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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 20. Juni 2006; 17:38
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Glosse/Gipfel:

> Die modernen Besatzer

Bushbushbush -- derzeit verblasst in Wien selbst die geballte Macht von
Mozart, Freud und der Fussball-WM angesichts des Praesidentenbesuchs. Teile
der Stadt werden zum Ausnahmegebiet erklaert und jede politische Gruppe
meint derzeit ihre Meinung zum Inhaber des "unmoeglichsten Jobs der Welt"
mitteilen zu muessen. Egal ob Rundfunk, Presse, Polizei, Regierung,
parlamentarische oder ausserparlamentarische Opposition -- alle fokussieren
ihre ganze Aufmerksamkeit auf diesen einen Mann.

Aber auch ohne diese spezielle Situation werden derlei Gipfel immer
raumgreifender -- in unseren Koepfen genauso wie territorial. Und das ist
der eigentliche Skandal.

Warum finden solche Gipfel eigentlich noch statt? Vielleicht deswegen, damit
sich die Hohen Herren (inclusive der wenigen herrschenden Damen) hie und da
beschnuppern koennen -- sonst taeten es ja Videokonferenzen auch.

Vielleicht macht man das auch deswegen, weil man das immer so gemacht hat.

Oder existiert tatsaechlich noch der Glaube, dass man einander besucht, um
Land und Leute in der Fremde kennenzulernen und den Horizont zu erweitern
oder fremden Voelkern die Reverenz zu erweisen? Wenn ja, dann ist das ein
Mythos, denn in ihrer voelligen Abgeschirmtheit bekommen sie von Land und
Leuten gar nichts mehr mit. Es muss fuer diese VIPs so sein wie fuer uns,
wenn wir mit dem Flugzeug fliegen. Zuerst betreten wir ein Gebaeude, wo wir
von allen moeglichen Uniformierten durch verschiedene Raeume geschleust
werden, bis wir in einem engen Raum voller unbequemer Sessel landen, der
dann ein bisserl ruckelt -- und nach ein paar Stunden Ruckelei verlassen wir
diesen Raum wieder, gehen von dort wieder in andere Raeume, die nicht mehr
ruckeln und dann ins Freie -- und siehe da: Dieses Gebaeude steht nicht mehr
in Oesterreich, sondern beispielsweise in Mexiko. Von der Reise haben wir
nicht viel mehr mitgekriegt als Rollbahn, Wolken und wieder Rollbahn. Aber
unsereins ist dann wenigstens in Mexiko. Bush und Konsorten werden von dort
weiter in irgendwelche aseptisch gehaltene Raeume geleitet und bekommen von
der Welt nichts mehr mit. Bush bleibt eigentlich die ganze Zeit in einer Art
imaginaerem Weissen Haus. Oder eigentlich in einem besseren Weissen Haus,
denn von seinem Balkon koennte er, so er wollte, mittels Feldstecher hie und
da doch glatt ein paar Demonstranten erspaehen. Selbst diese Moeglichkeit
gibt es in Wien -- oder wo er sonst aufzutauchen pflegt -- nicht. Er koennte
nach seiner unmittelbaren Erfahrung so doch tatsaechlich zu der Meinung
kommen, dass ausser in den USA niemand auf der Welt etwas gegen ihn hat.

Auf uns, das gemeine Volk, hat aber diese Redzone-isierung unserer Staedte,
des eigentlich oeffentlichen Raumes eine ganz andere Wirkung. Ploetzlich
sind es nicht mehr unsere, sondern deren Staedte. Diese Besuche sind keine
Besuche, es sind Landnahmen, Besetzungen. Was hier internationale Diplomatie
und Polizei inszenieren, ist, dass ein einzelner Mann oder vielleicht ein
kleines prominentes Haeuflein -- wie beispielsweise beim European Economic
Forum in Salzburg oder demnaechst beim Gipfel in St. Petersburg -- so
wichtig sind, dass die Interessen der Normalsterblichen ploetzlich voellig
egal werden. Wer in der Red Zone wohnt, muss sich extra einen Ausweis
besorgen. Wer hier ein Wirtshaus hat, muss es zusperren. Zahlreiche
oeffentliche Verkehrsmittel werden eingestellt, was die Verkehrsituation
nicht nur des Zentrums, sondern weiter Teile der Stadt beeintraechtigt. Und
wenn die VIPs doch einmal auf einer Strasse zwischen den Redzones unterwegs
sein muessen, wird diese grossraeumig abgesperrt und vom Plebs gesaeubert.

Durften in frueherer Zeiten diese VIPs wenigstens noch von weitem Proteste
mitkriegen oder zumindest Menschen sehen, die nicht andere VIPs oder
sogenannte Sicherheitsbeamte waren, so ist das jetzt vollkommen unmoeglich.
Gottheiten gleich, zu denen man der Blick nicht erheben darf, schweben sie
durch die Welt.

Das ist die wirkliche Bedeutung dieser Gipfel.
*Bernhard Redl*


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