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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 10. Oktober 2006; 19:47
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Wahlnachlese/Glosse:

> Mehr Phantasie

Die SPOe ist derzeit auf dem ungeordneten Rueckzug. Ploetzlich steht alles
zur Disposition: Eurofighter, Grundsicherung, Studiengebuehren. Und Willi
Molterer quittiert das mit: "Offenbar ist die SPOe noch immer nicht
partnerschaftsfaehig."

Irgendwie erinnert das alles an 1995. Damals war die Ausgangslage eine
andere -- SPOe und OeVP befanden sich bereits in einer Koalition und
zerstritten sich. Zumindest sah es so aus, vielleicht wollten sie auch nur
einen Grund fuer Neuwahlen, um der Koalition wieder die Zweidrittelmehrheit
im Nationalrat zu sichern. Egal, auf alle Faelle zerbrach die Koalition und
die SPOe fuehrte einen Wahlkampf, der fuer sozialdemokratische Verhaeltnisse
beinahe klassenkaempferisch gefuehrt wurde -- nicht unaehnlich dem jetzigen
Wahlkampf. Auch das Ergebnis war 1995 aehnlich dem jetzigen: Die
Sozialdemokratie vor der OeVP, die nationalistische Rechte stark genug, um
als potentielle Koalitionspartnerin der OeVP zu dienen, die Gruenen eine
quantité negligable, da als Kanzlermacher zu schwach.

Was dann folgte, sollte noch gut in Erinnerung sein -- schon wegen der
sogenannten profil-Affaere. Wir erinnern uns: Das profil-Cover zeigte nach
dem Ende der Koalitionsverhandlungen in einer Photomontage den damaligen
Regierungschef Vranitzky nackt und schrieb darunter: "Des Kanzlers neue
Kleider" -- einen treffenderen Kommentar dazu, dass sich die SPOe hatte
ausziehen lassen, aber keiner das beim Namen nennen wollte, war kaum
denkbar. Das dachte sich auch die OeVP und liess ihre Verbindungen spielen,
worauf der profil-Herausgeber geschasst wurde.

Da stellt sich doch die Frage, ob Gusenbauer nicht gerade dabei ist,
Vranitzkys Fehler zu wiederholen. Denn Gusenbauer ist nicht Kreisky, leider.
Einen Coup wie der von 1970, als dieser die FPOe als Steigbuegelhalter
benuetzte und dann alleine davonritt, einem zumindest rosaroten
Sonnenaufgang entgegen, wird Gusenbauer nicht landen. Sicher, Kreisky hatte
damals andere Moeglichkeiten, die Sozialdemokratie war stark, es gab nur 3
Parteien und der Zeitgeist stuetzte ihn auch. Und er konnte mit seiner
Partei machen was er wollte, denn was ein SPOe-Chef sagte, wurde von der
Partei bedingungslos mitgetragen.

Und da gibt es auch noch Schuessel, ein gewiefter Taktiker (um es hoeflich
auszudruecken), der bewiesen hat, dass er auch mit den eigenartigsten
Parteien zu koalieren bereit ist, wenn sie ihm nur die Kanzlerschaft
bescheren. Das blau-orange As haelt er immer noch im Blatt.

Doch hat Gusenbauer auch seine Truempfe -- zum Beispiel die Eurofighter.
Momentan nutzt die OeVP noch diese Geschichte, um Gusenbauer zu demuetigen,
aber es waere ein leichtes fuer diesen, den Spiess umzudrehen. Denn die OeVP
fuerchtet einen Untersuchungsausschuss wie der Teufel das Weihwasser.
Gusenbauer koennte ganz offensiv damit drohen, dass die OeVP sich binnen
kuerzester Zeit gefaelligst zusammenzureissen habe, sonst gaebe es gleich
nach der Konstitution des Nationalrats einen U-Ausschuss -- die Mehrheit
haetten SPOe, Gruene und FPOe dafuer. Denn dass da einiges im Busch ist, ist
sonnenklar. Wieviel, waere abzuwarten, aber gut saehen OeVP, BZOe und KHG,
der ja irgendwie seine eigene Partei ist, dabei sicher nicht aus.

Gusenbauer koennte aber auch in die Koalitionsverhandlungen gehen und
ernsthaft verhandeln: Gut, wir kaufen die Eurofighter und fragen auch nicht
nach dem Zustandekommen des Vertrags -- aber ansonsten sagen wir, wo es
langgeht! Und wenn ihr dann in der Regierung nicht brav seids, wissts eh,
was dann kommt. Erraten! Ein Untersuchungsausschuss.

Oder er wendet sich an Peter Westenthaler, fragt ihn um Unterstuetzung und
bietet ihm, sagen wir: ein Staatssekretariat fuer Minigolf an. Das
entspraeche zwar nicht seiner Mentalitaet, wuerde ihm aber sicher reichen,
denn Westenthaler ist bei jeder Regierung gerne dabei, wenn sie nur keine
Ministeranklage gegen seinen Chef erhebt -- Haider ist mit seinen
Ortstafeleien ja schon lange reif fuer eine Anklage vor dem
Verfassungsgerichtshof, der sich seiner sicher gerne annehmen wird.

Oder ganz perfid: Gusenbauer belaesst die Regierung im Amt -- schliesslich
wird sie ja traditionell mit der Fortfuehrung der Geschaefte betraut und ist
formal eine ordentliche Regierung. Und dann kann er sich regelmaessig mit
Gruen und Blau ausdenken, wie Schuessel denn so richtig schoen zu quaelen
waere. Zuerst kann er die OeVP mittels Untersuchungsausschuss nach Strich
und Faden aufblatteln -- und am Schluss koennte die OeVP so wie ihre
einstige Schwesterpartei in Italien dastehen, sodass sie sich nie wieder
davon erholt. Zwischendurch waere es auch sicher lustig, ein oder zwei
Minister oder ganz besonders Ministerinnen hinauszuschiessen (Liesl Gehrer
mag ja eh nicht mehr), Schuessel selbst aber gemeinerweise das "Vertrauen"
auszusprechen, damit der seinen eigenen Untergang verwalten kann. Und nicht
mal in Neuwahlen koennte der Kanzler dann fluechten, denn dazu braucht er
eine Parlamentsmehrheit. Ob er die FPOe dazu ueberreden kann, bleibt
fraglich und das BZOe ist heilfroh gerade noch im Nationalrat zu sein -- die
wollen jetzt sicher keine Neuwahlen.

Einzig ein Ruecktritt kaeme fuer Schuessel dann in Frage. Wenn dann noch der
Bundespraesident mitspielt und statt einer traditionellen Regierung bis zum
Ende der Legislaturperiode ein Beamtenkabinett einsetzt, sind "Schuessel und
sein Team" weg vom Fenster.

Sicher, auch Gusenbauer wuerde derlei beschaedigen. Aber der SPOe-Chef
muesste das ja gar nicht wirklich umsetzen -- alleine die Drohung mit
solchen Szenarien wuerde ihn fuer die OeVP wirklich zum "Gruselbauer"
machen.

Aber leider: Gusenbauer ist immer noch der kleine Fredi, der im Sandkasten
sitzt und unbedingt Bundeskanzler werden moechte. Drohgebaerden liegen ihm
nicht. Gusi ist ein grader Michl, ohne Hinterfotzigkeit, Fuehrungsqualitaet
und Wagemut. Eigentlich sehr sympathisch.

Aber so wird man halt kein Kreisky. So wird man nur ein Vranitzky.

*Bernhard Redl*



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