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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 30. Jaenner 2007; 09:42
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Letzte Worte:

> Mein Recht auf Gift

Ich kann es nicht verhehlen -- eine OeVP-Ministerin ist mir sympathisch.
Noch dazu die neue Gesundheits- und Familienministerin! Nein, bitte, ich
kann das erklaeren! Schliesslich ist nach Maria Rauch-Kallat sowieso fast
jeder Mensch auf diesem Posten eine Wohltat. Es tut einfach mal gut, wenn
der Schmerz nachlaesst. Denn diese Moralapostelin mit ihrer realitaetsfernen
Phantasie einer drogenfreien Gesellschaft war ja nun wirklich mehr als man
dem Steuerzahler, vor allem dem Tabaksteuerzahler, zumuten konnte. Und jetzt
diese Andrea Kdolsky, Befuerworterin von Schweinsbraten und Tabakgenuss,
deren Qualifikation im Gesundheitsbereich sicher besser belegt ist als die
ihrer Vorgaengerin! Die ist wirklich ein erfrischendes Labsal.

Ich weiss, wir Raucher sind eine Zumutung im Wirtshaus. Aber, wie schon
Kdolsky bereits bemerkte, sind das auch manche Kinder im Beisel. Und die
Liste der Belaestigungen ist lang: Handyphonierer, laut bruellende
Alleinunterhalter am Nebentisch, Menschen mit Hunden und und und. Dass die
stark parfuermierten Damen und mittlerweile auch Herren, die einem das Essen
mit ihrem Gestank vermiesen koennen, bislang nicht unangenehm aufgefallen
sind, liegt nur an uns Kampfrauchern, deren Abgase das bislang ueberdeckten.
Aber wenn es in den Wirtshaeusern bei totalem Rauchverbot dann so riecht wie
in so manchem U-Bahn-Abteil (wo man eben nicht rauchen darf), das kann ja
auch keine Wohltat sein. Und erst diese provokanten Fleischfresser. Nicht zu
vergessen: Die Angsoffenen. Und ueberhaupt: Diese ganzen anderen Leute, die
ja bekanntlich die Hoelle sind, sind sowieso eine Zumutung! Daher: Wollte
man konsequent sein, muesste man alles verbieten, was stoeren koennte. Aber
wer soll dann noch ins Beisel gehen -- die asketischen, kinder- und
hundelosen, unparfuemierten Nichttelephonierer mit dem gedaempften Tonfall,
deren Existenz man gar nicht bemerkt? Na, dann viel Spass, das ist sicher
eine fidele, schlemmende und viel Bier konsumierende Gesellschaft. Die
Wirten werden sich freuen.

Nein, ich hab kein Problem mit einer strikten Einfuehrung abgetrennter
Raucherzonen. Aber die voellige Verbannung ist ein pseudomoralischer, alle
andere gesellschaftliche Unmoral kaschierender Eingriff. Die
Nichtraucher-Kampagnen in der USA wurden ja in vordester Front von den
Neocons vorangetrieben, in Europa war einer der ersten Streiter gegen den
blauen Dunst ausgerechnet ein in Sachen Moral nun ja nicht gerade sich
hervorgetan habender Silvio Berlusconi.

Diese Welt ist nicht perfekt. Wir brauchen unsere Drogen. Und manche Kinder
sind halt etwas lebhaft. Und manche Leute reden gerne laut. Wir muessen
damit leben und darauf achten, dass wir irgendwie Wege finden, miteinander
auszukommen -- uns gegenseitig alles zu verbieten, ist sicher nicht die
richtige Methode.

Denn hinter der Verbannung der Raucher steckt dreierlei: Zum einen die
Frustration der Nichtraucher, die nicht durch die Sucht der anderen
vergiftet werden wollen. Deren Standpunkt kann ich respektieren -- wenn ich
auch oft genug nicht in der Lage bin, meinen Respekt durch Nichtrauchen
auszudruecken. Aber mit den Nichtrauchern, die sich wirklich nur belaestigt
fuehlen, kann man meistens auch reden.

Weniger gut reden kann mat mit denen, die uns das Rauchen im Beisel
verbieten wollen, damit wir es uns ueberhaupt abgewoehnen, weil es ungesund
ist. Mit denen kann ich deswegen nicht gut reden, weil ich auf dem
Standpunkt stehe, dass meine Gesundheit schon meine eigene Angelegenheit
ist. Meine Lunge gehoert mir!

Aber gar nicht reden kann man mit denen, die prinzipiell was gegen Genuss
haben, weil sie selbst nicht in der Lage sind, zu geniessen. Das sind
diejenigen, die erklaeren, dass Drogen generell ganz pfui sind und wir doch
alle lieber Sport betreiben sollen. Interessanterweise sind das auch
meistens die mit einem spiessbuergerlichen Weltbild, dass alles sauber und
rein und gartenzwergig und biedermeyerlich sein soll. Das sind die, die auch
deswegen gegen das Rauchen sind, weil sie was gegen verrauchte Spelunken
haben, wo man vielleicht Subversives planen koennte -- die Geschichte kennt
Verbote von Tabak und auch Kaffee genau aus diesem Grund. Beim Joggen laesst
sich nur schwer die Welt diskutieren und die Revolution vorbereiten.

Ja, ich bin ein Suechtiger. Ich brauche diese Droge und ich meine, dass der
Mensch ein Recht auf Drogen hat. Wie soll man sonst diese Welt aushalten?
Und ich werde mir, im Falle eines totalen Rauch-Verbots in Gaststaetten
vielleicht das Billardspielen abgewoehnen muessen, weil ich in keinem
Kaffeehaus mehr geduldet sein werde. Rauchen aber werde ich weiterhin.

Daher, Frau Kdolsky, lassen Sie sich nicht etwas einreden sich und von den
Moralaposteln meschugge machen. Ich will weiterhin Billardspielen und
weltbewegende Gespraeche im Beisel fuehren koennen. Ich nehme eine tiefen
Zug aus meiner Virginier, hoffe, dass Sie demnaechst noch etwas Gescheites
zum Thema Cannabis sagen und trotzdem nicht gemoltert werden, und wuensche
Ihnen, dass Sie den Spitznamen, den Ihnen die Salzburger Nachrichten
verpasst haben, nicht verlieren, Frau "Genussministerin"!

v
Ce


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