Menschenrechte mit Fuessen tritt.

Ziel der weltweiten Kampagne zum Boykott ist nicht in die Zerschlagung des
Unternehmens. Sie fordert von Coca-Cola:

* sich oeffentlich von den Aktionen der Paramilitaers gegen die Gewerkschaft
SINALTRAINAL zu distanzieren,

* die Verleumdungsklagen gegen SINALTRAINAL zurueckzuziehen und keine
weiteren Verfahren dieser Art gegen die Gewerkschaft anzustrengen,

* direkt mit SINALTRAINAL zu verhandeln und mit unparteilicher Vermittlung
ueber die Ereignisse in Kolumbien und eine Loesung zu sprechen,

* Menschen- und Arbeitsrechte weltweit zu achten und
Entschaedigungszahlungen an die Betroffenen zu leisten.


(Michael Kresse, Lateinamerika Anders, Februar 2007)

Quelle und weitere Links:
http://www.dieanderezeitung.at/index.php?option=com_content&task=view&id=556&Itemid=80



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