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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 20. Februar 2007; 16:10
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Mexiko:
> Schiefe OPDDIC
Drohende Eskalation in Chiapas
In einem aktuellen Kommuniqué vom 9. Februar warnt die Zapatistische Armee 
zur nationalen Befreiung (EZLN) die paramilitaerische Gruppierung 
"Organisation zur Verteidigung der Ureinwohner- und Bauernrechte" (OPDDIC) 
vor weiteren Aktivitaeten in den zapatistisch kontrollierten Gebieten im 
suedmexikanischen Bundesstaat Chiapas.
Die OPDDIC habe in juengster Vergangenheit Briefe verschickt, in denen sie 
ganzen Familien mit Vertreibungen oder Angriffen drohte, weil diese 
geweigert hatten, sich der bewaffneten Organisation anzuschliessen. Die 
Zapatistas werfen der OPDDIC vor, fuer die Ermordung von vier EinwohnerInnen 
des Dorfes Viejo Velasco am 13. November 2006 verantwortlich zu sein. Die 
Organisation ziele darauf ab, lokale Konflikte zur Eskalation zu bringen, um 
ein weiteres Eindringen der mexikanischen Armee in das Rebellengebiet zu 
rechtfertigen und so den Aufstand der Zapatistas endgueltig zu zerschlagen. 
Des weiteren sei die OPDDIC fuer Landraub, die Pluenderung des 
Lakandonischen Urwalds und fuer illegalen Fahrzeug- und Drogenhandel 
verantwortlich und erfahre direkte Unterstuetzung der Regierung.
Michael Chamberlin vom kirchlichen Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de 
las Casas aus San Cristóbal, Chiapas, erlaeuterte im Interview, dass die 
OPDDIC eine Organisation sei, die sich in den vergangenen Jahren 
besorgniserregend vergroessert habe: "Die OPDDIC hat ihre Wurzeln in den 
paramilitaerischen Organisationen 'Revolutionaere Indigene 
Anti-Zapatistische Bewegung' (MIRA), 'Frieden und Gerechtigkeit' sowie 'Los 
Chinchulines'. Sie sind fuer Dutzende Morde verantwortlich". Mit einem 
Versprechen auf Landzuteilung wuerden verzweifelte Kleinbauern 
und -baeuerinnen in die Gruppierung gelockt. Aktuell drohe die OPDDIC nicht 
nur mit der Vertreibung weiterer vier Gemeinden in der Region Montes Azules, 
sondern auch mit offenen Angriffen auf Unterstuetzungsgemeinden der EZLN. 
"Sogar wir selbst, Aktivisten aus dem Menschenrechts- und 
Umweltschutzbereich, erhalten Todesdrohungen", so Chamberlin.
In der mexikanischen Tageszeitung La Jornada vom 13. Februar wies der 
Chiapas-Experte Hermann Bellinghausen darauf hin, dass es direkte 
Verbindungen zwischen der OPDDIC und Regierungsbehoerden gaebe. Der 
eigentliche Hintermann der Gruppe sei Pedro Chulín, einst Abgeordneter in 
Chiapas, heute Bundesabgeordneter fuer die noch immer maechtige 
Institutionelle Revolutionaere Partei (PRI). Chulín habe sowohl Kontakte zu 
lokalen Machthabern als auch zu nationalen und internationalen Unternehmen, 
die starkes Interesse an der territorialen Kontrolle und an der Ausbeutung 
des Naturressourcen der Region haetten.
Auch PRD nicht mehr ganz so sauber
Der aktuelle Gouverneur Juan Sabines von der sozialdemokratischen PRD war 
bis kurz vor seiner Wahl im vergangenen Jahr Mitglied der PRI und steht 
erklaertermassen dem aktuellen Praesidenten Mexikos, Felipe Calderón von der 
konservativ-neoliberalen PAN, nahe. Sabines hat bisher keinerlei Aktivitaet 
unternommen, um die Verbrechen der OPDDIC aufzuklaeren. Im Gegenteil, im 
Umfeld von Sabines und OPDDIC operieren die strikt antizapatistischen 
chiapanekischen Eliten, darunter auch die agressiven Viehzuechter aus den 
Landkreisen Comitán, Altamirano und Ocosingo, denen er im Wahlkampf die 
Rueckeroberung der von der EZLN besetzten Laendereien versprochen hatte.
Praesident Calderón wiederum ordnete in den vergangenen Wochen umfassende 
Militaeroperation in Suedmexiko an, um unter dem Mantel der 
Drogenbekaempfung ein "sicheres Investitionsklima fuer auslaendische 
Unternehmen zu garantieren", wie er auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos, 
Schweiz, erklaerte. Nach Angaben der EZLN dient dies jedoch vor allem dazu, 
die Rebellengebiete weiter zu militarisieren. Auffaellig sei auch, dass die 
OPDDIC aktuell vor allem in den bereits stark aufgeruesteten Gebieten 
operiere, was eine gemeinsame Strategie der Aufstandsbekaempfung belege.
Die soziale Situation in Chiapas ist aktuell so angespannt wie lange nicht 
mehr. Die Zapatisten ihrerseits zeigten sich entschlossen, notfalls auch 
bewaffneten Widerstand zu leisten: "Der OPDDIC, dem Señor Pedro Chulín und 
den Regierungsbehoerden sagen wir, dass wir bereit und faehig sind, unsere 
Gemeinden zu verteidigen und dafuer zu sorgen, dass die indigenen Gesetze 
eingehalten werden, die dazu da sind, die Baeume und die Naturschaetze der 
Selva Lacandona zu schuetzen und die Abholzung und den Handel mit 
Edelhoelzerm sowie den Anbau, den Handel und den Konsum von Drogen zu 
untersagen. Wir sagen ihnen, wenn sie bereit sind, den Krieg mit diesen 
Mitteln von neuem aufzunehmen, wenn auch getarnt als 'Auseinandersetzungen 
unter Indigenas', und unter dem Schutz der militaristischen Posen von Herrn 
Calderón, sind auch wir willens und faehig dazu. Ganz gleich wie viele 
Soldaten, Polizisten oder Paramilitaers kommen, wir werden die Erde, die 
unsere Toten bewahrt, beschuetzen, auch wenn es uns die Freiheit und das 
Leben kostet".
(LK, Gruppe B.A.S.T.A., 14.2.2007)
Quelle: http://www.chiapas.ch/?artikel_ID=776&start=0&j=10#
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