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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 23. Jaenner 2007; 20:18
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Glossen:

> Zwei interessante Initiativen

Am vergangenen Montag, nach einer Schnell-Besetzung des Audi-Max,
entwickelte sich dort ein Plenum zu einer regelrechten Versammlung sozialer
und politischer Kraefte. Es wurde auf brutale und primitive Weise
abgewuergt - so wurde etwa eine Vertreterin der Gruppe "Virus" mitten in der
Rede von bruellenden Typen unterbrochen und der AIK-Referent wurde von einer
kleinen Clique niedergebruellt (das ganze unter der Duldung der gruenen
OeH-Funktionaerinnen, die die Versammlung leiteten, ohne dazu aufgefordert
zu sein). Nach dieser Versammlung hat es bei der Demonstration auf dem
Ballhausplatz bei Gelegenheit der Angelobung eine interessante Linkswende
gegeben, und zwar im Programm, das von der Vorsitzenden der Bundes-OeH,
Spielbauer, vorgetragen wurde. Es scheint sich ein wenig abzuzeichnen, dass
Teile der OeH ueber ihre bisherige beschraenkte - und auch erfolglose -
Standespolitik - hinausgehen wollen und sich verstaerkt als Mitakteur
(Mitactrice) in der allgemeinpolitischen Diskussion profilieren wollen. Das
kann fuer die gesellschaftliche Gesamtentwicklung nur nuetzlich sein.

Die Rede Spielbauers nahm explizit und vehement Bezug auf wesentliche
allgemeinpolitische Forderungen, die bereits von den BesetzerInnen der
SPOe-Zentrale formuliert und an die apa ausgeschickt worden waren, ohne dass
dies jedoch in irgendeiner Weise von der Presse beruecksichtigt wurde.

An erster Stelle erwaehnte Spielbauer die Forderung nach einem
eigenstaendigen, mit ausreichenden finanziellen Mitteln ausgestatteten
Frauenministerium, das kein Anhaengsel des Bundeskanzleramtes sein duerfe,
es wurde eine Mindestsicherung gefordert, die, und damit wurde die
Originalformulierung der BesetzerInnen der SPOe-Zentrale aufgenommen, "die
bisherigen Standards zumindest nicht unterlaeuft." Wenn, dann eine
Mindestsicherung, "die diesen Namen auch verdient", so Spielbauer.

"Wir wollen einen ordentlichen Kuendigungsschutz fuer Lehrlinge", hiess es
dann. Die Anhebung der Wochenarbeitszeit wurde aufs schaerfste kritisiert,
die Verschlechterungen im Arbeitsrecht wurden angeprangert und es hiess: "Es
ist hoechste Zeit, in die andere Richtung zu gehen. Arbeitszeitverkuerzung
jetzt!"

Schliesslich wurde die Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Paaren, die
Einfuehrung der Gesamtschule und "die sofortige Ruecknahme des Asylrechts"
gefordert. Zum letzten Punkt kam der staerkste Applaus. "AsylwerberInnen
sind politische Fluechtlinge und keine VerbrecherInnen!" Praegnant und sehr
bewusst hiess es: "Bleiberecht fuer alle, sonst gibt´s Krawalle!"

Sind dies nicht erfreuliche Entwicklungen in einer bisher mehr als sterilen
"linken" OeH, aus der in den letzten eineinhalb Jahrzehnten alle
antagonistischen Gruppen, AnarchistInnen, TrotzkistInnen, von der KP
unabhaengige KommunistInnen herausgesaeubert wurden? De ehemaligen
Fakultutaetsvertretungen waren zu unbeweglichen, studentisch bornierten
Insidertreffs geworden, in denen immer mehr die Parteien dominierten und die
gesamtgesellschaftlich keine Relevanz mehr hatten.

Im Gegensatz zu deutschen Universitaeten ist es nun der seit Jahren linken
OeH nicht gelungen, auf ihrem eigenen Territorium einen der
Mindeststandards, die in Deutschland seit der "Studentenbewegung" der
Siebzigerjahre zu Gewohnheitsrecht geworden sind, auch hier einzufuehren,
naemlich regelmaessige politische Grossplena in den groessten Hoersaelen, an
denen selbstverstaendlich alle politischen Kraefte der
ausserparlamentarischen Linken, nicht nur studentische, zu Wort kommen. An
allen Universitaeten, an denen linke Asten im Amt sind, ist dies eine
Selbstverstaendlichkeit - nicht in Wien.

Existiert etwa eine geheime erpresserische Direktive eines Spitzenbeamten
dieser Republik, mit der permanent sichergestellt wird, dass so etwas auf
der Hauptuni nicht zustandekommen darf?

Im Audi-Max hat man und frau bei allen Streik- und Besetzungsaktionen der
letzten 10 Jahre beobachten koennen, dass das - zum Teil kommerzialisierte -
Audi-Max immer der geeignete Ort war, an dem die Menschen sich und einander
wahrnehmen und spueren konnten. Hier waren einige Male waehrend der letzten
zwanzig Jahre Augenblicke der Kollektivitaet. 1987 waren auch
GewerkschaftlerInnen und Arbeitslose an der Besetzung beteiligt.

Das sind Orte politischer Vergesellschaftung der fragmentierten
Einzelwillensimpulse, die nur auf einem grossen Forum, einem permanenten
Tribunal ihre Bestrebungen und Absichten buendeln koennen.

Die gruenen Funktionaerinnen - deren eine ein gutes Exempel fuer politische,
ja leidenschaftlich politische Eloquenz geliefert hat, vielleicht, um als
GRAS ein wenig in der Oeffentlichkeit punkten zu koennen, weichen aus in die
sterile Technische Universitaet, und zwar in einen Vorraum der dortigen
Hochschuelerschaft, der HTU, weil nur mehr dort, ausgerechnet unter den
extrem unterpolitisierten TU-Studenten und -studentinnen, ueberhaupt noch
Raeume existieren, in denen man und frau sich treffen kann, im Gegensatz zur
sklerotischen und hieratischen und von burschenschaftlichem Ordnungsdenken
verseuchten Haupt-Uni.

Was anderes gibt´s in ganz Wien nicht?

Aber das Plenum vor den Toren der HTU hat sich nun institutionalisiert und
findet jeden Montag um 18 Uhr statt. Beim letzten Plenum waren
VertreterInnen der ArbeitslosensprecherIn, des AST, der AIK praesent, und
dadurch wurde ein gesundes Gleichgewicht zwischen studentischer Inzucht und
separierten Splittergruppen geschaffen.

Ein vernuenftiger Mensch wird also dieses Plenum, solange es existiert, als
Forum verwenden und sich nicht scheuen, seine Meinung zu sagen.

Noch staerker durch die radikale Linke gepraegt ist das neugegruendete
Komitee gegen die Grosse Koalition, an dem folgende AktivistInnen
teilnahmen: die SOAL, Vertreter (sic!) des (etwas geschrumpften)
oesterreichischen Sozialforums, zwei Arbeitslosenorganisationen, weiters der
KSV, die KJOe, die KI, die AIK, ein Aktivist der Kuba-Solidaritaet, der
Anatolische Kulturverein, Vertreter der Slowenischen StudentInnen, sowie Leo
Gabriel von der daz und vom Suedwind. Dieser Kern wird in naechster Zeit,
wie zu hoffen ist, einen verstaerkten und systematischen Appell an NGOs
richten, die von der Liquidierungspolitik von Gemeinde und Bundesregierung
betroffen sind, er wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach erweitern.

Es wird moeglicherweise noch weitere Initiativen geben, es waere aber gut,
bei aller "natuerlichen" Unterschiedlichkeit der politischen Gruppen und
auch gebotenen respektvollen Aufmerksamkeit fuereinander, wenn in
wesentlichen Belangen ein gemeinsames Vorgehen gegen die Politik der
Koalition im Rahmen von Kundgebungen, Veranstaltungen, Kampagnen, Aktionen
und einer ausgeweiteten Gegeninformation verstaerkt vorangetrieben werden
koennte.

Die Tageszeitungen haben beinah alle, mit einer kleinen Ausnahme, einer
unbedeutenden und verkuerzenden Meldung im elektronischen Standard, die
allgemeinpolitischen Forderungen der OeH-Vorsitzenden unterschlagen, also
zensuriert.

Dadurch aber, dass eisern verschwiegen wird, dass StudentInnen Forderungen
fuer Lehrlinge und andere Lohnabhaengige aufstellen, wird das Bild vom
abgeschotteten, ghettoisierten Ausbildungsbereich bewusst noch verstaerkt.

Dazu kommt, wie von "Oesterreich" berichtet, die infame Weigerung des Herrn
Foglar von der Metallarbeitergewerkschaft, die studentische Mobilisierung zu
unterstuetzen. Dem grosskoalitionaeren Revolverblatt, wie es ein Autor des
Augustin kuerzlich treffend genannt hat, das natuerlich ebenfalls nichts
ueber die gesamtpolitischen Forderungen Spielbauers berichtet hat, ist dies
natuerlich nicht unangenehm.

Die radikale, also auch die studentische radikale Linke, werden sich mit
einigen Forderungen auf die Seite der Arbeiter und Arbeiterinnen stellen,
wenn am kommenden Montag der OeGB tagt. Sie versuchen, die linken Kraefte in
den Gewerkschaften zu unterstuetzen und sie wenden sich gegen das
grosskoalitionaere Sozialdumping an der Spitze von OeGB und AK, sind gegen
die Gewerkschaftsfuehrung, fuer die Gewerkschaftsbasis, fuer die
Gewerkschaftslinke oder, wenn´s geht, fuer eine eigenstaendige Entwicklung
ausserhalb der gelben Gewerkschaften:

Zu diesem Zweck wird eine erste Kundgebung des neugegruendeten Komitees
gegen die Grosse Koalition, das den Namen "Solidaritaet und Widerstand"
traegt, am kommenden Montag um 16 Uhr vor dem Austria-Center, dem
Tagungsgebaeude des OeGB eine Kundgebung abhalten.

Das Minimum der Forderungen, die auch von der OeH erhoben wurden, wird bei
dieser Gelegenheit an die Gewerkschaft gerichtet werden muessen. Wer gegen
die Grosse Koalition ist, der kann sich mit zusaetzlichen Forderungen bei
diesem Meeting einfinden und diese "Gewerkschaft" kritisch beim Wort nehmen.

Aber die radikale Linke wird vor der Tuere bleiben muessen.
*Aug und Ohr* (gek.)


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