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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 26. September 2006; 19:03
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Kommentar der Anderen:

> Kontraere Wirklichkeiten in Ungarn

Die grossen Parteien Ungarns bieten ihren Waehlern voellig unterschiedliche
Perspektiven der Wirklichkeit an. Auf der einen Seite die moderne
sozialdemokratische MSZP, auf der anderen Seite die klientelistische
rechtspopulistische Fidesz. Die Proteste haben in Wahrheit wenig mit der
"Luegenrede" des Premiers zu tun.

"Unsere grossen Parteien sind so, als haetten die Protagonisten des
deutschen Historikerstreits eigene Parteien gegruendet." So versucht ein
ungarischer Intellektueller verstaendlich zu machen, warum die regierende
MSZP und die oppositionelle Fidesz einander so unversoehnlich
gegenueberstehen. Man gehe von ganz verschiedenen Interpretationen der
Wirklichkeit aus. Und die Spaltung zieht sich mitten durch die Gesellschaft.
Als drei deutsche Parteistiftungen kuerzlich vorschlugen, mit ihren
jeweiligen Partnerparteien ein gemeinsames Forum zu veranstalten, trafen sie
auf voelliges Unverstaendnis. Gemeinsames Auftreten - auf diese Idee war in
Ungarn noch keiner gekommen. Und in Zukunft wird das nicht leichter.

Auf der einen Seite steht die urbane MSZP, die sich sozialistisch nennt,
sich aber wie Labour unter Tony Blair nach Europa orientiert und fuer
neoliberale Reformen eintritt. Premier Gyurcsány haelt diese nicht nur
oekonomisch fuer unausweichlich, sondern stellt das Erzieherische in den
Vordergrund: Die Ungarn, gewohnt, dass Vater Staat sich um alles kuemmert,
sollen Eigenverantwortung lernen. Auf der anderen Seite Fidesz, eine in der
Provinz beheimatete Partei, die gesellschaftspolitisch rechts steht, aber
wirtschaftspolitisch die Reize des Kadarismus entdeckt hat.
Ministerpraesident János Kádár, der Ungarn nach der Niederschlagung des
Aufstands von 1956 bis knapp vor der Wende regierte, steht fuer ein System,
in dem zwar die Freiheiten beschraenkt waren, aber alle sicher und relativ
bequem lebten.
*Ralf Leonhard, DAZ*


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