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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 23. Jaenner 2007; 20:15
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Glosse/Politiker/Schicksale:
> Bravo, Broukal!
"Vielleicht sollten Sie noch wissen, ich gehe seit einem Jahr in einem Park
im 6. Bezirk spazieren. Seit Ihre Wahlkampagne begonnen hat, steht dort auf
jeder Parkbank »Auslaender raus« und auf
einigen das Hakenkreuz. Herzlichen Dank."
(ORF, 10.11.1991)
"Nur fuer den, der zu Hause faul herumliegt, nichts macht und reiche Eltern
hat, fuer den sind dann die Gebuehren auch da."
(Die Presse, 19.1.2007)
Zwischen diesen beiden Zitaten von Josef Broukal (das erste zu Joerg Haider,
das zweite ueber die Studiengebuehren) liegen etwas mehr mehr als 15 Jahre.
Was ist da passiert? Ist das noch derselbe Mensch, fuer den wir damals
Solidaritaetsaktionen organisiert haben? Ist das derselbe, der damals ein
grosses Plakat geschenkt bekam, auf dem geschrieben stand "BRAVO BROUKAL",
und der dann mit diesem Plakat trotzig-stolz fuer das "profil" posierte? Ist
das aber auch derselbe, der noch vor Wochen vehement und prinzipiell gegen
Studiengebuehren gewettert hat? Ist das der, den viele Linke innerhalb und
ausserhalb der Sozialdemokratie noch fuer einen der wenigen Intellektuellen
und aufrechten Antifaschisten gehalten haben? Und jetzt diese
Lieslgehreriade?
Der Sager von Broukal ist viel schlimmer, als man im ersten Augenblick
denken mag. Denn die neuen Regelungen zu den Studiengebuehren sind so
ziemlich das Perfideste, was wir in den letzten Jahren so an
Regierungsplaenen vernommen haben. Zwar war Vieles von Schwarzblauorange
schlimmer. Neoliberaler Rollback und erzkonservative Atavismen allerorten,
sicher. Aber, einmal abgesehen von den durchwegs amuesanten Vorschlaegen á
la "Blasmusik statt Nachhilfe", ist das jetzt vorgeschlagene Modell
aeusserst hinterhaeltig. Denn dieses Sozialdienstangebot wird kaum jemand
annehmen, da der rechnerische Stundenlohn von 6 Euro unter dem Lohn so
ziemlich jeden Studentenjobs liegt. Das wird wiederum dazu fuehren, dass der
Stammtisch nach der Nichtannahme dieses "Angebots" sagen wird: "Die
Studenten sind eh gstopft und nur faul, die sollen nur brennen, wenns nix
hackeln wollen". Gerade weil Josef Broukal eben kein FPOe-Mandatar aus der
dritten Reihe ist, sondern der SPOe-Wissenschaftssprecher, wirkt dieser
Sager so besonders stark. Wenn sogar der das sagt, dann bestaetigt das ja
nur "das gesunde Volksempfinden". Anti-Intellektualismus von einem
Intellektuellen ist einfach besonders glaubwuerdig. Gerade in dieser
Kombination aus Regierungsvereinbarung und Broukal-Zitat entsteht das Bild,
dass sich diese, die ganze Zeit auf der faulen Haut resp. ihren Eltern auf
der Tasche liegenden, Studierenden die Gebuehren sowieso locker leisten
koennen.
Ich halte Josef Broukal immer noch fuer einen ehrenwerten Menschen. Aber was
passieren kann, wenn Intellektuelle an die vorderste Front der
Regierungspolitik treten, ist doch immer wieder erschreckend. Auch
Gusenbauers hanebuechenes Angebot, jede Woche zwei Stunden Nachhilfe zu
geben, ein Angebot, das bei seinem Hauptjob wohl kaum auf die Dauer
durchzuhalten sein wird, und nur als Populismus tiefster Schublade zu
qualifizieren ist, haette man einem gebildeten Menschen wie ihm doch
eigentlich nicht zutrauen wollen. Auf der anderen Seite faellt mir da aber
auch ein Erhard Busek ein, dessen politische Meinung ich zwar noch weniger
teile, der aber bis zu seiner Zeit als Vizekanzler durchwegs als Liberaler
haette durchgehen koennen, dann aber in der ersten Reihe
auslaenderfeindliche Toene von sich gab, dass mir die Spucke wegblieb.
Solche Leute schieben dann Meldungen, an die sie eine Stunde spaeter wohl
selbst nicht mehr erinnert werden wollen. Warum tun sie das? Weil es sie
innerlich viel staerker als andere schmerzt, dass politisches Denken und
politisches Handeln so gar nicht in Einklang sind, und sie deswegen in ihrer
Not zu starken Worten greifen muessen, um sich zu betaeuben?
Was weiss ich... Laienpsycholgische Erklaerungen kann man immer finden. Aber
stellt sich vielmehr nicht auch die Frage, wie schlimm es um die politische
Sphaere bestellt sein muss, wenn Menschen, die gebildet sind und gewohnt,
die Welt mit Hilfe ihres Intellekts zu deuten, ploetzlich derart hilflose
Ausfluechte zu suchen beginnen? Was ist das fuer eine Gesellschaft, in der
Menschen dazu getrieben werden, krampfhaft bemueht, das Gesicht nicht zu
verlieren, deftige Sprueche von sich zu geben, wodurch sie dieses eben erst
recht verlieren? Ist Politik nur etwas fuer Menschen mit Bauernschlaeue und
Saumagen, aber nicht fuer Intellektuelle? Muss das so sein?
Wenn durch Broukals Sager ueber diese Fragen eine oeffentliche Debatte
angeregt wuerde, dann koennte man ihm doch noch erneut "Bravo!" zurufen.
Aber als gelernte Oesterreicher wissen wir: Die Chancen stehen dafuer nicht
gut.
*Bernhard Redl*
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