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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 21. November 2006; 21:45
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Italien/Asyl:
> Der Fall "Cap Anamur"
Ein Gerichtsprozess in Italien wird die Angeklagten zu Anklaegern der 
Festung Europa machen
Seit ueber zwei Jahrzehnten gibt es Kirchenasyl in Deutschland: Engagierte 
Pfarrgemeinden stellen illegalisierte Fluechtlinge unter ihren Schutz. 
Vielen wurde so schliesslich doch ein legaler Status erkaempft.
Am 10. und 11. November 2006 hielt die "Oekumenische 
Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche" in Berlin eine Tagung zum 
Thema "Glaubwuerdig leben -- widerstaendig handeln. Solidaritaet mit den 
Entwurzelten" ab.
Als Gastredner nahm Elias Bierdel teil, ehemaliger Chef des Komitees "Cap 
Anamur", dessen Bericht zu den Hoehepunkten dieser Konferenz gehoerte.
Die Besatzung des Schiffs "Cap Anamur" hatte 37 Bootsfluechtlinge aus Afrika 
vor dem Ertrinken gerettet. Der Versuch, die Schiffbruechigen gemaess 
internationalem Seerecht an der Kueste des naechsten Landes (Italien) in 
Sicherheit zu bringen, loeste im Juli 2004 einen Militaereinsatz des 
Berlusconi-Regimes aus, als ob es darum ginge, Italien vor einer Invasion zu 
bewahren.
Zwar wurde nach Protesten die Landung erlaubt, die Fluechtlinge aber wurden 
verhaftet, brutal misshandelt und ohne Pruefung ihrer Asylantraege 
abgeschoben. Dies, obwohl 37 italienische Gemeinden bereit waren, je einen 
der Fluechtlinge aufzunehmen. Ein Abgeschobener wurde in seinem Heimatland 
bald darauf von seinen Verfolgern niedergeschossen und schwer verletzt. Ein 
anderer ertrank im April 2006 bei seinem zweiten Versuch, nach Europa zu 
gelangen, als sein Boot im Sturm vor Lampedusa kenterte.
Der Kapitaen der Cap Anamur, Stefan Schmidt, der erste Offizier Vladimir 
Daschkewitsch und Bierdel wurden ebenfalls verhaftet, nach massiven 
Protesten der italienischen Zivilgesellschaft aber freigelassen. Ab 27. 
November stehen sie in Italien wegen "Schlepperei" vor Gericht; dafuer kann 
ihnen Gefaengnis bis zu zwoelf Jahren drohen.
Bierdel dazu in einer Aussendung: "Es war augenscheinlich Strategie hoher 
Regierungsstellen, an der 'Cap Anamur' ein Exempel zu statuieren, um 
potentielle 'Nachahmungstaeter' von Rettungsfahrten im Mittelmeer oder vor 
den Kanaren abzuhalten. Die fortgesetzte Strafverfolgung, die schliesslich 
in einen jahrlangen Zermuerbungs-Prozess muendet, passt in diese Strategie 
der damaligen Innenminister Otto Schily und Beppe Pisanu, die im Juli 2004 
oeffentlich erklaert hatten, ihnen gehe es vor allem darum, 'einen 
gefaehrlichen Praezedenzfall zu verhindern'."
Dass es sich bei diesem Verfahren um einen vorwiegend politisch motivierten 
Schau-Prozess handle, so Bierdel, sei schon anhand der wackeligen 
Rechtsgrundlage ersichtlich: "Bestehen doch die Hauptkennzeichen der 
'Schlepperei' laut Gesetz vor allem darin, dass diese 1. heimlich und 2. zum 
Zwecke des Gelderwerbs betrieben wird. Beides aber ist auf der 'Cap Anamur' 
nachweislich nicht der Fall gewesen."
Doch dass es nun zum Prozess komme, habe auch sein Gutes, meint Bierdel: 
"Nun werden diejenigen Behoerdenvertreter und Regierungsbeamten, die mit 
ihren Falschaussagen zur Kriminalisierung der 'Cap Anamur' beigetragen 
haben, als Zeugen vor Gericht erscheinen muessen."
Die Tagungsteilnehmer in Berlin beschlossen, eine internationale 
Solidaritaetskampagne fuer die Angeklagten der "Cap Anamur" zu fuehren.
Auf Aktionsveranstaltungen in vielen europaeischen Laendern soll gezeigt 
werden, welches Mass an Schuld der reiche Norden daran traegt, dass die 
Lebensgrundlagen Afrikas zerstoert wurden, sodass zahllose Menschen keine 
andere Wahl mehr haben, als auszuwandern. (Asyl in Not/akin)
Elias Bierdel kommt nach Wien zur Veranstaltung: "Rettungsfahrt mit 
Folgen" - Studientag zum Thema: Menschenrechtsverletzungen an der Festung 
Europa: Freitag, 1.Dezember 2006, 10-17 Uhr, Oesterreichische 
Beamtenversicherung (OeBV), Grillparzerstrasse 11, 1010 Wien, Anmeldungen 
an: langthaler@asyl.at
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