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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 12. September 2006; 16:47
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Kapitalismus/Prozesse:

> Schweigegebot

Der Kaerntner Grosskonzern Treibacher Industrie AG klagt Aktivisten der
Werkstatt Frieden & Solidaritaet. Die Treibacher Industrie AG ist an einem
Unternehmen beteiligt, an das strategisch wichtige Rohstoffe aus der DR
Kongo von einem Geschaeftsmann geliefert wurden, der von der UNO des
illegalen Rohstoffabbaus und der Buergerkriegsfinanzierung beschuldigt wird.

*Eine Stellungnahme der "Werkstatt Frieden & Solidaritaet"*


Am 30. Mai 2006 erschien im Online-Standard ein "Kommentar der anderen" von
Gerald Oberansmayr, einem Aktivisten der Werkstatt Frieden & Solidaritaet,
zur geplanten EU-Militaermission in der DR Kongo. Unter dem Titel "Der Bock
als Gaertner" beschaeftigt sich dieser Beitrag mit der Rolle von EU-Staaten
und Konzernen bei der Ausbeutung der Bodenschaetze in der DR Kongo. Er
kritisiert, dass ausgerechnet jene Staaten, deren Konzerne massgeblich den
Buergerkrieg im Kongo am Laufen gehalten haben, nun als militaerische
"Friedensstifter" auftreten. In einem Satz wird dabei aus einem
Gerichtsurteil des Landesgerichts Korneuburg zitiert, in dem es um den
Kaerntner Grosskonzern Treibacher Industrie AG geht (siehe weiter unten).

Hintergrund ist der illegale Abbau von Pyrochlor aus der Mine Lueshe im
Osten Kongos. Pyrochlor ist eine extrem hitzebestaendige Kombination
verschiedener strategischer Metalle (u.a. Niobium und Tantal) und findet z.
B. fuer Flugzeug- und Raketentriebwerke Verwendung. Lueshe gilt als die
weltweit groesste Fundstaette von Pyrochlor in hoher Konzentration und
Reinheit. Der deutsche Geschaeftsmann Karl-Heinz Albers wird in
UNO-Berichten beschuldigt, als Geschaeftsfuehrer des Unternehmens SOMIKIVU
die Mine in Lueshe viele Jahre hindurch illegal ausgebeutet zu haben.(1) Da
diese Mine im Einflussbereich der gegen die Zentralregierung in Kinshasa
kaempfenden Rebellenarmee RCD-Goma lag, haette Albers - laut Profil vom
17.01.2005 - rund 300.000 US-Dollar Schutzgeld im Monat an die Rebellen
abgeliefert. Besonders pikant ist, dass die deutsche Regierung
treuhaenderisch an SOMIKIVU beteiligt ist, ueber die die Mine in Lueshe
ausgebeutet wurde. Deutschland ist bekanntlich jetzt die Lead-Nation bei der
EU-Militaermission im Kongo, die daran teilnehmenden oesterreichischen
Soldaten sind damit direkt der Bundeswehr unterstellt.

Gegen Karl-Heinz Albers wird wegen des illegalen Abbaus von Rohstoffen im
Kongo und der damit in Verbindung stehenden Finanzierung des Buergerkrieges
von der Generalstaatsanwaltschaft Kinshasa/Kongo und der Interpol Kinshasa
(2) ermittelt. Bereits im Jahr 2001 wird in einem Bericht des
UNO-Expertengremiums zur illegalen Ressourcenausbeutung Albers beschuldigt,
in den illegalen Rohstoffabbau und -handel verwickelt zu sein, "dessen
Erloese den grausamen Buergerkrieg massgeblich finanziert haben".(3) Der
UNICEF-Direktor fuer den Ostkongo, Johannes Wedenig, stellt fest, dass
"Waffenschieber, wie die auf der Mine in Lueshe, dafuer verantwortlich
seien, dass der Kongo nicht zur Ruhe komme".(4)


Folgende Zusammenhaenge zwischen der Treibacher Industrie AG und dem schwer
beschuldigten Geschaeftsmann Karl-Heinz Albers ergeben sich aus der
Durchsicht verschiedener Urteilssprueche(5) und Medienberichte:

* Die Treibacher Industrie AG hat im Jahr 2000 eine von Karl-Heinz Albers
angebotene aus Lueshe stammende Pyrochlor-Probe in ihrem Kaerntner Werk
untersucht. In einer Gegendarstellung der Treibacher Industrie AG im
Online-Standard vom 1. Juli 2006 stellt diese u. a. fest: "Die Treibacher
Industrie AG hat nachweislich eine Laborprobe Pyrochlor von 1 kg erhalten
und sich aufgrund der (durch die Buergerkriegswirren resultierenden)
unklaren Eigentumsverhaeltnisse an den Minen in Lueshe in weiterer Folge
zurueckgezogen". Worauf die Treibacher Industrie AG in ihrer
Gegendarstellung jedoch nicht hinweist: Die Treibacher Industrie AG war ab
2002, als tonnenweise Lieferungen aus der Mine Lueshe an die estnische Firma
Silmet erfolgten, mit 25% (mit der Option auf weitere 25 % plus eine Aktie)
an Silmet beteiligt. Diese Lieferungen sind dem Vorstand der Treibacher
Industrie AG laut seiner eigenen Zeugenaussage beim Handelsgericht Wien
bekannt gewesen.

*Die Treibacher Industrie AG hat gemeinsam mit Karl-Heinz Albers ein
Joint-Venture, die Niobium Ressources B.V., gegruendet, deren Direktoren
Karl-Heinz Albers und Reinhard Iro (Vorstandsvorsitzender der Treibacher
Industrie AG) gewesen sind. Der 50 %-Eigentuemer der Niobium Resources B.V.
, eine weitere Firma von K.H. Albers in England, finanzierte nachweislich
die illegale Taetigkeit von Somikivu.

Aufgrund dieser Zusammenhaenge ist die Treibacher Industrie AG seit
laengerem in Rechtsstreitigkeiten verwickelt. Gerald Oberansmayr zitierte im
Standard-Kommentar aus dem Beschluss des Landesgerichts Korneuburg (11 Cg
85/05z) vom 30.11.2005, in dem es heisst: "Der Antrag auf Erlassung einer
einstweiligen Verfuegung, es wolle dem Beklagten verboten werden, gegenueber
Dritten [...] die Behauptung aufzustellen, die Klaegerin [= Treibacher AG,
Anm. Werkstatt] habe den verbrecherisch handelnden Karl-Heinz Albers bei der
ab 2000 erfolgten illegalen Ausbeutung der Mine ´Lueshe´ laufend
unterstuetzt [...] wird abgewiesen." Im Umkehrschluss folgerte Gerald
Oberansmayr deshalb, dass diese Behauptung gegenueber Dritten - also der
Oeffentlichkeit - vertreten werden darf. So findet man auch immer wieder
Zitate aus diesem Urteilsspruch in anderen Medien. Das Zitieren aus diesem
Urteilsspruch wird von der Treibacher Industrie AG jedoch fuer unzulaessig
gehalten, da sie davon ausgeht, dass der Urteilsbeschluss in der
Urteilsbegruendung dadurch zurueckgenommen wird, dass diese Aussagen in
dieser Form "nicht mehr festgestellt werden konnten." Um den
Gesamtzusammenhang zu erschliessen, kann der komplette Beschluss des
Landesgerichts Korneuburg im Internet ueber www.werkstatt.or.at eingesehen
werden. Aufgrund dieses Sachverhalts machte Gerald Oberansmayr das Angebot,
das Zitat im engeren Sinn zu widerrufen, wenn gleichzeitig ueber die
ebenfalls in der Urteilsbegruendung festgehaltenen Fakten der Verbindung von
Karl-Heinz Albers mit der Treibacher Industrie AG im Widerruf berichtet
wird, damit sich die LeserInnen selbst ein Urteil bilden koennen. Dieses
Angebot wurde von der Treibacher Industrie AG nun mit einer Klage
beantwortet. Der Streitwert betraegt EUR 19.620,-. Die Gesamtkosten des
Widerrufs, wie ihn die Treibacher Industrie AG fordert, wuerden laut
Auskunft des Standard sogar bis zu 240.000,- Euro (!) ausmachen! (Leider
kein Tippfehler.)


Wir halten auf Grund der oben angefuehrten Informationen das Agieren dieses
Konzerns fuer aufklaerungsbeduerftig. Das gilt umso mehr, als laut aktuellen
Medienberichten (6) sich die Treibacher Industrie AG darum bemueht, die
Bayer AG-Tochterfirma HC Starck zu uebernehmen, die wegen ihrer
Kongogeschaefte ins Kreuzfeuer der Kritik von Menschenrechtsorgansiationen
gekommen war. Fuer Einzelpersonen oder kleine Vereine ist diese
Aufklaerungsarbeit schwierig. Denn einerseits ist sie mit hohem Aufwand
verbunden und andererseits auch sehr risikoreich, weil Grosskonzerne - wie
wir nun gesehen haben - rasch mit Klagen zur Hand sind, deren finanzielle
Belastungen fuer die Betroffenen existenziell bedrohlich sind, fuer einen
Grosskonzern wie die Treibacher Industrie AG aus der Portokasse bezahlt
werden koennen (Jahresumsatz EUR 600.000.000,-; Eigentuemer ist der deutsche
Multimilliardaer Baron August von Finck, laut Forbes-Liste Platz 70 der
reichsten Menschen der Welt). Wir fordern daher den Nationalrat auf, einen
parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur allfaelligen Involvierung
oesterreichischer Unternehmungen in die Rohstoffausbeutung in der DR Kongo
einzurichten, der sich insbesondere auch mit der Geschaeftstaetigkeit der
Treibacher Industrie AG zu beschaeftigen hat. Die Republik Oesterreich muss
aus mehreren Gruenden ein Interesse an einem solchen Untersuchungsausschuss
haben:

* In Bezug auf die illegale Rohstoffausbeutung in der DR Kongo heisst es im
UNO-Bericht S/2002/1146 eindeutig: "Die Regierungen der Laender, wo die
Personen, Firmen und Banken, die systematisch und aktiv involviert sind,
ihren Sitz haben, sollten ihren Beitrag zur Verantwortung, die sie haben,
leisten. Die Regierungen haben die Macht diese Firmen und Personen zu
massregeln und Sanktionen zu verhaengen". Laut Leitgrundsaetzen der OECD
fuer multinationale Unternehmen machen "Regierungen mit Rechtssprechung
ueber diese Unternehmungen sich selbst zu Komplizen, wenn sie nicht
Gegenmassnahmen treffen" (UNO-Bericht S/2002/1146).

* Sollten nicht saemtliche Unklarheiten und Verdachtsmomente bezueglich der
Verstrickung oesterreichischer Unternehmungen in die illegale
Rohstoffausbeutung im Kongo ausgeraeumt sein, so faellt ein schwerer
politischer Schatten auf die ohnehin hoechst fragwuerdige Beteiligung
oesterreichischer Streitkraefte an der Militaermission im Kongo.

* Eine besondere politische Verantwortung ergibt sich zusaetzlich bzgl. der
Treibacher Industrie AG: Wichtige Organe der Treibacher Industrie AG waren
bzw. sind in Unternehmen der Republik Oesterreich taetig. So wurde der
Vorstandsvorsitzende der Treibacher Industrie AG Reinhard Iro 2004 von
Minister Gorbach in den Aufsichtsrat der OeBB entsandt (wo er 2005 wieder
auszog, als Ex-Minister Boehmdorfer einzog). Der derzeitige
Aufsichtsratsvorsitzende der Treibacher Industrie AG Erhard Schaschl ist
zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der oesterreichischen Verbund AG und im
Aufsichtsrat der Austrian Airlines. (gek.)


Spenden fuer die Prozesskosten auf:das Konto der Werkstatt Frieden &
Solidaritaet: Kt. Nr. 6274146, BLZ 34777, Raiffeisenbank Perg, Kennwort:
Kongo. Als kleines Dankeschoen senden wir allen SpenderInnen, die das
wuenschen, ein Dossier ueber die illegale Rohstoffausbeutung im Kongo zu. Zu
bestellen: E-Mail office@werkstatt.or.at, Tel. 0732/771094

Naehere Infos: http://www.werkstatt.or.at

Anmerkungen:

(1) United Nations Security Council, S/2006/53 vom 26.1.2006: "Am 14. Juli
2000 startete Albers die Operationen in Lueshe erneut, basierend auf einen
Pakt, den er mit der Rebellengruppe RCD, spaeter RCD-Goma, gemacht hatte.
Der Antrieb dafuer war der illegale Anspruch auf Eigentuemerschaft und die
behauptete lebenslange Befreiung von jeglichen Gebuehren, Steuern oder
Zoellen."
(2) Amtshilfeersuchen der Interpol Kinshasa, 20.3.2004
(3) Bericht des UN-Expertengremiums zur illegalen Ressourcenausbeutung im
Congo, 2001 (Final Report of the Panel of Experts in the Illegal
Exploitation of Natural Ressources and Other Forms of Wealth of the
Democratic Republic of the Congo)
(4) Deutsche Kongo-Mine als Stuetzpunkt fuer Waffenschieber?, in:
Tagesschau, 4.7.2006
(5) Siehe z. B. Landesgericht Korneuburg (11 Cg 85/05z) vom 30.11.2005
(6) Siehe z. B. TAZ, 13.5.2006, "Bayer verkauft HC Starck".



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