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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 30. Jaenner 2007; 09:25
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WSF 2007
> Ausbeutung im Namen der Partnerschaft?
Die EPAs: Neue Europaeische Partnerschaftsabkommen
Ein dominierendes Thema beim Weltsozialforum in Nairobi waren die 
umstrittenen neuen Partnerschaftsabkommen, die die EU derzeit mit den 
AKP(Afrika, Karibik, Pazifik)-Staaten verhandelt. 27 Veranstaltungen 
widmeten sich diesem Thema. Am 23. Jaenner, fand eine Demonstration gegen 
EPAs mit mehreren hundert TeilnehmerInnen vor der Vertretung der EU in 
Nairobi statt, an der auch Gruene (u.a. die Verfasserin und U. Lunacek) 
teilnahmen.
Die sog. EPAs (Europaeische Partnerschaftsabkommen) wurden bereits im Jahr 
2000, beim Abschluss des sog. Cotonou-Abkommens vereinbart. Dadurch wurden 
Entwicklungshilfezusagen mit den EPA-Verhandlungen verknuepft.
Die EPA-Verhandlungen begannen im September 2002, sollen Ende 2007 
abgeschlossen werden und am 1. Jaenner 2008 in Kraft treten. Die 
Verhandlungen waren auch deshalb notwendig, da die alten Abkommen, die den 
AKP-Laendern verguenstigten Zugang zum europaeischen Markt ermoeglichten, 
nicht mehr den WTO-Regelungen entsprachen.
Die Verhandlungen finden jeweils zwischen der Europaeischen Kommission und 
neun neu gebildeten Regionalgruppen statt, die sich ganz und gar nicht mit 
den bereits existierenden regionalen Gemeinschaften decken (wie etwa der 
Entwicklungsgemeinschaft im suedlichen Afrika, SADC). Am Ende soll es somit 
neun Freihandelsabkommen mit der EU geben. Gewinnerin kann dabei nur die 
Union sein, denn diesmal soll der WTO-Grundsatz der gegenseitigen 
Marktoeffnung gegeben sein, dh. dass die AKP-Staaten ihre Maerkte fuer 
EU-Produkte und -Dienstleistungen oeffnen muessen.
Zahlreiche Nichtregierungsorganisationen, besonders in Afrika, laufen 
bereits seit mehr als drei Jahren Sturm gegen die Verhandlungen, und auch 
die AKP-Regierungen selbst zeigen Unzufriedenheit mit Inhalt und Ablauf der 
Verhandlungen.
Im Bereich der Landwirtschaft werden hohe Anpassungskosten und der Ruin der 
lokalen Maerkte befuerchtet, sobald billige, hochsubventionierte 
Agrarprodukte aus der EU ungehindert eingefuehrt werden koennen. Die 
EU-Kommission wollte in den bisherigen EPA-Verhandlungen - aus ihrer Sicht 
wohlbegruendet - das Thema Subventionen erst gar nicht anschneiden.
Im Dienstleistungsbereich versucht die Kommission aggressiv den Marktzugang 
fuer die EU-Anbieter zu schaffen, was sie - auch aufgrund des Protestes in 
den eigenen Mitgliedslaendern - im Zuge der GATS-Verhandlungen nicht 
durchsetzen konnte. Gegen die grossen Dienstleistungskonzerne Europas haben 
lokale Anbieter keine Chance. Die AKP-Laender koennen von dieser Oeffnung 
selbst kaum profitieren: nur 1,5 % der weltweiten Exporte gehen auf 
Dienstleistungen aus diesen Laendern zurueck. Die Chance, in Oesterreich auf 
einen suedafrikanischen Telekomanbieter zurueckgreifen zu koennen, wird also 
eher gering sein. Umgekehrt wird der franzoesische Wasserriese Suez noch 
viel leichter als bisher in AKP-Staaten Fuss fassen koennen.
Die EPAs sollen nach Willen der EU auch den Investitionsbereich regeln. Da 
die bisherigen Investitionsabkommen (ob bilateral oder im Rahmen der WTO) 
aber den AKP-Laendern bisher wenig Investitionen und noch weniger 
Entwicklung gebracht haben, sind die AKP-Regierungen skeptisch und wollen 
den Investitionsbereich aus den EPAs heraushalten.
Die hier in Nairobi vorgestellten Forderungen der afrikanischen NGOs 
umfassen im Kern:
- kein Abschluss der Verhandlungen Ende 2007, sondern mehr Zeit, um die 
Auswirkungen der EPAs auf die AKP-Staaten pruefen zu koennen,
- unabhaengige Studien ueber die Auswirkungen der EPAs
Ein Vertreter des African Trade Networks bezeichnete auch die Verbindung 
zwischen der Entwicklungshilfe und dem Handelsbereich, so wie es im 
Cotonou-Abkommen gegeben ist, als besonders problematisch. Durch die 
"Karotte" der Entwicklungsmittel wuerden die AKP-Regierungen im 
Handelsbereich erpressbar.
Es bleibt zu hoffen, dass der Druck der Zivilgesellschaft und auch der 
Parlamente (so werden die Gruenen europaweit die EPA-Verhandlungen 
thematisieren) zu grundlegenden Verbesserungen oder zum Stopp der 
Verhandlungen fuehren. Sonst koennte sich bewahrheiten, was Martin Damon vom 
suedafrikanischen kirchlichen Economic Justice Network meinte: "Die EPAs 
sind Ausbeutung im Namen der Partnerschaft."
(Martina Neuwirth/Gruene/bearb.)
Links:
http://www.epa2007.org
http://www.stopepa.de
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