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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 27. Juni 2006; 17:23
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Glosse:

> Sozialrecht schuetzt vor Arbeitslosigkeit

Ketzerische Sommergedanken zum Thema Expertentum oder: Warum in absehbarer
Zeit der Gedanke an ein Grundeinkommen aussichtlos sein wird


Mittlerweile pfeifen es schon viele Spatzen von den Daechern -- die
klassische Lohnarbeit ist am Ausgehen. Die Automatisierung schreitet fort
und immer groessere Anteile der Arbeitenden sind nicht mehr in der
Produktion beschaeftigt, sondern lediglich damit, die Verteilung des
gesellschaftlichen Reichtuns zu verwalten, anstatt Sinnvolles zu
produzieren. Doch dank der Computer werden auch immer mehr Buchhalter,
Lohnverrechner etc. arbeitlos. Eigentlich ein Grund zum Feiern -- lasst die
Maschinen arbeiten und uns das Leben geniessen!

Das waere ja noch schoener! So geht das aber nicht! Wo kaemen wir denn
dahin? Und vor allem: Wovon sollten wir dann leben?

Doch laengst sind es nicht mehr nur Menschen, die Kropotkin und Bakunin
gelesen haben, die die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen
fuer alle aufstellen, sondern die Diskussion ist schon auch bei durchaus
nicht linksradikalen Gesellschaftswissenschaftlern angelangt. Fertige
Konzepte dafuer liegen am Tisch und sie sind logisch und vernuenftig.

Das allerdings ist natuerlich noch lange kein Grund, sich mit diesen
politisch anzufreunden. Die Gruenen tun das -- aber gaaaaanz vorsichtig und
nicht zu laut und auch nicht in letzter Konsequenz, wie das nunmal so ihre
Art ist. Von der Sozialdemokratie kommt ein "net amal ignorieren" und die
anderen halten das sowieso fuer einen linksradikalen Putschversuch.

Das Kapital ist dagegen -- klar! Ohne Arbeitslose kein Druck auf die
Arbeitenden. Die Motive der "Arbeitgeber" sind voellig verstaendlich.

Aber wieso kommt so wenig von den diversen Sozialexperten in den Parteien,
in den Arbeits- und Sozialaemtern, in den Ministerien?

Nun, ich will mal boese Spekulationen anstellen und so tun, als waeren meine
Vermutungen bewiesene Tatsachen, um nicht allzu komplizierte
Konjunktivkonstruktionen gebrauchen zu muessen: Seit Jahrzehnten
beschaeftigen sich diese Leute mit unserem vertrackten, durch unzaehlige
Reformen immer schlechter werdenden Sozialsystem und ein so voellig neuer
Gedanke ueberfordert sie schlicht mehr als mich die Rechtschreibreform.
Ihnen geht es wirklich so wie mir: 13 Jahre bin ich unter anderem deswegen
in der Schule gesessen, um mir die bloedsinnige Regeln der Rechtschreibung
und die noch bloedsinnigeren Ausnahmen anzueignen und ploetzlich sagt man
mir, dass ich nicht rechtschreiben kann, weil das Ministerium neue Regeln
verfuegt hat. Und so ist es auch bei den Sozialexperten: All diese Regeln
fuer Transferzahlungen und Bezugsberechtigungen waeren ploetzlich fuer die
Katz, wenn alle das gleiche, bedingungslose Grundeinkommen bezoegen -- die
ganze Schufterei, diesen buerokratischen Wahnsinn ins Hirn zu bekommen,
wuerde in voelliger Sinnlosigkeit verpuffen.

Und: Viele von denen waeren ploetzlich arbeitslos -- von den diversen
AMS-Sheriffs (die ueberpruefen, ob man sich doch auch wirklich um eine Job
bemueht hat, um Arbeitslose zu kriegen) oder den Trainern in diversen,
voellig sinnlosen AMS-Kursen (die kein Arbeitsloser je besuchen wuerde, wenn
davon nicht die Gnade der Geldueberweisung abhaengig waere) ganz zu
schweigen. Ploetzlich waeren viele von diesen Leuten selbst auf das
Grundeinkommen angewiesen -- grauenvolle Vorstellung!

Aber -- fuer sie -- gluecklicherweise sind diese Leute ja nicht machtlos.
Die Ranghoechsten dieser Experten haben schliesslich bei der Gesetzwerdung
ein gewichtiges Woertchen mitzureden. Und so kaeme selbst eine
Koalitionsregierung aus Gruenen und KPOe nicht dazu, ein Grundeinkommen
einzufuehren, weil es ihnen die Experten sicher wieder ausreden wuerden --
ueber real moegliche Regierungen brauchen wir da also gar nicht mehr zu
reden.

Und so ist es mit vielen Dingen. 99% der Bevoelkerung sind
krankenversichert -- nur um zu ueberpruefen, ob man nicht vielleicht doch zu
diesem 1% gehoert, das nicht bezugsberechtigt ist und sich daher den Arzt
selber zahlen oder alleine auskurieren muss, wird ein Riesenapparat
gebraucht -- eine kostenlose Krankenversorgung fuer alle waere billiger,
aber was macht dann der Apparat?

Aber ich verstehe nicht viel von diesen Dingen. Vielleicht haben die
Experten wirklich andere Beweggruende als ihre Eigeninteressen und durchaus
vernuenftige Einwaende gegen solche totalen Umwaelzungen. Da gibt es sicher
ganz tolle und sauteure internationale Studien, die belegen, dass die
Experten recht haben.

Ich wuerde es nur fein finden, wenn jene wenigen Experten, die diesen Text
hier lesen, einmal tief in sich hineinhorchen und ueberlegen wuerden, ob in
meinen Spekulationen nicht vielleicht doch ein Koernchen Wahrheit stecken
koennte.

Das waere schon mehr, als ich erwarten kann.
*Bernhard Redl*


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