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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 7. November 2006; 18:20
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Slowenien:
> Mob gegen Roma
(Stand 1.November) Am Samstag, den 28. Oktober, versuchte ein aufgebrachter 
Mob aus den slowenischen Doerfer Ambrus und Kriska Vas eine naheliegende 
Siedlung von etwa 30 Roma zu stuermen. Polizei-Einheiten hielten sie 
kurzfristig davon ab, doch wurde kurz darauf ein Wohnhaus eines Roma 
abgebrannt. Und das war leider kein Einzelfall.
Mittlerweile sind die Roma in einer ehemaligen, baufaelligen Kaserne in der 
Naehe von Sloweniens einzigem Abschiebelager in Postojna untergebracht.
Den Anfang hatte eine heftige Schlaegerei zwischen einem Nicht-Roma und 
einem Bewohner von Ambrus am 22. Oktober, wobei der Ambruser 
lebensgefaehrliche Verletzungen davontrug. Der Obdachlose selber sass bis 
vor kurzem 7 Monate im Gefaengnis. Nach seiner Entlassung wohnte er in dem 
Dorf Struge, die Polizei verjagte ihn jedoch auf Draengen der BewohnerInnen, 
sodass er in der Roma-Siedlung sesshaft wurde.
Die AmbruserInnen gaben den Roma die Schuld an dem Vorfall und die "Ambruser 
Ortsgemeinschaft" ("Ambruška krajevna skupnost") organisierte am Montag, dem 
23. Oktober eine Dorfversammlung an der sich mehrere hundert Menschen 
beteiligten. Vom Staat wurde gefordert, das "Romaproblem" schnellstmoeglich 
zu loesen, am Samstag, dem 27.Oktober war um 10 Uhr wieder eine 
"Dorfversammlung" anberaumt, an der sich aber keinE PolitikerIn beteiligte, 
was die AmbruserInnen als Affront verstanden und geschlossen zur 
Romasiedlung zogen.
Versammlung in Krka Vas
In Krka Vas sammelten sich BewohnerInnen derweil vor dem Kulturhaus und 
zogen auch zur Roma-Siedlung. Dort anwesend war schon Presse und Polizei, 
letztere sogar mit berittenen Spezialeinheiten, welche den rassistischen Mob 
erstmal aufhalten konnte. Die Roma versteckten sich im nahegelegenen Wald.
Am fruehen Abend wurden Lagerfeuer angezuendet, auch der Alkoholspiegel 
stieg immer weiter an, bis um 19 Uhr dann der slowenische Innenminister 
Dragutin Mate ankam und vor laufender Nachrichtenkamera sagte, dass die Roma 
ueber Nacht in ihrer Siedlung bleiben koennten, worauf er von der 
aufgebrachten Menge mit Steinen und Muenzen beschmissen wurde. Diese 
zerstreute sich danach jedoch, die Polizei griff nicht ein.
Die Regierung war ratlos, was sie mit den Roma nun machen soll, kurzzeitig 
wurde auch ueberlegt sie in Sloweniens einziges Abschiebelager in Veliki 
Otok bei Postojna zu internieren. Den Roma blieb nichts anderes uebrig als 
in den nahegelegenen Waeldern zu bleiben, die Polizei unternahm nichts, um 
ihnen die Rueckkehr zu ihrem Hab und Gut zu gewaehrleisten. So wurden am 
Montag, dem 30. Oktober das Auto des erwaehnten Nicht-Roma und ein Holzhaus 
eines Roma abgefackelt. Die Polizei forderte die Roma daraufhin auf, 
wegzugehen, mit der Zusage, sie koennten auch ihre eigenen, groesstenteils 
unregistrierten Autos benutzen. In der Realitaet sah das dann so aus, dass 
sie nach einigen hundert Metern von Polizisten aufgehalten wurden und fuer 
jedes einzelne Auto strafen zahlen mussten. Die Reise fuehrte die Menschen 
in eine aufgelassene Kaserne in Postojna, wo seit 1992 ein Fluechtlingslager 
besteht, in dem jedoch die hygienischen Zustaende grauenvoll sind: Es gibt 
keine Heizung, der Strom faellt regelmaessig aus, die Sanitaeren Anlagen 
sind veraltet und es stinkt. Zwar wurde den Roma versichert, dass sie in den 
naechsten Tagen eine Heizung bekommen, die einzige materielle Hilfe, die sie 
bisher bekamen, war jedoch eine Lieferung Nahrung und Kleider des Roten 
Kreuzes und des slowenischen Bundes der Roma.
Am Nachmittag des 30. Oktober tagte die slowenische Regierungskommission zu 
Romafragen. Dieser Kommission gehoert neben Roma-Vertretern auch Milan Zver, 
der slowenische Bildungsminister an. Die Ergebnisse dieser Tagung sind, dass 
die Roma noch 2-3 Wochen in im Fluechtlingslager bleiben duerfen, bis dahin 
soll die Regierung neue Unterkuenfte gefunden haben.
Kommunalwahlen
ante portas
Die mobenden AmbruserInnen feiern unterdessen ihren "Sieg" und sind nicht 
bereit, jemals wieder Roma ins Dorf zu lassen. Mitte November findet in 
Slowenien der zweite Wahlgang der Kommunalwahlen statt, der in Ambrus 
boykottiert werden soll, "bis die Regierung eine Loesung des Roma-Problems" 
beschlossen habe.
Nach den besagten Wahlen wollen BewohnerInnen von Bucna Vas, wo es ebenfalls 
eine Roma-Siedlung gibt, eine grossangelegte Demonstration gegen die Roma 
durchfuehren. Pogromstimmung ist garantiert...
Oberwart laesst gruessen
Schon seit 30 oder 40 Jahren ist das Grundstueck, auf dem die Roma wohnten 
in Privatbesitz eines der ihrigen. Seit einigen Jahren leben hier etwa 20 
Menschen, davon hauptsaechlich Kinder. Vor 2 Jahren explodierte hier eine 
Bombe, die gegen die Roma gerichtet war. Die Taeter konnten letztes Jahr 
ausgeforscht werden und wurden dieses Jahr zu hohen Haftstrafen verurteilt. 
Zwar wurde bei dem Anschlag auf die Ambruser Roma-Siedlung niemensch 
verletzt (die genau genommen ja im Doerfchen Decja Vas liegt), zwei Monate 
zuvor wurde jedoch in Novo Mesto eine weibliche Roma verletzt, einen Monat 
spaeter starben eine romische Mutter und ihre Tochter bei der 
Bombenexplosion.
Alle mit dabei?
Widerstand gegen die rassistischen Pogrome gab es bisher kaum. Am 30. 
Oktober brachte eine einzige Buergerin Postojnas Blumen und Geschenke zu den 
Roma ins Fluechtlingslager und verteilte auch Flyer, auf denen gegen die 
anhaltende Diskriminierung von Roma aufgerufen wurde. Der slowenische 
Menschenrechtsbeirat fand nur verhaltene Worte, so erklaerte er, dass das 
Vorgehen der Ambruser BuergerInnen "das Ende des Rechtsstaats" bedeute. Das 
Wort "Rassismus" wurde nicht in den Mund genommen.
Rassistische und faschistische Tendenzen werden in der slowenischen 
Mainstream-Gesellschaft meistens nur als Probleme von aussen wahrgenommen. 
Schliesslich ist unter anderem der antifaschistische PartisanInnenkampf der 
Kitt, der das nationale Kollektiv zusammenhaelt; schliesslich wurde, um ganz 
plump moeglichst viel Menschen auf die eigene Seite zu bekommen, von 
"nationalem Freiheitskampf" schwadroniert. Eine Reflexion darueber, ob solch 
ein Vorgehen nicht neue Nationalismen entfacht, gibt es in der slowenischen 
Medienlandschaft so gut wie gar nicht. So bezieht sich auch die rassistische 
Slowenische Nationale Partei positiv auf den PartisanInnenkampf. Faschisten 
koennen demnach nur Deutsche oder Italiener sein.
Originaltext und viele Links:
http://at.indymedia.org/newswire/display/56012/index.php
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