**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 5. Dezember 2006; 15:56
**********************************************************

Italien/Genua 2001:

> "Ich habe Giuliani nicht erschossen"

Der offizielle Todesschuetze von Genua, freigesprochen wegen Notwehr, sagt
jetzt, er waere wahrscheinlich benuetzt worden, um den echten Taeter zu
decken.


Der Carabiniere Mario Placanica, offiziell als Todesschuetze im Fall des im
Juli 2001 bei den Demonstrationen gegen den G8-Gipfel in Genua erschossenen
Carlo Giuliani bekannt geworden, hat mit einem Interview fuer Aufsehen
gesorgt, in dem er erklaerte, in die Luft geschossen zu haben.

Eine genaue Untersuchung der Vorfaelle war damals nicht erfolgt, denn der
Freispruch des Carabiniere am 5. Mai wegen Notwehr hatte eine gerichtliche
Klaerung verhindert, da der Schuetze ja als bekannt gegolten hatte.

Zahlreiche Kritiker dieses Verfahrens hatten bislang immer wieder die
Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses.gefordert, der
nach wochenlangem Tauziehen doch nicht kommen sollte. Erst nach diesem
Interview am 29.November machte sich die Regierung Prodi die Forderung nach
einem Ausschuss zu eigen, waehrend das Berlusconi-Lager den Ausschuss mit
allen Mitteln verhindern will.

Das Interview und viele folgende in Funk und Presse sowie ein
Fernsehauftritt von Placanica gemeinsam mit dem Vater von Carlo Giuliani,
koennten somit dazu fuehren, dass wieder Bewegung in die Sache kommt. Die
Konmmandantur des Heeres hat rechtliche Schritte gegen Placannica
angekuendigt wegen des Vorwurfs, er sei unter Druck gesetzt worden,
zuzugeben, dass er die toedlichen Schuesse abgegeben habe.

Im ersten Interview wurde Placanica zur Situation befragt, in der sich der
Jeep der Carabinieri waehrend der Abgabe der Schuesse befunden hatte.
Placanica war zu diesem Zeitpunkt eigentlich wegen einer Verletzung durch
eine Polizeigasgranate auf einem Ruecktransport, um sich aerztlich versorgen
zu lassen. Er gab an, dass der Jeep dabei von den eskortierenden Carabinieri
im Stich gelassen und er von den Demonstranten mit Wurfgeschossen verletzt
worden sei. In dieser Situation habe er, auf dem Boden des Jeeps liegend,
zwei Warnschuesse abgegeben. Er habe aufgrund seiner Position keine
gezielten Schuesse abgeben koennen und lediglich in die Luft geschossen.
Nachdem er wegen Blutverlust im Krankenhaus behandelt worden war, sei er in
der Kaserne mit der Nachricht konfrontiert worden, einen Demonstranten
getoetet zu haben. Placanica ueber seine ihm zum Todesschuss gratulierenden
Kollegen: "Sie nannten mich den Killer. Die Kollegen feierten. 'Willkommen
im Club der Moerder' haben sie gesagt." Danach habe man ihn von hoeherer
Stelle unter Druck gesetzt, die Toetung Giulianis zuzugeben.

Nach seiner physischen und psychischen Rekonvaleszenz habe er nach
fehlgeschlagenen Versuchen, im zivilen Leben wieder Arbeit zu finden, seine
Rueckkkehr in die Armee (die Carabinieri sind dem Verteidigungsministerium
unterstellt) betrieben. Man habe ihn jedoch auf der Grundlage einer
psychiatrischen Untersuchung fuer untauglich erklaert, obwohl eine fruehere
Untersuchung zu seinen Gunsten ausgefallen war. Er, Placanica, sei davon
ueberzeugt, dass er benutzt werde, um einen anderen zu decken. Seine
beruflichen Aussichten seien durch das psychiatrische Gutachten ruiniert.
(akin, Quelle: Gipfelsoli)


***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen
Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht
wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein. Nachdruck
von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete
Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von
Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als
Abonnement verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann
den akin-pd per formlosen Mail an akin.buero@gmx.at abbestellen.

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.buero@gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976/00, Zweck: akin