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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 30. Jaenner 2007; 09:24
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WSF 2007:

> China und Afrika: Eine widerspruechliche Beziehung

Zu Beginn von Pier Paolo Pasolinis Dokumentarfilm "Notizen zu einer
afrikanischen Orestie" faehrt die Kamera ueber eine Auslage, in der
Mao-Bibeln zum Verkauf angeboten werden. Wir befinden uns Tansania oder
Uganda, es ist das Jahr 1970.

Die Beziehungen Chinas zu Afrika haben also nicht erst gestern begonnen,
wenn sie auch lange Zeit nicht wirklich gepflegt wurden. Aber erst jetzt ist
diese jahrzehntealte Beziehung Gegenstand heftiger Debatten und
Mutmassungen - auch hier beim Sozialforum in Kenia. Warum?

Chinas Rolle hat sich seit den Siebzigerjahren grundlegend gewandelt. Das
Land ist ein wirtschaftlicher Global Player mit wachsendem weltpolitischem
Engagement und Einfluss geworden. China versucht seinen enormen Appetit nach
Rohstoffen aller Art zu befriedigen. Im Gegenzug bietet China Hilfe bei
grossen Infrastrukturprojekten. Afrikanische Laender haben zwar eine
vorwiegend arme Bevoelkerung, aber teilweise grossen Rohstoffreichtum. Daher
das Interesse der chinesischen Regierung an dieser Region, was der
China-Afrika-Gipfel im November letzten Jahres zeigte, der die europaeischen
Laender gehoerig aufruettelte und nervoes machte. Denn China schliesst mit
immer mehr Laendern bilaterale Abkommen ab und fischt in Gewaessern, die
bisher v.a. europaeischen Firmen vorbehalten waren.

Aber auch afrikanische und chinesische Nichtregierungsorganisationen und
WissenschaftlerInnen machen sich so ihre Gedanken, welche Auswirkungen das
Engagement Chinas in Afrika hat. So beschaeftigten sich einige
Veranstaltungen am Sozialforum mit diesem Thema.

Vorgestellt wurden Fallbeispiele umstrittener chinesischer Projekte in
Moçambique, Tansania und dem Sudan. Beklagt wurden hemmungslose
Waldschlaegerungen, illegale Transporte, Menschenrechtsverletzungen,
Umweltverschmutzung und die Vertreibung der einheimischer Bevoelkerung -
eigentlich nichts, was man von europaeischen Konzernen (siehe Shell in
Nigeria) nicht auch kennen wuerde. Die chinesische Regierung jedoch tut erst
gar nicht so, als waeren Umwelt- und Menschenrechtsanliegen fuer sie eine
Herzensangelegenheit. Keine Auflagen bei der Durchfuehrung von Projekten und
viel partnerschaftliche Rhetorik - die glaubwuerdig ist, denn China fehlt
die koloniale Vergangenheit Europas. Und die Chinesen fackeln nicht lange
herum, Infrastrukturprojekte werden zuegig umgesetzt. Das sehen afrikanische
Regierungen gerne.

Afrikanische NGOs sehen das kritischer: China wuerde trotz gegenseitiger
Beteuerungen sehr wohl im Land Einfluss nehmen, und zwar immer zugunsten der
Herrschenden. Die Korruption wuerde steigen. Es gaebe keinen Aufbau lokaler
Kapazitaeten, da fast ausschliesslich chinesische Fachkraefte verwendet
wuerden. Und die Verschuldung der ohnehin ueberschuldeten Laender wuerde
zunehmen: Denn chinesische Hilfe gibt es nicht umsonst, sondern sie kommt
immer in Form billiger Kredite. Die chinesische Exim-Bank spielt dabei eine
tragende Rolle. Diese Bank ist die drittgroesste Exim-Bank der Welt, an der
uebrigens auch westliche Grossbanken zu einem Drittel beteiligt sind.

Chinesische NGOs weisen auf die Fortschritte auch hinsichtlich der Rolle der
Zivilgesellschaft hin, die in den letzten zehn Jahren stattgefunden haben.
Auch wenn es nach wie vor Menschenrechtsverletzungen gaebe, koennte sich
Protest in politisch weniger sensiblen Bereichen wie dem Umweltschutz
bereits artikulieren. Eine Zusammenarbeit zwischen chinesischer und
afrikanischer Zivilgesellschaft sei auf jeden Fall notwendig, was beim
Sozialforum auch - nicht ganz unerwartet - sehr begruesst wurde.

Der chinesische Aktivist Justin Wong, der fuer den britischen Moving
Mountains-Trust arbeitet, bot einen durchaus praktikablen und pragmatischen
Ansatz fuer den Umgang mit China in Afrika an: "Vertraut China nicht mehr
als jedem anderen und beurteilt es danach, ob die Interessen der
AfrikanerInnen dabei gewahrt bleiben."
(Martina Neuwirth/GA/bearb.)



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