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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 21. November 2006; 21:24
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Ehe ohne Grenzen:
> Menschenrechtsdrama im Morgengrauen
Die Initiative "Ehe ohne Grenzen" dokumentiert die sich massiv 
verschlechternde rechtliche Situation von binationalen Ehepaaren und 
AsylwerberInnen allgemein seit Inkrafttreten des neuen Fremdenrechtspaketes. 
Im juengsten Fall, auf den die Initiative aufmerksam macht, wurde eine junge 
Frau aus Nigeria in Rekordzeit abgeschoben -- wenige Tage vor ihrer 
geplanten Hochzeit mit einem Oesterreicher.
Polizeianhaltezentrum Rossauerlaende Donnerstag, 16.11., 4:20 morgens. Eine 
Gruppe von Menschen schart sich um Christian (25) den Verlobten von Esther 
(22). Christian ist ueber 500 Kilometer von Tirol angereist um sich von 
seiner Gattin in spe noch verabschieden zu koennen. Um fuenf Uhr Frueh soll 
sie nach Schwechat ueberstellt werden, um sie dann nach Nigeria via 
Frankfurt zu deportieren. Doch die Polizei hat es offensichtlich eilig -- um 
4.30h oeffnet sich ein Tor, ein Bus faehrt mit quietschenden Raedern heraus 
mit hoher Geschwindigkeit ueberfahren sie eine rote Ampel und rasen Richtung 
Schwechat. Fuer den Bruchteil einer Sekunde koennen sich Christian und 
Esther noch durch die Wagenscheibe in die Augen schauen.
Nach einem Moment der Fassungslosigkeit laufen die Mitglieder von Ehe ohne 
Grenzen, Esthers Mann und ihr Rechtsberater zu ihren Autos in der Hoffnung 
am Flughafen Schwechat das Schlimmste noch verhindern zu koennen.
Bange Stunden
Esther wird zur Polizei in Schwechat gebracht um dort auf die Abschiebung zu 
warten. Ihr Verlobter versucht vergebens dort einen Beamten zu finden um die 
Moeglichkeit zu bekommen sich zumindest von Esther noch verabschieden zu 
koennen -- vergeblich -- niemand oeffnet.
Die Gruppe faehrt zum Terminal um die Fluglinien zu informieren das die 
Abschiebung nicht freiwillig passiert und das Paar in neun Tagen 
Hochzeitstermin hat. Eine Mitarbeiterin der Lufthansa meinte daraufhin 
lapidar:" wer wird denn schon freiwillig abgeschoben".
Nun heisst es warten, laut einer Mitarbeiterin der AUA muss Esther durch den 
Check in -- das heisst durch den oeffentlichen Terminal. Die Gruppe rund um 
Christian verteilt sich in und um den Flughafen nervoeses telefonieren von 
Beamten in Uniform und in Zivil ist zu bemerken. Zwischen 7 und 8 Uhr gehen 
vier Fluege Richtung Frankfurt. Esther ist nirgends zu entdecken ihr 
Verlobter wird zunehmend verzweifelter.
Das Unfassbare ist geschehen
Christian faehrt erneut zur zustaendigen Polizeistation am Flughafen. Nach 
laengerem laeuten oeffnet ein Polizist die Tueren und erklaert trocken 
Esther befindet sich schon im Flieger, die Abschiebung wird ordnungsgemaess 
durchgefuehrt meint er. Christian bricht zusammen.
Ordnungsgemaess?
Esther und Christian sind seit Monaten ein Paar. In neun Tagen wollten sie 
heiraten. Binnen 48 Stunden wurde sie verhaftet und abgeschoben -- der 
Antrag auf Unzulaessigkeit der Abschiebung wurde in Rekordzeit 
zurueckgewiesen. Esther ist in Nigeria der Gefahr einer 
Genitalverstuemmelung ausgesetzt. Die Initiative Ehe ohne Grenzen ist 
fassungslos und entsetzt -- das Recht auf Ehe und Familienleben wird hier 
mit Fuessen getreten. Was fuer ein Interesse kann der Staat daran haben das 
er dieses junge Paar nicht heiraten laesst. Eine Frau wird in ein Land 
abgeschoben in dem sie von akuter Gefahr bedroht ist -- wir fragen uns wer 
dafuer die Verantwortung dafuer uebernehmen wird wenn das Schlimmste 
geschieht?
Zwischen fuenf und acht uhr frueh konnten wir in Schwechat uebrigens noch 
drei weitere Abschiebungen beobachten.
Ein schwarzer Tag fuer die Menschenrechte -- nur heute? der Wahnsinn hat 
Methode.
Christian und Esther -- die Vorgeschichte:
Vor einem halben Jahr lernten sich Christian (25), Speditionskaufmann aus 
Tirol und seine Verlobte Esther (22) Asylsuchende aus Nigeria kennen uns 
lieben. Und wie es Menschen die sich lieben so tun zogen sie in eine 
gemeinsame Wohnung und beschlossen im Sommer zu heiraten. Esther besucht 
seit Monaten Deutschkurse und haette auch schon einen potentiellen 
Arbeitgeber gefunden. Vor knapp drei Wochen bestellten sie ihr Aufgebot, mit 
den Hochzeitsvorbereitungen wurde begonnen. Der Hochzeitstermin waere der 
25.11. gewesen.
Vor zwei Wochen hatte Esther aufgrund ihres Status als Asylsuchende einen 
Termin zu einem Interview beim UBAS (unabhaengiger Bundesasylsenat). Esther 
die uebrigens vor Genitalverstuemmelung aus Nigeria geflohen ist berichtete 
auch dort freudestrahlend von der bevorstehenden Hochzeit mit der Liebe 
ihres Lebens. Danach ging alles Schlag auf Schlag. Eine Woche spaeter stand 
die Polizei vor ihrer Wohnungstuere und verlangte nach ihrem Reisepass, 
welchen Esther den Beamten auch aushaendigte. Dem Gatten, der zu diesem 
Zeitpunkt nicht anwesend war, wurde spaeter am telefon versichert das es 
sich um eine Routinekontrolle handelte, und es wurde ein Termin vereinbart 
um den Pass wieder abzuholen.
Beim vereinbarten Termin (Dienstag 14.11.) auf der BH Kufstein trifft das 
nichtsahnende Paar auf Fremdenpolizisten, die den beiden mitteilen, dass der 
UBAS (in Rekordzeit) das Asylverfahren negativ enschieden hat und Esther 
direkt dort vor Ort verhaften und in Schubhaft nehmen. Ihr Verlobter meinte 
aussersich am Telefon das sie nicht einmal fuenf Minuten gehabt haetten um 
sich zu verabschieden. Weiters erfaehrt er das die Abschiebung bereits 
Donnerstag -- 16.11.- stattfinden wird, das Ticket ist schon gebucht. Esther 
wird Mittwoch noch nach Wien gebracht, um 5h frueh vom PAZ Rossauerlaende 
nach Schwechat ueberstellt wo sie mit der Deportaionairline AUA nach 
Frankfurt und dann weiter nach Nigeria gebracht werden soll. In Nigeria 
erwartet sie die Genitalverstuemmeling.
Oesterreich Land der Menschenrechte?
Der Antrag auf Unzulaessigkeit der Abschiebung, welcher am Mittwoch noch 
eingebracht wurde, wurde von den Behoerden zurueckgewiesen. In einem 
Telefonat mit Ehe ohne Grenzen meinte Berndt Koerner, Chef der 
Fremdenpolizei, das alles Rechtmaessig abgewickelt wurden und ihm die Haende 
gebunden sind. Christian, der Verlobte, ist verzweifelt, noch Mittwoch nacht 
machte er sich auf den Weg nach Wien in der Hoffnung Esther vor ihrer 
Deportation noch einmal kurz zu sehen. Rein theoretisch haette Esther noch 
das Recht beim Verwaltungsgerichthof gegen das UBAS Urteil einspruch zu 
erheben, dieses Recht wird ihr durch das Tempo, mit dem Abschiebungen 
passieren, de facto genommen.
(Angela Magenheimer, Ehe ohne Grenzen)
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> Und noch so ein Fall
Wer sich nicht integrieren kann, muss gehen. Wer sich integriert, auch. So 
ungefaehr duerfte der Leitsatz der Fremdenpolizei und sogar des 
Bundesasylsenats sein. Dies beweist sich auch im juengsten Beispiel eines 
seit 6 Jahren in Oesterreich lebenden iranischen Asylwerbers und seiner 
14-jaehrigen Tochter. Beide sprechen mittlerweile fast perfekt deutsch, er 
hat hier den Fuehrerschein gemacht und sie geht ins Realgymnasium -- dennoch 
droht beiden jetzt jederzeit die Abschiebung, wie "Der Standard" berichtet. 
Und zwar weil sie damals, im Jahr 2000, mit italienischen Zugsfahrkarten 
aufgegriffen worden waren. Und daher ist Italien fuer sie zustaendig -- laut 
Dubliner Abkommen muessten sie damit dorthin zurueck.
Ihre Anwaeltin hat Beschwerde beim VfGH eingelegt. Doch die Entscheidung 
kann dauern. Und einer solchen Beschwerde kommt seit Anfang des Jahres keine 
aufschiebende Wirkung mehr zu. (Standard/akin)
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