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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 12. September 2006; 17:21
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Wahlk(r)ampf 06/Gruene/Glossen(IV):
> Auf alle Faelle Gruen, nicht mein Fall
Zu: "Liebe Freunde der Gruenen" von Robert Reischer,
akin 20/06, akin-pd 5.9.2006
Man hat Gruen zu waehlen, meint Robert Reischer, aus verschiedenen Gruenden,
und jeder einzelne ist offenbar zwingend, weil "diesmal muss frau/man auf
alle Faelle Gruen waehlen". Auf alle Faelle, gleichviel von welchen
Positionen sie abrueckten, welche Inhalte sie preisgaben, und zu welchen
Positionen und Inhalten sie sich nie durchringen konnten und wollten, weil
diese zu radikal gewesen waeren, um - was den Gruenen derzeit sehr wichtig
ist - von jenen Regierungsfaehigkeit attestiert zu bekommen, die das
herrschende System stuetzen? Robert Reischer wuerde diese Frage wohl mit Ja
beantworten, ja beantworten muessen, kennt er doch vier Gruende, die seines
Erachtens hinreichend sind, dass man diesmal auf alle Faelle eine
Wahlentscheidung fuer die Gruenen treffen muss.
Die angefuehrten Gruende fuer dieses Diesmal-Gruen-waehlen-muessen sind
allerdings so blass, dass sich die Frage stellt, ob die UEbelkeit der
gruenen Politik die Blaesse verursacht oder ob Robert Reischer mit seinem
Artikel den Gruenen vorsaetzlich schaden wollte. Vielleicht muss man aber
auch nur bereits ein Freund der Gruenen sein - letztlich adressiert er
seinen Artikel auch explizit an diese - um seinen Gruenden auch nur einen
Funken UEberzeugungskraft abgewinnen zu koennen. Jedenfalls, muesste ich
eine Partei aus den angefuehrten Gruenden waehlen, waere meine Freundschaft
ziemlich strapaziert.
Weil man immer schon Gruen gewaehlt hat, soll, kann man diesmal auch Gruen
waehlen, erklaert Reischer, so als wuerde damit ein Argument fuer die
Gruenen - ausgerechnet fuer die Gruenen! - angefuehrt werden? Haette ich
diesen vermeintlichen Grund fuer eine gruene Stimmabgabe als bindend fuer
alle Wahlgaenge seit meinem ersten Urnengang akzeptiert, waere ich heute ein
gruener Stammwaehler.
Qualitaet und Programm der Gruenen ueberzeugen, behauptet Reischer, obwohl,
wie er hinzufuegt, die Partei keine klaren Positionen kennt und wichtige
Themen wie Wettbewerb, Privatisierung und Globalisierung durch divergierende
persoenliche Standpunkte unscharf und widerspruechlich bleiben. Der Umstand,
auf den Reischer hinweist, dass andere Parteien Positionen vertreten, die
fuer Personen, die nicht stark und/oder angepasst sind, Drohungen
darstellen, beruehrt jedoch die programmatische Unschaerfe, die er
identifiziert, nicht. Das selbst eingestandene Fragezeichen, woran man ist,
wenn man Gruen waehlt, kann wohl kaum als gewichtiger Grund angefuehrt
werden, diesmal auf alle Faelle Gruen zu waehlen, nur weil andere Parteien
ganz klar Stellung gegen gewisse Menschengruppen beziehen.
Inwiefern die Dominanz der OEVP in erster Linie durch Gruenstimmen gebrochen
werden kann, macht Reischer in seinen taktischen UEberlegungen nicht
transparent. Eine Schwaechung der OEVP kann sicher ebenso durch eine Stimme
fuer die Sozialdemokratie erfolgen. Der angeblich taktische Grund, diesmal
auf alle Faelle Gruen waehlen zu muessen, entpuppt sich aber ohnehin als
inhaltlicher. Die SPOE, haelt Reischer fest, ist beim Thema Migration und
Asyl selbst zum Problemfaktor geworden. Dass die SPOE nach rechts gerueckt
ist, ist richtig, dass die Gruenen (Stichwort: Punktesystem zur
Erwerbsmigration) nachgerueckt sind, so als waere Nachruecken Anstandssache,
wird von Reischer nicht als Problem thematisiert. Muss man auf alle Faelle
Gruen waehlen, nur weil die gruene Kategorisierung von Einwanderungsgruppen
humanere Zuege traegt als all die voellig indiskutablen, teils offen
rassistischen Einwanderungskonzepte anderer Parteien?
Reischers strategischer Grund fuer seine Wahlempfehlung geht, obwohl er mit
der Staerkung von Grundrechten und Freiheiten begruendet wird, in den
typischen Koalitionsspekulationen unter. Grundtenor: Starke Gruene, ob nun
in der Opposition oder in der Regierung, sind wichtig. Ja, ich wuensche mir
auch einen Stimmenzuwachs bei den Gruenen, aber als Linker, die Reischer als
zu schwach und zu zersplittert sieht, um ein Zeichen setzten zu koennen
(wobei ein Plus von 2% bei der KPOE sicher mehr Zeichen ist als ein
vergleichbarer Zuwachs bei den Gruenen), stelle ich die Frage, wofuer starke
Gruene gut sind. Fuer moderate Korrekturen, wo Linke fuer eine Wende
kaempfen, fuer Nuancen, wo Brueche notwendig sind. Ein Beispiel: Was tat die
gruene Oppositionspartei, waehrend soziale Bewegungen und die
unterschiedlichsten NGOs eine Volksabstimmung ueber die EU-Verfassung
forderten, und was wird die gruene Regierungspartei in einer vergleichbaren
Situation tun? Zustimmen.
Ich moechte mit meinen Anmerkungen zu Reischers Gruenden, diesmal Gruen
waehlen zu muessen, den Gruenen nicht unrecht tun. Ich wuensche ihnen sogar,
wie erwaehnt, ein respektables Wahlergebnis, einen Wahlerfolg, weil sie von
den bislang im Parlament vertretenen Parteien, die ist, mit der ich die
meisten inhaltlichen UEbereinstimmungen habe. Und ich verstehe es durchaus,
honoriere es aber nicht, wenn beim elektoralen Aufstieg auch inhaltliche
Lasten abgeworfen werden. In die Sphaeren der hohen Politik steigt man eben
leichter auf, wenn schweres Gepaeck im Basiscamp zurueckbleibt, sprich, wenn
man sich just von jenen Vorstellungen trennt, die es einem vereiteln, sich
in die etablierten Seilschaften einzuklinken.
*Roman Gutsch, KPOE-Margareten*
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