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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 16. Jaenner 2007; 18:42
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Regierungsbildung/Glosse:

> Wie Politik passiert

Binnen kuerzester Zeit und trotz des Verlustes der Kanzlerschaft hatte
Wolfgang Schuessel seine OeVP so positioniert, dass ihm eine vom
Siegestaumel ergriffene SPOe nichts anhaben konnte. Wahrscheinlich stellte
er schon waehrend der Veroeffentlichung des Wahlergebnisses die notwendigen
Weichen, um dem vor Glueck vernebelten Gusenbauer zu zeigen, wer die
tatsaechliche Macht in diesem Staat auch weiterhin besitzen wird. Und die
SPOe konnte schliesslich nur mehr einwilligen, unterschreiben, gutheissen --
und sogar die Klausel akzeptieren, dass die SPOe niemals und in keinem Fall
gegen ein Vorhaben der OeVP stimmen duerfe. Sie koenne natuerlich da und
dort bei der OeVP um kleine Verbesserungen ansuchen, aber das war's schon.
Die Studiengebuehren muessen laut OeVP weiterhin eingehoben werden, die SPOe
kann schon dankbar sein, dass diese naechstes Jahr -- also 2008 - nicht
erhoeht (sprich: angepasst) werden. Dass der SPOe jetzt kurz nach den Wahlen
die Waehler weglaufen, dass sogar sozialdemokratische Funktionaere waehrend
einer ORF-Diskussion ihren Parteiaustritt ankuendigen -- was soll's?! Die
OeVP hat nie von der SPOe verlangt, gegen sie anzutreten. Und das groesste
Entgegenkommen der OeVP ist es ja laut Schuessel, mit der SPOe eine
Koalition zu bilden. Da kann doch Dankbarkeit erwartet werden -- oder ?

War Schuessel immer so, oder hat er sich im Laufe seiner
Regierungstaetigkeit immer mehr 'gesteigert'? Ein kleiner Rueckblick kann da
vielleicht helfen. Im Dezember 2004 verabschiedete sich Innenminister Ernst
Strasser ueberraschend in die Privatwirtschaft. Gruende dafuer nannte er
keine, es sei ihm aber das andauernde Finden von Kompromissen ueberaus
laestig geworden. Zitat von Ernst Strasser: 'Ich glaube, man muss eine
grosse Geduld haben im Finden von Kompromissen, das ist nicht meine Staerke.'
Wolfgang Schuessel mache dies ganz hervorragend, dafuer sei er wie geboren,
so Strasser weiter. Gleichzeitig liess sich Strasser kurz ueber die
kognitiven Moeglichkeiten des Wahlvolkes aus: 'Es ist immer notwendig, hier
Kompromisse zu suchen und oft halt auch Kompromisse, die von den Buergern
nicht wirklich verstanden werden.' Der Ex-Innenminister sprach dabei
ausgesprochen getragen und blickte ueberaus ernst. Unter anderem musste er
gerade jetzt in diversen Medien lesen, dass Oesterreich dank seiner Politik
eines der schaerfsten Asylgesetze in ganz Europa bekommen hatte. Auf die
Frage, wie er persoenlich mit den Auswirkungen dieser 'Anti'-Asyl-Gesetze
zurecht komme, meinte Strasser unter anderem, 'dass hier das Hirn des
Innenministers und das Herz des Ernst Strasser nicht immer gleich ticken.'

Minister haben also eindeutig ein anderes Herz als blosse Privatmenschen.
Dafuer und fuer ihre Taten koennen sie wirklich nichts. Am Sonntag (dem
14.01.07) in 'Offen gesagt' gab es eine hervorragende Gelegenheit, das zu
ueberpruefen. Wir konnten den Ex-Minister Strasser mit strahlendem Laecheln
erleben, der uns allen endlich erklaerte, wie Parteipolitik nicht nur
waehrend den Wahlzeiten funktioniert. Praktischerweise bediente er sich dazu
der Wahlpropaganda der SPOe vor den NR-Wahlen 2006. Alfred Gusenbauer, damit
setzte seine Begruendung ein, konnte keinesfalls damit rechnen, dass die
SPOe die Stimmenmehrheit erhalten wuerde. Also konnte er alles versprechen,
er wuerde es ja sowieso nie einhalten muessen. Als dann feststand, dass die
OeVP massiv an Stimmen verloren hatte, und dass es sich sogar fuer einen
Wahlsieg der SPOe ausgegangen ist, waren saemtliche Wahlversprechen in einem
Nebel des Jubels verschwunden. Die SPOe konnte endlich ihren Sieg samt
Bundeskanzler feiern. Und dass sich nachher Gruppen bilden wuerden, die
massiv die Wahlversprechen auch einfordern wuerden, dafuer kann auch niemand
was...
*Fritz Pletzl*



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