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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 12. September 2006; 17:23
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Guatemala:

> 10 Jahre danach

Bodenreform und Menschenrechte lassen auf sich warten

In Guatemala ist die extrem ungerechte Verteilung des Landes ein Problem,
das immer wieder zu Landkonflikten fuehrt: 1,5 Prozent der Bevoelkerung
besitzen 2/3 des Landes. Die Landfrage ist einer der wichtigsten Gruende
fuer Menschenrechtsverletzungen in diesem Land. Darauf macht nun eine
amnesty international-Kampagne aufmerksam.

In Guatemala wurde nach 36 Konfliktjahren 1996 ein Friedensabkommen unter
Uno-Vermittlung abgeschlossen. Wesentliche Artikel darin betrafen die
Landfrage. Von diesen Vertragsartikeln ist jedoch bis heute kaum etwas
umgesetzt worden. Im Gegenteil, die Landkonflikte wurden seither durch die
Kaffeekrise (fallende Kaffeepreise auf dem Weltmarkt) sogar verschaerft.
Mehr als 180.000 KaffeearbeiterInnen haben in den letzten Jahren ihre Arbeit
verloren und waeren dringend auf Land fuer ihre Subsistenz angewiesen.

Neben dem Anspruch auf Landbesitz gibt es zwischen ArbeiterInnen und
GrossgrundbesitzerInnen viele weitere Konfliktherde wie die Verletzung der
Arbeitsrechte oder der Zugang zu Wasser. LandarbeiterInnen erhalten haeufig
die ihnen gesetzlich zustehenden Mindestloehne nicht, ihre
Arbeitsbedingungen sind miserabel und oft werden Loehne monatelang nicht
bezahlt.

Juristisch gesehen haben die ArbeiterInnen wenig Moeglichkeiten, gegen die
Ungerechtigkeiten vorzugehen. Prozesse koennen sich ueber viele Jahre
hinziehen und zum Beispiel damit enden, dass der Grossgrundbesitzer eine
symbolische Busse auferlegt bekommt, die ausstehenden Loehne jedoch nicht
bezahlen muss. .

Der guatemaltekische Praesident Oscar Berger ist selbst Grossgrundbesitzer.
Seit seiner Amtsuebernahme 2004 haben Raeumungen von besetztem Land massiv
zugenommen. Zwischen Januar und November 2004 wurden 36 Raeumungsfaelle
registriert, mehr als die Haelfte davon waren gewalttaetig. Hab und Gut der
Arbeiterfamilien wurden zerstoert und viele Menschen bei den
Zwangsraeumungen verletzt.

Der Konflikt wird verschaerft durch unvollstaendige Grundbuch-Eintraege:
haeufig ist unklar, wem ein bestimmtes Stueck Land wirklich gehoert. Die
juristische Feststellung ist in diesen Faellen kompliziert. Sie kann sich
ueber viele Jahre hinziehen und GrossgrundbesitzerInnen haben viele
Moeglichkeiten, zu ihren eigenen Gunsten Einfluss zu nehmen oder den Prozess
zu sabotieren.

Erst im letztem Jahr hat ein systematisches Grundbuch-Programm begonnen, mit
Schweizer Unterstuetzung. Bestimmungen wie die Regel, dass man zum
dokumentierten, eigenen Besitz zusaetzlich bis zu 20 Prozent
undokumentiertes Land beanspruchen kann, bevorzugen jedoch erneut die
Grossgrundbesitzer. Ausserdem leben indigene Gemeinden oft in einem System
des gemeinschaftlichen Landbesitzes ohne private Besitztitel.

Viele, die nach den Vertreibungen im Buergerkrieg zurueckgekehrt sind, haben
ihr Land von Militaer oder GrossgrundbesitzerInnen konfisziert vorgefunden.
Auch hier sind die Besitzverhaeltnisse unklar.

Ein Beispiel eines Landkonfliktes von vielen ist der Fall der Farm Maria
Lourdes, die von ArbeiterInnen besetzt wurde, nachdem ein 11-jaehriger
Prozess um ausstehende Loehne zu keiner Auszahlung gefuehrt hatte, trotz
eines Gerichturteils zugunsten der ArbeiterInnen. 2004 wurden die
ArbeiterInnen gewaltsam vertrieben, ihr Eigentum zerstoert und die
15-jaehrige Tochter eines Arbeiterfuehrers von einem (durch den Farmbesitzer
dafuer bezahlten) Angestellten des Farmbesitzers vergewaltigt. (ai/gek.)


Quelle:
http://www.amnesty.ch/de/aktiv/online-aktionen/landkonflikte-in-guatemala/
hintergrundinformationen-zu-den-landkonflikten-in-guatemala

amnesty international organisiert derzeit eine Protest-eMail-Aktion an
Praesident Oscar Berger, damit die gewaltsamen Landraeumungen auf Kosten der
indigenen Bevoelkerung aufhoeren:
http://www.amnesty.ch/de/aktiv/online-aktionen/landkonflikte-in-guatemala


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