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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 27. Juni 2006; 17:11
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Moderne Zeiten/Datenschutz:
> Der SB-Postkasten
Wenn man vergeblich auf die Bankomatkarte wartet...
Es haeufen sich die Beschwerden, dass bei bereits neu installierten 
Briefkaesten der Datenschutz massiv gefaehrdet sei, da letztere so grosse 
Einwurfsoeffnungen aufweisen, dass jedermann sehr leicht Post daraus 
entnehmen kann. Betroffene Hausverwaltungen rechtfertigen sich bzgl. der 
Umruestung damit, dass ihnen dies durch die Postgesetznovelle aufgetragen 
wurde.
Mit 25. April 2006 VfGH G 100/05-14 wurde die relevante gesetzliche 
Bestimmung zur Umruestung aufgehoben, sodass weiterhin die alt bewaehrten, 
verschlossenen Briefkaesten verwendet werden koennen. Aus 
datenschutzrechtlicher Sicht ist durch die neuen Briefkaesten aufgrund der 
grossen Einwurfsoeffnungen das Grundrecht auf Geheimhaltung 
personenbezogener Daten gefaehrdet.
Besonders gravierend ist dieses Problem im Zusammenhang mit sensiblen Daten 
(zB. Gesundheitsdaten, politische Gesinnung, Gewerkschaftszugehoerigkeit) da 
hier der Gesetzgeber ein erhoehtes Schutzbeduerfnis vorsieht und nur bei im 
Gesetz taxativ aufgezaehlten 13 Faellen in das Grundrecht eingegriffen 
werden darf. Werden beispielsweise medizinische Befunde oder Mitteilungen 
der politischen Partei fuer jedermann leicht zugaenglich gemacht, so stellt 
dies jedenfalls eine Datenschutzverletzung dar. Die DSK hat in einer 
Entscheidung bereits festgestellt, dass bereits das Anbringen des 
Geburtsdatums am Briefumschlag eine Datenschutzverletzung darstellen kann.
Viele Unternehmen, allen voran Banken und Kreditkartenunternehmen 
verschicken Kreditkarten oder Telebanking-Zugangscodes als gewoehnliche 
Briefe. Diese koennen nunmehr noch leichter als bisher abgefangen werden. 
Nun koennen Karten und Codes, sofern der Empfaenger die fehlende Zustellung 
rechtzeitig bemerkt, wieder gesperrt werden, der Schaden kann somit gering 
gehalten werden. Aber auch der amtliche Personalausweis wird als 
gewoehnliche Post verschickt. Mit abgefangenen Personalausweisen koennte 
dann leicht ein schwungvoller Handel betrieben werden. Zu den kleinen, eher 
unscharfen schwarz-weiss-Fotos lassen sich schnell interessierte, aehnlich 
aussehende Abnehmer finden, das muehsame Faelschen der "faelschungssicheren" 
Ausweise kann daher unterbleiben. Ein Widerruf der Gueltigkeit dieser 
Dokumente bzw. ein Sperren ist praktisch nicht moeglich.
Aber auch persoenliche Alltagspost koennte von neugierigen Nachbarn leichter 
als bisher beschafft werden. Mit Arztbriefen, Rechnungen, persoenlichen 
Briefen usw. kann man sich rasch einen Ueberblick ueber persoenliche 
Lebensverhaeltnisse verschaffen, auch wer mit wem zusammen lebt.
Langsamer Ombudsmann
Betroffene koennen Datenschutzverletzungen, sofern sie von Privaten 
erfolgen, vor den Zivilgerichten geltend machen, was jedoch mit einem hohen 
finanziellen Risiko verbunden ist, da Anwaltszwang besteht. Im Fall der 
Hausbriefkaesten ein geradezu hoffnungsloses Unterfangen, da ja zuerst eine 
Verletzung der Privatsphaere passieren msste, um dann deren Unterlassung 
einzuklagen.
Es gibt jedoch auch die Moeglichkeit, sich an die Datenschutzkommission in 
ihrer Funktion als Ombudsmann zu wenden. Letztere kann im privaten Bereich 
zwar keine Datenschutzverletzungen foermlich durch Bescheid feststellen (die 
DSK ist nur im Bereich der Hoheitsverwaltung dafuer zustaendig), jedoch kann 
sie Empfehlungen zur Beseitigung von Datenschutzverletzungen herausgeben. 
Sie koennte daher auch schon bei Datenschutzgefaehrdungen Empfehlungen zur 
Vermeidung moeglicher Datenschutzverletzungen ausgeben. Dies auch zu einem 
Zeitpunkt, da einzelne Datenschutzverletzungen noch gar nicht stattgefunden 
haben. Die Bedeutung dieser Empfehlungen ist nicht zu unterschaetzen, da 
sich auch Hoechstgerichte in ihrer Rechtssprechung immer wieder auf solche 
Empfehlungen beziehen.
Das kostenlose Ombudsmann-Verfahren sollte vom geschaeftsfuehrenden Mitglied 
der Datenschutzkommission wahrgenommen werden, leider werden diese Verfahren 
sehr schleppend bearbeitet, was klar dem Grundgedanken eines Ombudsmannes 
widerspricht. Beispielsweise waren laut Datenschutzbericht 2005 zum Stichtag 
30.6.2005 bei ca. 50 Antraegen jaehrlich an den Ombudsmann, 67 Antraege in 
Bearbeitung, davon 29 Antraege aelter als 6 Monate.
Politik gefordert
Da mit der VfGH-Entscheidung die Verpflichtung zur Anbringung der 
Hausbriefkaesten sowieso gekippt wurde, sollte in einem neuen Anlauf sowohl 
eine gesetzeskonforme Hausbriefkasten-Regelung geschaffen werden, als auch 
die technische Ausstattung der Kaesten in einer Form erfolgen, die die 
Grundrechte der Privatsphaere und des Datenschutzes sichert.
Sollte dazu keine Bereitschaft von Seiten der Postzustelldienste bestehen, 
dann koennte man ja auf das alt bewaehrte Zustellverfahren an jede einzelne 
Wohnungstuer zurueckkehren. Ein Wink mit dem Zaunpfahl, ist ja diese Methode 
besonders personalintensiv und sollte daher auch die Hardliner bei den 
Postzustelldiensten zum Umdenken bewegen.
(ARGEDATEN/gek.)
Quelle: 
http://www2.argedaten.at/php/cms_monitor.php?q=PUB-TEXT-ARGEDATEN&s=28455vut
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